Wer am 27. Februar ab 14.30 Uhr keine Zeit hatte, in den großen Sitzungssaal im Schweinfurter Rathaus zu kommen, hatte keine Möglichkeit, die öffentliche Sitzung zu erleben. Denn das seit über einem Jahr praktizierte Streaming gibt es ab sofort nicht mehr. Der Bildschirm zu Hause blieb schwarz.
Der Grund: Am Montag, 26. Februar, teilte die Stadtverwaltung kurzfristig mit, dass sie den Streamingdienst aus ihrer Sicht aus rechtlichen Gründen nicht aufrechterhalten könne. Zu Beginn des Jahres trat eine Änderung der Gemeindeordnung in Artikel 52 in Kraft. Dort heißt es, dass es Kommunen in Bayern grundsätzlich möglich ist, einen Livestream einer Sitzung zu machen. Die Bedingung ist, dass zwei Drittel der Ratsmitglieder dafür sein müssten. Außerdem könne der Stream so gestaltet sein, dass er sechs Wochen lang abrufbar ist.
Als sich der Schweinfurter Stadtrat zum ersten Mal für einen Livestream entschied, geschah dies bei der konstituierenden Sitzung im Mai 2020 mit einer Stimme Mehrheit. Bekräftigt wurde der Wille, das Angebot zu erhalten, im Dezember 2023 mit einer Mehrheit von knapp 65 Prozent der damals Anwesenden. Alles vor der Änderung der Gemeindeordnung.

SPD-Stadtrat Peter Hofmann kann Argumente der Stadt nicht nachvollziehen
Warum der Anbieter des Streamingdienstes am 27. Februar sein komplettes Equipment im Sitzungssaal aufgebaut hatte, obwohl die Verwaltung einen Tag früher verkündet hatte, es gäbe kein Streaming-Angebot, blieb bei der Sitzung selbst ungeklärt. Der Ärger einzelner Stadträte über die aus ihrer Sicht voreilige Entscheidung der Verwaltung war aber gegeben.
Peter Hofmann (SPD) wollte von Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) wissen, wessen Idee es gewesen sei, die Regierung von Unterfranken zu befragen, ob die bestehenden Beschlüsse des Stadtrates noch gelten würden? Hofmann, selbst Rechtsanwalt, sieht keinen Rechtsgrund, weshalb die Novelle der Gemeindeordnung bedeuten würde, dass Beschlüsse neu gefasst werden müssten.
"Ich verstehe das Vorgehen nicht", so Hofmann, der auch seiner Verwunderung Ausdruck verlieh, warum man der Auskunft eines Mitarbeiters im Innenministerium, der nicht Jurist sei, glaube. Im Übrigen sei die Novelle speziell dieses Artikels der Gemeindeordnung mehrere Monate lang bekannt gewesen, die Verwaltung hätte also aus Sicht Hofmanns schon viel früher nachfragen können. "Man sollte", so der Stadtrat, "mit bestehenden Stadtratsbeschlüssen sensibler umgehen."
Der OB wies die Vorwürfe zurück. Er erklärte, zum einen habe der Ältestenrat im Herbst beschlossen, den Livestream einzustellen. Der Stadtrat habe dann anders entschieden. "Fälschlicherweise gingen wir davon aus, dass der Beschluss fortwirkt", so Sebastian Remelé mit Verweis auf die Auskunft der Regierung von Unterfranken sowie des Innenministeriums, die laut ihm die Meinung vertreten hätten, es brauche einen neuen Beschluss.
Der OB kündigte auch an, dass es im März ebenfalls keinen Livestream gibt, da in der Stadtratssitzung vor Ostern erst ein neuer Beschluss gefasst werden soll. Frühestens im April also könnte es möglich sein, wieder vom Sofa aus zuzuschauen, was im Schweinfurter Stadtrat diskutiert wird.