Bei der Arbeit der Rettungssanitäter zählt nicht nur jede Sekunde, manchmal ist sie richtiggehende Schwerstarbeit – und das im buchstäblichen Sinn des Wortes. „Die Zahl der Einsätze bei denen schwergewichtige Patienten ab 150 Kilo Gewicht befördert werden müssen, hat in den vergangenen Jahren zugenommen“, weiß Florian Biber, Rettungsdienstleiter beim BRK in Schweinfurt.
Das müssen nicht immer Notfalleinsätze sein, sondern es kann sich auch um einen Arztbesuch, eine fällige Untersuchung im Krankenhaus oder eine Fahrt zur Dialyse handeln. 2017 wurden rund 150 Patienten mit einem Gewicht ab 150 Kilo im Rettungsdienstbereich, zu dem auch die Nachbarlandkreise gehören. In einigen Fällen liegt das Gewicht der Patienten deutlich darüber.
Vorgängerfahrzeug nach mehr als 11 200 Einsätzen im Ruhestand
Bei den Rettungsdiensten reagiert man mit der Anschaffung von sogenannten Schwerlast-Rettungswagen (S-RTW) auf diese Entwicklung. In jedem der 26 bayerischen Rettungsdienstbereiche wird mindestens ein S-RTW vorgehalten, der natürlich aber auch im ganz normalen Rettungsalltag zum Einsatz kommt. „Das Vorgängerfahrzeug dieser Art beim BRK hat sich nach 11 231 Einsätzen in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet“, so Florian Biber. Doch Ersatz steht bereit mit der neuen Generation des „S-RTW BY 2017“, was für Schwerlastrettungswagen Bayern steht. Damit wird die Patientenversorgung bis zu einem Gewicht von 300 Kilo im Rettungsdienstbereich Schweinfurt sichergestellt.
Trage fährt vollautomatisch ins Fahrzeug
Was von außen wie ein normaler RTW aussieht ist innen – noch mehr als heutzutage eigentlich jeder Rettungswagen – ein innovatives Stück High Tech. Kernstück ist das elektrohydraulische Beladesystem „Stryker Power-Load“ in Verbindung mit der Fahrtrage „Stryker Power pro XT“.
Im Fahrzeug selbst gibt es keinen Tragentisch, wie man ihn im herkömmlichen RTW findet. Die komplette Fahrtrage wird vollautomatisch und elektrohydraulisch per Knopfdruck ins Fahrzeug geschoben. Es gibt also keinen Moment in dem die Rettungssanitäter das Patientengewicht beim Transport in das Fahrzeug stemmen müssen. Alleine für dieses technische Wunderwerk werden 20 000 Euro fällig.
Kameras für das sichere Abbiegen
Auch in anderer Hinsicht ist der S-RTW auf Patienten mit vielen zusätzlichen Kilos vorbereitet. Schwerlast-Vakuummatratze, Schwerlast-Tragetuch mit Gleitplatte, Umlagerungshilfen und Lagerungskeile sind mit an Bord. Auch das Raum- und Ausstattungskonzept wurde um die Neuerungen der RTW-Bayernserie 2017 ergänzt. Dazu gehören zum Beispiel ein Abbiege-Kamerasystem, eine verbesserte Signalanlage und die neue Warnbeklebung.
„Erfahrungsgemäß stellt ein Patientengewicht über 150 Kilo die Einsatzkräfte vor erhebliche Schwierigkeiten in der Lagerung, Versorgung und beim Transport des Patienten“, so Florian Biber. Da kann es schon einmal vorkommen, dass ein weiterer Wagen zum Einsatzort gerufen wird, damit dessen Besatzung dabei helfen kann, den Patienten zum Beispiel von seiner Wohnung in das Auto zu schaffen. Hilfreich wäre dabei zum Beispiel, wenn gleich beim Notruf oder im Vorfeld des Krankentransportes mitgeteilt wird „Achtung Patient ist schwergewichtig“.
Flächendeckende Versorgung in Bayern
Bayern ist übrigens das einzige Bundesland in Deutschland, in welchem der öffentliche Rettungsdienst über eine flächendeckende Versorgung von Rettungsmitteln für schwergewichtige Patienten bis zu 300 Kilo verfügt. Spezielles Fahrzeug – besondere Herausforderungen – Extra Schulung! Alle Hauptamtlichen, die mit diesem Fahrzeug unterwegs sind, haben eine eigene Einweisung für dieses Sonderfahrzeug erhalten. Die ist auch notwendig, denn manches Teil des Bord-Equipments, wie etwa die Extralange Blutdruckmanschette für Schwergewichtige findet man so nur an Bord des S-RTW.
Erleichterung für die RTW-Besatzung
Nicht nur XXXXX-L-Patienten können sich im wahrsten Sinn des Wortes gut aufgehoben fühlen auf der Spezialtrage. Auch im Zuge des Gesundheitsmanagements für die Mitarbeiter im Rettungsdienst sind solche Möglichkeiten ein Segen. Es ist ohnehin oft schwierig genug Patienten in Häusern ohne Aufzug aus oberen Stockwerken und durch enge Treppenhäuser zum Fahrzeug zu bringen – da muss auch ohne Extra-Kilos mitunter Schwerstarbeit geleistet werden.