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Würzburg: Aggressionen im Verkehr: Warum Frauen die besseren Autofahrer sind

Würzburg

Aggressionen im Verkehr: Warum Frauen die besseren Autofahrer sind

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    Mit Wutanfällen im Auto geht es im Straßenverkehr oft auch nicht schneller.
    Mit Wutanfällen im Auto geht es im Straßenverkehr oft auch nicht schneller. Foto: didesign021/Getty

    Auf dem täglichen Weg zur Arbeit schießen oft die Emotionen hoch. Radfahrende ärgern sich über Autofahrende, Autofahrende über Radfahrende und auch Fußgängerinnen und Fußgänger bleiben nicht von dem Phänomen verschont. Der Würzburger Psychologe Andreas Eder forscht an der Universität im Bereich „Motivation und Emotion“ mit Schwerpunkt auf „Aggressionspsychologie“. Der 47-Jährige ist Professor des Lehrstuhls für „Allgemeine Psychologie zwei“. Im Interview erklärt er, warum Hass immer Folge von Aggression ist, weshalb diese im Verkehr vermehrt auftritt und warum männliche Autofahrer am aggressivsten sind.

    Frage: Herr Professor Eder, wie sind Sie heute zur Arbeit gekommen?

    Andreas Eder: Ich fahre jeden Tag mit dem Fahrrad von Veitshöchheim zu meinem Arbeitsplatz am Röntgenring und wieder zurück.

    Und wann haben Sie dabei das letzte Mal im Verkehr so richtig Hassgefühle entwickelt?

    Eder: (lacht) Dazu möchte ich mich lieber nicht äußern. Hass empfinde ich selten- aber Aggressionen gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern, ja, kommt vor!

    Professor Doktor Andreas Eder forscht an der Universität Würzburg im Bereich "Aggressionspsychologie". In einem Interview erklärt er, warum wir im Verkehr häufig aggressiv reagieren.
    Professor Doktor Andreas Eder forscht an der Universität Würzburg im Bereich "Aggressionspsychologie". In einem Interview erklärt er, warum wir im Verkehr häufig aggressiv reagieren. Foto: Andreas Eder

    Warum diese Unterscheidung?

    Eder: Unter Aggression verstehen wir in der Psychologie Verhaltensweisen, die darauf abzielen, einer anderen Person Schaden zuzufügen. Eine Schädigung wird hier sehr breit aufgefasst. Zum Beispiel fällt darunter auch eine verbale Beleidigung, eine rüde Handgeste, oder das absichtliche Nehmen einer Vorfahrt. Solche aggressiven Verhaltensweisen treten im Straßenverkehr immer wieder auf.

    Sind wir im Verkehr aggressiver als in anderen Alltagssituationen?

    Eder: Generell kann man das so nicht feststellen, denn Aggression entsteht immer aus einem Zusammenspiel von personalen und situativen Faktoren. Das bedeutet: es gibt Personen, die aggressiver als andere im Verkehr auftreten, weil sie zum Beispiel reizbarer sind oder glauben, sie hätten ein privilegiertes Recht für die Nutzung der Straße. Es gibt aber auch Situationen, die Aggressionen allgemein begünstigen.

    Welche wären das?

    Eder: Vor allem Situationen, die uns frustrieren. Zum Beispiel wenn wir aufgrund einesStaus im Straßenverkehr nicht so schnell vorankommen, wie wir uns das erhofft haben. Dann ärgern wir uns über diese Blockade. Und manchmal kriegt diesen Ärger auch ein anderer Verkehrsteilnehmer ab, obwohl dieser für den Stau gar nicht verantwortlich ist.

    Gibt es noch andere Situationen im Verkehr, die unser Aggressionspotenzial steigern?

    Eder: Der Verkehr bietet viele Situationen, über die wir uns moralisch empören können. Alle kennen die Verkehrsregeln. Werden diese verletzt, dann kann man sich diese Regelverletzung mit Gegebenheiten der Situation erklären - beispielsweise, dass ein Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt in der Hektik übersehen hat. Oder man unterstellt diesem eine böse Absicht. Die zweite Erklärung macht wütender und kommt leider häufiger vor, denn wir Menschen neigen generell dazu, Erklärungen für das Verhalten von anderen eher in deren Person als in den situativen Gegebenheiten zu suchen.

    Wer ist besonders anfällig für Aggressionen?

