Albrecht Achilles von Brandenburg aus dem Haus Hohenzollern, Ansbacher Markgraf und späterer Kurfürst von Brandenburg, zählte Mitte des 15. Jahrhunderts zu den einflussreichsten Fürsten und Heerführern des Heiligen Römischen Reichs. Ganz am Anfang seiner politischen Karriere musste er allerdings eine empfindliche Niederlage einstecken, und das ausgerechnet in Ochsenfurt.
Nach dem Tod seines Vaters Friedrich im Jahr 1440 trat Albrecht Achilles in dessen Nachfolge und schickte sich sogleich an, sein Fürstentum um eine lukrative Perle zu bereichern. Der Stadt Ochsenfurt, seit dem 14. Jahrhundert stark ummauert und von Feinden kaum einzunehmen, galt Albrechts überraschender Anschlag im Dezember 1440. Der kriegerische Fürst aus Ansbach versuchte, die Stadt des Würzburger Domkapitels, die zu dieser Zeit allerdings an den Deutschen Orden verpfändet war, überfallartig zu gewinnen. Als Zollstelle für den Verkehr zu Wasser und zu Lande sowie als sicherer Flussübergang mit steinerner Brücke war die Stadt nicht nur eine attraktive Einnahmequelle, sondern auch wirtschaftlich und militärisch von Bedeutung.
Überfall im Morgengrauen
Mehrere Chronisten beschreiben den Aufsehen erregenden Überfall, der aufgrund der entschlossenen Gegenwehr der Ochsenfurter Bürger zu peinlichen Schlappe des Fürsten wurde. Lorenz Fries berichtet in seiner Würzburger Bischofschronik detailliert über die Vorgänge. Der Markgraf ließ die Mauern im Bereich des Palatiums, dem Amtssitz des Domkapitels, im Morgengrauen stürmen, als plötzlich die Sturmleitern brachen. Die bereits Eingedrungenen konnte nicht mehr zurück.
Die herbei geeilten Ochsenfurter Bürger machten mehrere Angreifer nieder und nahmen die restlichen gefangen. Albrecht Achilles verlor nicht nur mehrere adlige Gefolgsleute – insgesamt fielen auf seiner Seite sieben Mann, 45 gerieten in städtische Gefangenschaft – , sondern auch sein Feldbanner. Auf Ochsenfurter Seite starben drei Verteidiger.

Die heilige Barbara half bei der Verteidigung der Stadt
Eine Weiheinschrift in der Stadtpfarrkirche St. Andreas verrät weitere Details des Überfalls. Danach ereignete sich der Sturm früh morgens an St. Barbara, dem 4. Dezember 1440, einem Sonntag. Aus der Inschrift geht weiter hervor, dass man nicht nur zahlreiche Soldaten des Markgrafen gefangen setzte und ihnen ihr Banner entriss, sondern auch Schilde, Schwerter, Helme, Köcher und Armbrüste erbeutete.
Den Sieg schrieb man der heiligen Barbara zu, man sah sie als Schlachthelferin. In Notlagen rief man im Mittelalter gerne Heilige an, diese dienten auch als Schutzpatrone von Städten. Als Dank stiftete die Stadt daher, wie der Historiker Enno Bünz erschließen konnte, knapp vier Monate später in der Stadtpfarrkirche zu ihren Ehren einen Altar. Dieser wurde am 19. März 1441 geweiht, er stand rückseitig des dritten Pfeilers rechts im Schiff, vor dem Pfeiler errichtete man eine Holzkanzel.
Mit dem Altar stifteten Bürgermeister, Rat und Gemeinde zusätzlich eine Vikarsstelle, das heißt sie finanzierten einen Altaristen, der hier Messe zu lesen und an genau festgelegten Terminen an Festtagen und in der Fastenzeit mittwochs und freitags zu predigen hatte.
Prozession und Inschrift erinnern
Dass die heilige Barbara als Helferin in der Not in Ochsenfurt Jahrhunderte lang präsent blieb, belegt die Tatsache, das bis ins 17. Jahrhundert zu ihren Ehren jährlich eine Prozession durchgeführt wurde. Darüber hinaus hielt man die Erinnerung an den Überfall und die Altarstiftung durch den in schwarzer und roter Tinte verfassten Text lebendig, der noch heute einsehbar ist.
Derartige lateinische, auf Pergament geschriebene Weiheinschriften für Altäre, teilweise in Vermaß formuliert, sind sehr selten. Bekannt sind Beispiele aus der Elisabethkirche in Marburg und der Dominikanerkirche in Esslingen. Die Ochsenfurter Inschrift, durch eine Glasscheibe geschützt, ist vertieft in den Pfeiler eingelassen. Während der Barbaraaltar schon lange aus der Kirche verschwunden ist, hat sie hier fast sechs Jahrhunderte überdauert.
Unser Gastautor Ulrich Wagner war langjähriger Leiter des Stadtarchivs Würzburg.