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Schweinfurt: Wie es sich anfühlt, nicht sehen zu können

Schweinfurt

Wie es sich anfühlt, nicht sehen zu können

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    Herbert Hennlich vom Beirat für Menschen mit Behinderung in Schweinfurt erklärt Schülern der Wilhelm-Sattler-Realschule, was sie im Dunkelcontainer erwartet.
    Herbert Hennlich vom Beirat für Menschen mit Behinderung in Schweinfurt erklärt Schülern der Wilhelm-Sattler-Realschule, was sie im Dunkelcontainer erwartet. Foto: Aaron Niemeyer

    "Achtung jetzt wird es gleich dunkel", ruft Herbert Hennlich vom Beirat für Menschen mit Behinderung der Stadt Schweinfurt. Er schließt eine Tür, dann herrscht allumfassende Dunkelheit. Kein kleiner Lichtstrahl, kein Schatten, keine Grautöne – alles ist schwarz.

    Mit einem komplett abgedunkelten, begehbaren Container macht die Offene Behindertenarbeit (OBA) der Diakonie Schweinfurt zusammen mit demBayerischen Blinden- und Sehbehinderten-Bund und dem Beirat für Menschen mit Behinderung der Stadt Schweinfurt derzeit auf dem Schweinfurter Marktplatz auf die Lebensrealität von Menschen mit Behinderung aufmerksam. Durch Führungen von etwa 15 Minuten Länge in totaler Finsternis sollen Schulklassen und sonstige Interessierte ein Gefühl dafür bekommen, wie es ist, mit einer körperlichen Beeinträchtigung zu leben – in dem Fall Blindheit. "Weil Inklusion im Kopf beginnt", wie Sozialpädagoge Reinhold Stiller von der OBA sagt.

    "Wir wünschen uns, dass es Normalität wird, dass Menschen mit Beeinträchtigung am kulturellen Leben in Schweinfurt gleichberechtigt teilnehmen können."

    Reinhold Stiller, Sozialpädagoge

    Zum vierten Mal schon bietet die OBA ein "Erlebnis im Dunkeln" an. Ziel der Aktion, die auch von der Aktion Mensch unterstützt wird: Begegnungen schaffen zwischen Menschen mit und ohne Behinderung.Was Inklusion anginge, sei die Stadt Schweinfurt noch nicht so weit, wie man sich das wünsche, so Sozialpädagoge Stiller. Zwar habe sich in den letzten Jahren viel getan, was aber etwa die Barrierefreiheit anginge, sei in der Stadt noch viel Luft nach oben. "Wir wünschen uns, dass es Normalität wird, dass Menschen mit Beeinträchtigung am kulturellen Leben in Schweinfurt gleichberechtigt teilnehmen können."

    Auch nach einiger Zeit in der totalen Finsternis des Dunkelcontainers haben sich die Augen nicht an die neue Situation gewöhnt. Wer vorankommen will, muss sich auf andere Sinne verlassen, muss hören, sich vorsichtig vorantasten. Störendes Hintergrundrauschen erschwert die Orientierung, irgendwo plätschert Wasser und sorgt für Verunsicherung. Die Wände des Containers sind rau, der Boden verändert sich, ist mal weich und nachgiebig, mal rutschig. Der einzige Orientierungspunkt ist die Stimme von Blindenführer Herbert Hennlich, der Besucher mit ruhigen Worten durch den Container leitet. "Für euch wird alles wieder normal, wenn ihr den Container verlasst. Für mich bleibt die Welt immer so", gibt Hennlich, der selber blind ist, zu bedenken.

    "Für euch wird alles wieder normal, wenn ihr den Container verlasst. Für mich bleibt die Welt immer so."

    Herbert Hennlich vom Beirat für Menschen mit Behinderung der Stadt Schweinfurt

    Herbert Hennlich war nicht immer blind. Er konnte Auto fahren, seine eigene Garderobe zusammenstellen, wie andere Menschen auch. Durch eine Krankheit verlor er dann schleichend sein Augenlicht und damit auch ein Stück Selbstbestimmtheit. "Das war sehr deprimierend, ich war am Boden zerstört." Inzwischen hat er sich mit seiner Lebenssituation einigermaßen abgefunden und geht regelmäßig in Schulen, um dort über seine Situation aufzuklären.

    "Es ist wichtig, dass die Schüler dafür sensibilisiert werden", findet Deutschlehrerin Carina Thorwarth von der Wilhelm-Sattler-Realschule. Schließlich könnten sich die wenigsten Schüler vorstellen, mit einer körperlichen Beeinträchtigung zu leben. Aus diesem Grund hat sie die Klasse 5ag für eine Führung im Dunkelcontainer angemeldet. Bei den Schülern sorgte die Führung direkt für eine wichtige Erkenntnis: "Woah, das ist echt viel einfacher, wenn man was sieht."

    Der Dunkelcontainer ist noch bis Donnerstag, 9. Mai geöffnet. Er ist nicht rollstuhlgeeignet.

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