Im Jahr 2040, also in 15 Jahren, soll im Landkreis Schweinfurt die Energie-Wende geschafft sein. Die Gesamtenergie, die Haushalte und Betriebe pro Jahr verbrauchen, wird von heute 2,5 Millionen Megawattstunden (MWh) auf unter 1,5 Millionen sinken. Gleichzeitig wird die Erzeugung von 680.000 MWh verdreifacht auf 2,2 Millionen MWh. Ergibt einen Überschuss von 700.000 MWh. So steht es im digitalen Energienutzungsplan, den der Landkreis beim Institut für Energietechnik der Technischen Hochschule Amberg-Weiden beauftragt hat. Den Zwischenstand hat Wissenschaftler Maximilian Conrad dem Umweltausschuss des Kreistags vorgestellt.
Wie könnte das gelingen? "Wir ändern unseren Energiemix" und forcieren Einsparung und Transformation in andere Energieformen, sagte Conrad. Vor allem in Richtung Elektrizität, deren Menge sich in der Energiebilanz verdoppelt werde. Deshalb ist für Conrad die Voraussetzung, dass die Netze fähig sein müssen, die Strommenge aufzunehmen. Doch für die Region Schweinfurt hält er die Voraussetzungen für ganz gut.
Inhalt der Studie: Es geht um Prognosen und errechnete Szenarien
Freilich sind in der Studie viele Konjunktive enthalten, weil sie Szenarien und Prognosen beschreibt, die eintreten könnten, wenn bestimmte Annahmen zutreffen, die auf heute erhobenen Daten basieren. Dabei hinterließ Conrad den Eindruck, dass man diese Annahmen und Vorhersagen auf einer eher konservativen Ebene vorgenommen hat.

Beleuchtet werden die Bereiche Stromverbrauch und -erzeugung, Heizenergie, Einsparungs- und Transformationspotenziale in andere Energieformen sowie alle Arten Erneuerbarer Energien. Dabei haben die Forscherinnen und Forscher den Ist-Zustand erhoben und daraus ihre Berechnungen für 2040 abgeleitet. Erhellend war der Befund, dass der Bedarf an Heizenergie für private Haushalte um ein Vielfaches höher ist als der Stromverbrauch. Deswegen sei es wichtig, dass die Gemeinden die verpflichtende Planungen für Wärmekataster ernst nehmen.
Und so könnte der Energiemix des Landkreises Schweinfurt 2040 aussehen:
Photovoltaikanlagen auf Gebäuden
Heute produzieren die Dach-Photovoltaikanlagen 118.000 MWh. In 15 Jahren rechnet Conrad mit dem Vierfachen: 469.000 MWh. Rechnerisch wäre sogar das Dreifache dieses Zielwertes möglich, doch die Forschenden haben die Dächer aus der Projektion herausgenommen, deren Statik den Aufbau einer Anlage ausschließt. Und sie haben angenommen, dass bis 2040 nur die Hälfte der Module installiert werden, die möglich wären. Bereits jetzt gibt es ein Solarpotenzialkataster, das zeigt, auf welchen Dächern Photovoltaikanlagen sinnvoll sind. Der Boom hält anscheinend an: Der anwesende Benjamin Geßlein vom Stromversorger ÜZ Lülsfeld sagte, dass man vor fünf Jahren 500 Anfragen für Dachanlagen gehabt habe, nun seien es 4000.
Photovoltaikanlagen auf freier Fläche
Heute bringen die Freifeldanlagen 41.000 MWh, 2040 sollen es 487.000 MWh sein, also das Zwölffache. Dabei geht Maximilian Conrad davon aus, dass ein Prozent der landwirtschaftlichen Fläche genutzt wird. Von heute 60 auf dann 488 Hektar. Wobei schon heute 938 Hektar privilegiert seien, also ohne Planungszugriff der Gemeinden bebaut werden könnten. Wie sensibel dieses Thema ist, machte der Beitrag von Kreisrätin Christine Bender (CSU) deutlich, die den Anteil von einem Prozent für zu hoch hält. "Es macht keinen Sinn, alles zuzubauen", sagte Conrad dazu.
Windkraft
Auch hier gehen die Forschenden aus der Oberpfalz von einer deutlichen Steigerung aus: von 143.000 MWh auf 777.000 MWh. Allerdings: Mit "nur" 54 Anlagen im Landkreis Schweinfurt, in dem heute bereits 45 stehen. Woher kommt der Zuwachs? Durch deutlich leistungsfähigere Anlagen, die dann an anderen Standorten stehen könnten als die heutigen. Einige aus der jetzigen Windrad-Generation würden durch neue abgelöst. Wie Kreisrat, Landwirt und Windanlagenbetreiber Udo Rumpel (Grüne) sagte, werde sich die Leistung je Anlage verdreifachen, weswegen man die Anzahl der Windräder reduzieren könnte.
Biogasanlagen
Heute produzieren 19 Kraftwärmekopplungs-Anlagen 53.000 MWh Strom und zusätzlich Wärme. Laut Conrad gebe es für diese Anlagen große bürokratische Hürden, weswegen man keine Steigerung der Stromproduktion erwartet.
Biomasse Holz
Holz als Energieträger soll auch 2040 eine Rolle spielen. Derzeit werden mit Holz 242.000 MWh Energie produziert. Laut Wissenschaftler Conrad sollte es in Wärmenetzen mit Biomassekessel und Wärmepumpen eingesetzt werden, jedoch nicht in reinen Fernwärmenetzen. Zudem sei nicht klar, ob in 20 bis 30 Jahren die gleichen Mengen an Energie-Holz auf dem Markt sein werden wie heute.
Wasserkraft
Die Studie sieht in diesem Bereich schon jetzt alle Potenziale ausgeschöpft: Pro Jahr steuert die Wasserkraft im Landkreis Schweinfurt 36.000 MWh Strom zur Energieausbeute bei.
Energieeinsparung
Hier sehen die Forschenden die reelle Möglichkeit, dass pro Jahr zwei Prozent der Gebäude saniert werden, um auf einen Energieverbrauch von 100 Kilowattstunden (kWh) pro Quadratmeter zu kommen. Derzeit liegt der Bundesdurchschnitt bei 0,7 bis 0,9 Prozent. Bei der Nutzung von Wärmepumpen nimmt die Studie als Ziel an, dass die Hälfte aller privaten Haushalt 2040 den Wärmebedarf durch Wärmepumpen deckt; in der Industrie sollen es 25 Prozent sein. Gemäß der jetzigen Zulassungszahlen wirkt es optimistisch, dass 2040 im Landkreis 70 Prozent aller Pkw elektrisch fahren sollen.
Wasserstoff
Hier steht man noch bei Null. Es müsse die Elektrolyse-Infrastruktur hergestellt werden, um aus Wasser Wasserstoff zu gewinnen. Der derzeit abgefragte Bedarf für Industrie und Gewerbe entspreche der Strommenge von drei modernen Windkraftanlagen. Zu diesem Thema steht noch ein eigener Bericht der Studie aus. Doch Conrad nahm schon vorweg: "Wir brauchen dringend Speicher für Wasserstoff und Strom sowie Umschaltwerke."
Wie geht es weiter?
Die Endfassung der Studie soll 2025 vorliegen. Bis dahin ist auch das begleitende Förderprogramm verlängert worden. Dann sind die politischen Gremien wie der Kreistag gefragt, um zu entscheiden, ob und wie man die Umsetzung unterstützen möchte.