    Eder: Die Forschung hat mehrere Persönlichkeitszüge identifiziert: darunter fallen eine generell erhöhte Reizbarkeit, Narzissmus oder eine sogenannte „Macho-Persönlichkeit“, die einen aggressiven Fahrstil als Ausdruck von Männlichkeit sieht. Umgekehrt gibt es aber auch Persönlichkeitsstile, die aggressives Verhalten hemmen. Dazu gehört zum Beispiel die Fertigkeit, sich selbst beruhigen zu können.

    Gibt es weitere Eigenschaften, die aggressionsfördernd wirken?

    Eder: Bedeutende Einflussfaktoren sind das Alter und das Geschlecht einer Person. Jüngere, vorwiegend männliche Autofahrer sind anfällig für einen riskanten Fahrstil, der Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer bewusst in Kauf nimmt. Frauen verhalten sich im Vergleich dazu defensiver. Hier wirken gesellschaftliche Normen, die von Frauen eine stärkere Kontrolle ihrer Aggressionen fordern.

    Sind Menschen je nach Verkehrsmittel auch unterschiedlich aggressiv?

    Eder: Im Verkehr wird eine Hierarchie bereits durch die Art des Verkehrsmittels hergestellt: Ein SUV strahlt schon aufgrund seiner Bulligkeit eine physische Dominanz aus, wenn es zum Beispiel um das Gewähren der Vorfahrt geht. Kommt der Radfahrer unter die Räder, dann ist er schwer verletzt, wenn nicht tot. Das wissen beide Verkehrsteilnehmer. Deshalb kann sich der Autofahrer in manchen Situationen auch mehr herausnehmen, weil er darauf vertraut, dass der schwächere Verkehrsteilnehmer im Zweifel zurücksteckt.

    Heißt das, dass wenn man im Auto sitzt, hat man weniger Hemmungen, aggressiv aufzutreten?

    Eder: Wenn das aggressive Verhalten keine spürbaren negativen Konsequenzen hat, dann nehmen Aggressionen zu. Das ist im Autoverkehr oft der Fall, weil man nach einer Auseinandersetzung einfach davonfahren kann und das Fahrzeug auch ein Gefühl der Überlegenheit vermittelt. Darüber hinaus bietet das Auto auch eine Anonymität, die ebenfalls enthemmt.

    Wie kann man Aggressionen entgegenwirken?

    Eder: Zum einen, indem man sich in schwierigen Situationen aktiv beruhigt, beispielsweise durch Atemtechniken oder entspannende Musik. Außerdem kann es helfen, sich in die Lage des Gegenübers zu versetzen, damit man ein besseres Verständnis von dessen Verhaltensweisen bekommt. Dafür sind Perspektivwechsel hilfreich. Zum Beispiel könnte man die Stammstrecke einmal mit dem Fahrrad statt mit dem Auto abfahren, um diese aus dem Blickwinkel des Fahrradfahrers zu erleben. Es steht aber auch die Politik in der Verantwortung, Maßnahmen zur Verkehrsbefriedung zu entwickeln. Beispiele sind mehr Platz für alle Verkehrsbeteiligten und Entschärfung von heiklen Verkehrssituationen. Auf meiner Pendlerstrecke fallen mir sofort zwei kritische Stellen ein, wo es immer wieder zu Konflikten kommt und dringend etwas baulich gemacht werden müsste.

    Wie sollte man am besten auf Aggressionen von anderen reagieren?

    Eder: Ein wichtiger Grundsatz für die gewaltfreie Kommunikation ist: zuerst wahrnehmen und dann bewerten! Das klingt leichter als es ist, denn Bewertungen erfolgen in der Regel automatisch. Deshalb sollte man sich die Frage stellen: Was ist passiert und warum reagiere ich auf diese Situation so emotional? Es trägt zur Entspannung der Situation bei, wenn man sich über die eigenen Bedürfnisse im Klaren wird und diese auch der anderen Person konstruktiv mitteilen kann.

    Haben Sie noch einen besonderen Tipp, der zur Beruhigung im Straßenverkehr beiträgt?

    Eder: Geheimtipp habe ich keinen, aber aus psychologischer Sicht finde ich es erstaunlich, wie gewaltfrei der Straßenverkehr im Großen und Ganzen abläuft. Das ist angesichts der vielen konfliktträchtigen Situationen im Straßenverkehr alles andere als selbstverständlich. Und es macht mir Hoffnung, dass auch in anderen Lebensbereichen ein friedliches Zusammenleben möglich wäre.

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