Stromert im Raum Gerolzhofen ein Wolf umher oder war er zumindest hier unterwegs? Nach Aussage von Margit Endres, der Leiterin der Polizeiinspektion in Gerolzhofen, ist dies nicht auszuschließen. Konkrete Beweise für seine Existenz durch den Nachweis von DNA-Spuren gebe es bislang allerdings noch nicht. Die Polizeichefin macht aber auch deutlich: „Wir haben schon den einen oder anderen Hinweis auf einen Wolf bei uns.“
Der inzwischen wieder weit verbreitete Biber oder der Luchs, der es bereits bis in die Haßberge geschafft hat, haben in hiesigen Breiten den Anfang gemacht. Nachdem er in Mitteleuropa durch den Menschen nahezu ausgerottet war, erobert sich seit etwa 15 Jahren der ebenfalls unter Naturschutz stehende Wolf seinen alten Lebensraum zurück.
So häufen sich auch in Unterfranken die Meldungen über Sichtungen angeblicher Wölfe. Erstmals hat dabei vor wenigen Tagen das für die Wolf-Beobachtung im Freistaat zuständige Bayerische Landesamt für Umwelt die Existenz eines freilaufenden Wolfes im Landkreis Main-Spessart anhand der von ihm gemachten Handy-Fotos bestätigt.

Meist sind es junge Einzelgänger
Ein ganzes Wolfsrudel kommt aufgrund der benötigten Reviergröße sicher nicht für die Gegend um Gerolzhofen in Betracht. Denkbar sind aber auch im hiesigen Raum durchziehende Wanderwölfe. Diese Einzelgänger, meist männliche Jungtiere, legen auf der Suche nach einem eigenen Revier oft weite Strecken zurück. Auch bei dem im Spessart von Experten erstmals zweifelsfrei identifizierten Wolf hat es sich um ein relativ abgemagertes Jungtier gehandelt.
Mehrere gerissene Rehe
Auffällig und nicht von der Hand zu weisen ist, dass in der jüngeren Vergangenheit wiederholt teils trächtige Rehe im Bereich der Gerolzhöfer Polizei gerissen wurden. So im Februar bei Obereuerheim, im März an der Kartbahn bei Gerolzhofen oder im Mai auf der Alitzheimer Seite des Hörnauer Waldes.
Zeuge ist sich absolut sicher
Insbesondere bei dem an der Kartbahn getöteten Reh geht man aufgrund des Verletzungsbildes davon aus, dass die Bissspuren eher auf einen Wolf als auf einen großen Hund hindeuten, so Margit Endres. Dazu gebe es einen Zeugen, der sich „zweihundertprozentig“ sicher sei, am Dienstag, 4. April, an der B286 in Höhe von Unterspiesheim einen Wolf gesehen zu haben und keiner Verwechslung aufgesessen zu sein.
Aufgrund der Vorkommnisse habe man vorsichtshalber die Staatsanwaltschaft und die Untere Jagdbehörde am Landratsamt Schweinfurt informiert, so Margit Endres.
Volker Conrads Einschätzung
Nach Einschätzung von Volker Conrad, dem Revierleiter im Gemeinsamen Bürgerwald Gerolzhofen-Dingolshausen sowie im Gerolzhöfer Stadtwald, ist mittlerweile nirgendwo in Deutschland auszuschließen, dass ein Wolf auftaucht, somit auch nicht in der hiesigen Gegend. Letztendlich könne man sich aber nur sicher sein, wenn ein genetischer Nachweis etwa in Form von Speichel oder Haaren an gerissenen Rehen oder von Wolfskot vorliege.
