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Würzburg: Antwort auf Samstagsbrief: FDP lehnt "partielle Impfpflicht nicht grundsätzlich ab"

Würzburg

Antwort auf Samstagsbrief: FDP lehnt "partielle Impfpflicht nicht grundsätzlich ab"

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    Andrew Ullmann sitzt für die FDP im Bundestag.
    Andrew Ullmann sitzt für die FDP im Bundestag. Foto: Patty Varasano

    Sehr geehrter Herr Czygan,

    vielen Dank für Ihren Brief. Ich habe großes Verständnis für Ihre Gedanken, allerdings hadere ich nicht mit meiner Partei, sondern mit Menschen, welche die Corona-Pandemie nicht ernst nehmen und sich aus Prinzip nicht impfen lassen wollen. Denn wer Freiheit will, muss auch Verantwortung leben. Aber es gibt doch einiges an Ihrem Brief, was ich richtigstellen möchte:

    In diese dramatische Lage hat uns die immer noch geschäftsführende Bundesregierung manövriert. Wir haben als Freie Demokraten beispielsweise schon im Sommer 2020 gefordert, dass wir einen Stresstest für unser Gesundheitswesen brauchen. Wir haben auch den schleppenden Impffortschritt, das bürokratische Gehabe, das Wegfallen der kostenlosen Tests und die mangelnde Datenerhebung kritisiert. Zurzeit stellen es einige Medien und insbesondere Markus Söder und Michael Kretschmer so dar, als wäre die künftige Ampel-Koalition an allem schuld. Dabei sind wir noch nicht einmal in Regierungsverantwortung, die epidemische Notlage von nationaler Tragweite existiert noch und die Ministerpräsidenten haben einen weitreichenden Handlungsrahmen. Diesen wollen wir auch weiterhin zur Bekämpfung der Pandemie rechtssicher herstellen.

    Diese Pandemie ist nicht vorbei. Etwas anderes haben wir nie behauptet und keiner mit ein bisschen Menschenverstand tut dies. Wir fordern seit anderthalb Jahren, dass die epidemische Notlage von nationaler Tragweite aufgehoben wird, weil sie ein untragbares Rechtskonstrukt ist. Übrigens haben Grüne, Linke und selbst die SPD in der Großen Koalition ebenfalls dafür plädiert, dass dieses Rechtskonstrukt nicht länger bestehen sollte. Der Grund ist, dass durch dieses Rechtskonstrukt die Regierung am Parlament vorbeiregieren kann. Die Gewaltenteilung ist dadurch beschränkt. Ich kann nicht nachvollziehen, warum wir zentrale demokratische Errungenschaften ohne Sinn und Verstand aufgeben wollen. Dieses Rechtskonstrukt wurde erschaffen, weil damals nicht klar war, ob der Bundestag noch zusammenkommen kann, um zu entscheiden, um zu debattieren, um die parlamentarische Volksvertretung zu sein. Aber in den letzten anderthalb Jahren haben wir bewiesen, dass wir parlamentarisch voll handlungsfähig sind. Wir zeigen gerade in dieser Woche, dass die Gesetzgebung schnell sein kann und auch anpassungsfähig an diese Pandemie ist.

    Es stimmt auch nicht ganz, dass das Boostern aufgrund der politischen Verantwortung derzeit noch nicht in gewünschtem Maße durchgeführt wird. Vielmehr gab es bisher keine allgemeine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), die eben wissenschaftlich handelt und nicht politisch. Ich begrüße jedoch, dass der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsminister diese Woche gehandelt hat. Sie stellten klar, dass die Kassenärzte und Kassenärztinnen Personen ab 18 Jahren boostern können, sofern die letzte Impfung fünf Monate her ist, wobei das nur eine Richtschnur ist. Die Entscheidung liegt im Ermessen der Ärztinnen und Ärzte. Und dort gehört sie hin. Hinweisen möchte ich auch einmal darauf, dass nicht nur Hausärzte, sondern auch niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte impfen.

    Die geschäftsführende Bundesregierung hat frühzeitig eine Impfpflicht kategorisch ausgeschlossen. Ich finde es unredlich, wenn jetzt so getan wird, als ob die FDP verantwortlich dafür sei, dass es noch keine Impfpflicht gibt. Wir sind immer skeptisch, wenn es um Pflichten geht, welche die körperliche Unversehrtheit betreffen und zudem das Recht auf freie Berufswahl betreffen. Es geht hier um Grundrechtseingriffe, die gut begründet werden müssen – auch und vor allem wenn sie ungleich ausgeführt werden sollen. Die FDP war immer der Meinung, wenn genügend Impfstoff gegen SARS-CoV-2 zur Verfügung steht, sollte eine gute Impfquote möglich sein. Ist dies nicht der Fall, lehnen wir als FDP eine partielle Impfpflicht nicht grundsätzlich ab. Allerdings gibt es einen praktischen Aspekt, der allen bewusst sein sollte: Das Einführen einer Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen oder Einrichtungen würde diese Welle nicht mehr unmittelbar brechen. Um vulnerable Gruppen zu schützen, wäre 1G (also Kontakt nur für Getestete) notwendig – egal ob geimpft, genesen oder umgeimpft. Weiter hilft es nur, die Infektionsinzidenz möglichst schnell zu senken. Deshalb stehen Boostern und tägliches Testen in Einrichtungen, in denen besonders gefährdete Menschen leben, als Maßnahmen für uns im Vordergrund.

    2G-Regeln einzuführen, obliegt mit unserer Änderung im Infektionsschutzgesetz den Ländern. Wenn die Landesregierungen es für nötig erachten, können sie 2G einführen und wir hätten flächendeckend 2G in Deutschland. Die Frage ist: Ist das nötig? Ist eine 2G-Regelung in einem Bundesland mit einer relativ niedrigen Infektionsinzidenz und mit einer niedrigen Hospitalisierungsinzidenz genauso sinnvoll wie in einem Land, in dem beide Werte durch die Decke schießen? Oder anders gesagt: Sollen die Grundrechte der ungeimpften Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Schleswig-Holstein eingeschränkt werden, weil in Bayern das Gesundheitssystem an seine Grenze stößt? Hilft das? Ist das das mildeste Mittel? Deshalb sind regionale Lösungen der Länder zielführender.

    Abschließend möchte ich auch einmal etwas fragen, lieber Herr Czygan. Wäre es Ihnen lieber, wenn wir den Föderalismus aufgeben, eine Zentralregierung am Parlament vorbei entscheiden lassen und wir nur denjenigen die vollen Grundrechte zugestehen, die sich vernünftig genug erweisen? Wäre das Ihr Bild einer gelungenen Demokratie? Meines ist es nicht.

    Mit freundlichen Grüßen

    Andrew Ullmann

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