Nach öffentlichem Druck investiert der Freistaat nun doch stärker in die Psychotherapie-Ausbildung an bayerischen Universitäten. Damit soll ein drohender Mangel an Therapeutinnen und Therapeuten abgewendet werden. Schon heute gibt es für Patientinnen und Patienten oft lange Wartezeiten.
Ab dem Wintersemester 2023 sollen an sechs bayerischen Hochschulen 360 Plätze für den neu geschaffenen Masterstudiengang Klinische Psychologie und Psychotherapie zur Verfügung stehen – bislang sind es keine 100. Entsprechend laut war die Kritik der Studierenden. Sie hatten sich vehement für eine Verbesserung eingesetzt, unter anderem mit einer Demonstration Ende Juni in München.
Bund hat Psychotherapie-Ausbildung reformiert, Länder setzen um
Die Bayerische Psychotherapeutenkammer geht von einem Bedarf von jährlich 350 Studienplätzen aus, nur dann sei die psychotherapeutische Versorgung in Bayern gesichert. Nun also der Befreiungsschlag, mit dem der Freistaat das neue Psychotherapeutengesetz umsetzt, das der Bund beschlossen hat und das 2020 in Kraft trat. Durch die Reform erlangen Absolventen künftig bereits mit dem Abschluss des Masterstudiums die Approbation als Psychotherapeutin oder Psychotherapeut.

Das Studium soll mehr praktische Inhalte haben, was künftig einen höheren Betreuungsaufwand bedeutet. Für eine kassenärztliche Zulassung bedarf es dann – ähnlich wie bei der Facharztausbildung – zusätzlich einer mehrjährigen Weiterbildung in regulären Anstellungsverhältnissen. Ohne den jetzt vereinbarten Zuwachs bei den Master-Studienplätzen wären viele Studierende nach ihrem Bachelor-Studium "gestrandet" oder voraussichtlich in andere Bundesländer abgewandert.
Am Runden Tisch von Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) nahmen am Dienstagabend die Uni-Präsidenten, der Präsident der bayerischen Psychotherapeutenkammer und Studierendenvertreter teil. Die Uni Würzburg hat ihr selbst gestecktes Ziel von 60 Masterstudienplätzen für die Psychotherapie um ein weiteres Viertel auf 75 Plätze angehoben – davon 45 zum Wintersemester, 30 zum Sommersemester.
Würzburg einer der führenden Standorte für Psychotherapeuten-Ausbildung
Damit ist die Julius-Maximilians-Universität künftig einer der drei führenden Standorte für Psychotherapie in Bayern, neben der LMU in München und der Uni Erlangen-Nürnberg, die beide ebenfalls auf 75 Plätze erhöhen. Mit je 45 Studienplätzen sind die Kapazitäten an den Unis Bamberg, Regensburg und Eichstätt deutlich kleiner.

Würzburgs Uni-Präsident Prof. Paul Pauli ist "sehr zufrieden" mit dem erzielten Ergebnis. Der Ausbau von 30 auf 75 Masterstudienplätze stelle die Universität allerdings vor Herausforderungen. "Das wird eine Kraftanstrengung." Denn auch die Uni selbst muss erhebliche Mittel und Personal beisteuern.
"Das wird eine Kraftanstrengung. Aber wir schaffen das."
Würzburgs Uni-Präsident Paul Pauli zum Ausbau der Studienplätze
Raumfragen sind zu klären, außerdem müsse man innerhalb eines Jahres erst einmal das Lehrpersonal für die Aufstockung finden. "Aber wir schaffen das", gibt sich der Uni-Präsident zuversichtlich. Über 20 Jahre lang hatte Pauli selbst den Lehrstuhl für Psychologie I, Biologische Psychologie, Klinische Psychologie und Psychotherapie inne.
Für das kommende Studienjahr bleibt es bayernweit noch bei 90 Masterplätzen, ein Drittel davon in Würzburg (15 im Winter-, 15 im Sommersemester). Aus Sicht von Pauli ist das vertretbar, weil nach der Neuordnung die Bachelor-Absolventen erst zum Wintersemester 2023 in den neuen Masterstudiengang drängen.

Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) twitterte die Einigung als Erfolg, Bayern setze die Reform zur Ausbildung von Psychotherapeuten "kraftvoll" um. Bis vor wenigen Wochen hatte Blume gebremst, auf die Eigenverantwortung der Unis verwiesen und geschimpft: "Ich bin sauer auf den Bund." Der habe mal wieder eine Reform beschlossen und lasse die Länder mit der Umsetzung dann allein.
Zufriedenheit bei Gesundheitsminister und Grünen
Nun verkündet der Minister stolz: "Wir erfüllen die Berechnungen des Berufsverbandes und die Forderungen der Studierenden sogar über. Wir ermöglichen damit unseren engagierten jungen Menschen ihren Berufswunsch." Zufrieden äußert sich auch Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Die Einigung trage zur Sicherung der psychotherapeutischen Versorgung im Freistaat bei.
Das sehen auch die Grünen im Landtag so, die sich zuletzt mit einem Offenen Brief an den Wissenschaftsminister gewandt hatten. Der bedarfsgerechte Ausbau der Masterplätze sei ein wichtiger Erfolg für alle Psychologie-Studierenden sowie alle psychisch Erkrankten in Bayern, so der Würzburger Landtagsabgeordnete Patrick Friedl in einer Stellungnahme.