In Gebieten, in denen sich der von Haus aus scheue, sowie dämmerungs- und nachtaktive Wolf seit längerem fest etabliert habe, sei festgestellt worden, dass er sich, da er den Menschen nicht mehr als Feindbild hat, sehr schnell an dessen Nähe gewöhne. Das könnte seines Erachtens auf Dauer das größte Konfliktpotenzial darstellen. In skandinavischen Ländern oder in Osteuropa, wo der Wolf noch in gewissen Maßen bejagt werde, da er als Nahrungskonkurrent auftrete, sei diese Nähe zum Menschen nicht so festzustellen, so Volker Conrad.
Außerdem könnten Kreuzungen zwischen Wolf und Hunde auftreten. Diese Tiere seien zum einen genetisch schwer zu unterscheiden, so der Jäger und Förster. Zum anderen würde ihnen die Scheue zum Menschen in dem Maß fehlen, wie sie der Wolf habe. Auch ausgesetzte Tiere aus illegalen Gehegen seien schon in Erscheinung getreten, erklärt Volker Conrad weiter.
Wolfsichtungen ans LfU melden
Hinweise auf Wölfe (Sichtungen, Spuren, Kot, gerissene Tiere) sollten immer an die zuständigen Behörden gemeldet werden, damit diesen nachgegangen werden kann.
In Bayern ist das Landesamt für Umwelt (LfU) die zuständige Stelle, an die man sich sofort direkt oder über Polizei und Landratsamt wenden sollte.
Noch keine offiziell bestätigen Wolfsichtungen im Landkreis, ausschließen will sie keiner
Für den Landkreis Schweinfurt liegen dem LfU für 2017 zwei nicht bestätigte Hinweise auf einen Wolf vor, ist dort in Erfahrung zu bringen.
„Wölfe werden oft mit ähnlich aussehenden Hunden verwechselt, aber ganz auszuschließen ist es auch nach Aussage meiner wildbiologisch versierten Kollegin Dr. Frauke Fischer nicht, dass ein Wolf in der hiesigen Gegend auftaucht“, bestätigt auch Dr. Dieter Mahsberg, Biologe am Biozentrum der Universität Würzburg.
„Uns liegen keine Kenntnisse über mögliche Wolfshinweise in der Region des Steigerwalds vor“, erklärt Projektleiterin Vanessa Ludwig vom Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen". Die offiziellen Informations- und Aufklärungsstelle zum Thema Wolf in Sachsen nimmt über den dortigen Freistaat hinaus Wolfhinweise auf und bewertet sie.
Generell könne gesagt werden, dass sich überall in Deutschland jederzeit ein Wolf blicken lassen könne, so Vanessa Ludwig. Ob dieser nur auf der Suche nach einem geeigneten eigenen Territorium durchzieht oder dort sesshaft wird, werde nach jedem Wolfsnachweis zu klären sein.
Auch auf der aktuellen Wolfsverbreitungskarte des Freundeskreises freilebender Wölfe mit Sitz im nordrhein-westfälischen Much-Marienfeld sind bislang keine bestätigten Sichtungen von Wölfen im Steigerwald oder Steigerwaldvorland zu finden. Das müsse aber nichts heißen, da Wölfe sehr umtriebig seien, so die Aussage von Susanna Lopez-Kostka vom dortigen Servicebüro.
Hunde sicherheitshalber an die Leine nehmen
Wölfe gelten, wie erwähnt, als scheu und daher als ungefährlich für Menschen. Fachleute raten, bei einer Begegnung mit einem Wolf den nötigen Respekt vor dem Tier zu haben und Abstand halten. Man sollte Ruhe bewahren und keine Panik aufkommen lassen, um den Beute- und Jagdinstinkt des Tieres nicht zu wecken. Hunde sollten in jedem Fall an der Leine geführt werden.
Infos des LfU zum Wolf und zu Wolfsichtungen in Bayern
Viele Informationen zum Wolf und seinem Monitoring in Bayern finden sich im Internet auf der Seite des Bayerischen Landesamtes für Umwelt unter:
www.lfu.bayern.de/natur/wildtiermanagement_grosse_beutegreifer/wolf/index.htm