Heiße Debatte im heißen Sommer(-loch): Soll das Fahrradfahren auf der Alten Mainbrücke eingestellt werden? Inzwischen hat der Herbst etwas Abkühlung gebracht, aber die hitzige Diskussion in der Öffentlichkeit geht weiter.
Losgetreten hatten die Diskussion die beiden CSU-Stadträte Emanuele La Rosa und Kurt Schubert. Im Ferienausschuss waren sie mit ihrer Forderung nach einem Radfahrverbot auf der Alten Mainbrücke mit fünf zu sieben Stimmen unterlegen. Ratskeller-Wirt Schubert kann damit leben. Für ihn ist wichtiger, dass dieses Thema wieder einmal ins Blickfeld gerückt wurde. Anlass für seinen Vorstoß im Stadtrat sei gewesen, dass sich bei ihm mehrere Bürger beschwert hätten, dass rücksichtslose Radler Fußgängern über die Füße gefahren seien.
Die Grüne Jugend hatten den Antrag der beiden CSU-Räte genutzt, gleich über die ganze CSU herzufallen und ihr "Scheinheiligkeit und Unfähigkeit im Umgang mit stadtgesellschaftlichen Fragen" vorzuwerfen, weil sie wieder einmal versucht habe, eine harte „Law-and-Order-Politik“ durchzusetzen.
Keine Frage ist, dass der „Brückenschoppen“ ein Teil des Problems ist. Angeboten wird er von der GWF-Vinothek MainWein, der Alten Mainmühle und der Bio-Bäckerei Köhlers. Aber auch im Kupsch und anderswo werden Flaschenweine und Gläser als Brückenschoppen offeriert. Verbotswidrig ist das nicht, denn die Alte Mainbrücke ist, entgegen verbreiteter Meinung, keine Fußgängerzone, in der das Trinken alkoholischer Getränke außerhalb genehmigter Ausschankflächen verboten ist.
Zudem hat sich der „Brückenschoppen“, der nicht nur bei Würzburgern beliebt ist, in den letzten Jahren zu einem touristischen Aushängeschild entwickelt und wird sogar in einigen ausländischen Reiseführer als ein Höhepunkt eines Würzburg-Besuchs empfohlen. Mithin: Den Brückenschoppen abschaffen wird wohl kein Verantwortlicher wollen.
Keine Frage aber ist, dass es mitunter zu kniffligen Situationen kommt, wenn Schoppentrinker, Fußgänger, Radler, Eltern mit Kinderwägen und Behinderte im Rollstuhl an Engstellen aufeinandertreffen.
Das weiß aus Erfahrung auch der Wirt der Alten Mainmühle Jan Endres. Obwohl es seine Gäste womöglich mit einem Radelverbot leichter hätten, hält er eine solche Einschränkung „für kompletten Blödsinn“. Der Brückenschoppen laufe nur ein paar Monate im Jahr, und nur an einigen Tagen sei es am Abend so voll, dass ein Radfahrer absteigen und einmal schieben müsse. Mit den von den Brückenwirten engagierten Brückenwächtern sei bei einem Gästeansturm alles gut geregelt, die mit den Radlern und den Weintrinkern kommunizieren und Konflikte im Vorfeld verhindern. Unfälle und Verletzungen seien Endres jedenfalls nicht bekannt geworden.
„Wir haben mit den Fahrradfahrern überhaupt keine Probleme, das ist ein gutes Miteinander“, sagt Endres. Rücksichtnahme von beiden Seiten sei wichtig und, dass Schritttempo gefahren wird.
„Schlimm ist, dass manche Radfahrer die Brückenrampe hinunter rasen und dann auch Fußgänger gefährden. Aber diese Problematik habe mit dem Brückenschoppen nichts zu tun. Endres plädiert für ein rücksichtsvolles Miteinander und eine Beschränkung des Radler-Tempos auf zehn km/h.
Auch wenn der Antrag der beiden CSU-Stadträte im Ferienausschuss abgelehnt wurde, ist die Stadtverwaltung weiter mit dem Thema Sicherheit auf der Alten Mainbrücke beschäftigt. „Das Hochbaureferat arbeitet schon seit einiger Zeit an einer Lösung, die allen auf der Brücke gerecht wird“, sagt Rathaussprecher Christian Weiß auf Anfrage, allerdings nichts zu Inhalt und Zeitplan.
Bei den Überlegungen der Verwaltung geht es wohl auch um die Frage, ob die schmalen Gehwege mit ihren scharfkantig hohen Bordsteinen noch zeitgerecht sind, die aus einer Zeit stammen, als noch Autos über die Alten Mainbrücke fuhren. Angeblich gibt es alte Stadtansichten, die die Brücke ohne Bordsteine zeigen. Ein Sammler solcher Bilder ist Stadtrat Willi Dürrnagel, doch konnte er auf die Schnelle diesbezüglich nicht finden.
Schon vor der Sommerpause hatte Dürrnagel (CSU) gemeinsam mit Michael Gerr (Grüne) den Antrag an die Stadtverwaltung gestellt, die Alte Mainbrücke denkmalgerecht barrierefrei umzubauen. Als Rollstuhlfahrer ist Gerr selbst betroffen. Beide verweisen auf das Beispiel einer niveaugleiche Belaggestaltung bei der Sanierung der Steinernen Brücke in Regensburg.
Und was sagen Radler und Schoppentrinker? • Matthias Ernst (Mr. Clarino): „Ich fahre seit 50 Jahren über die Mainbrücke und hatte noch nie Probleme. Es gibt aber irre Typen, und deshalb sollte man Schritttempo einführen, aber komplett verbieten ist Unsinn.“ • Johannes Heinkelein: „Nur klare Regeln aufstellen, einfach absteigen, ohne Ausnahmen.“ • Ralf Becker: „Regeln wie in der Fußgängerzone: Wenn Platz ist kann man ruhig fahren, ansonsten gilt ein freundliches ,Bitte schieben'“. • Judith Triebel: „Die Fahrradfahrer wie die Fußgänger sollten höflich sein. Es fehlt einfach an zwischenmenschlichem Anstand.“ • Ruth Monzerth: „Nicht alles lässt sich gesetzlich regeln, die Brückenradler sind eine vollkommen überzogene Diskussion. Selten gibt es Stress. Es regelt sich alles von alleine.“ • Erwin Pirger: „Fahrrad-Fahrer sollten schieben, die Aussicht genießen, und alle sollten rücksichtsvoll sein.“ • Gunter Schulz, Reiner Kessler: „Man sollte nicht die Fahrradfahrer und die Fußgänger gegeneinander aufhetzen. Gegenseitige Rücksichtnahme ist angesagt.“ • Catharina Steeg: „Die Tendenz ist ganz klar: Absteigen; nur wenn's geht, kann man auch fahren. Umfrage: Herbert Kriener