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WÜRZBURG: Dicke Luft: Würzburger Initiative droht mit „Jahr des Zorns“

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Dicke Luft: Würzburger Initiative droht mit „Jahr des Zorns“

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    Dicht an dicht: normaler Verkehr am Mittleren Ring. Foto: Thomas Obermeier
    Dicht an dicht: normaler Verkehr am Mittleren Ring. Foto: Thomas Obermeier Foto: Obermeier (MainPost)

    Den Bürgern reicht es. „Wir werden seit Jahren vertröstet“, sagte Manfred Neuner, Sprecher der Bürgerinitiative „Brummis weg vom Stadtring“. Seit fast 20 Jahren kämpft die Initiative für bessere Luft. Jetzt bündelt man die Kräfte. Gemeinsam mit Umweltverbänden und Initiativen aus der Region sowie Parteien will die BI mehr Druck machen. Bei einem ersten Treffen kündigte Neuner an: „2018 wird ein Jahr des Zorns.“

    Luftschadstoffe führen zu Krankheit und Tod

    Rückenwind spürt die BI durch die aktuell in anderen Städten diskutierten Fahrverbote für Dieselfahrzeuge und durch den Bürgerentscheid über den Faulhaberplatz vom 2. Juli dieses Jahres. Dass sich eine breite Mehrheit der Würzburger gegen mehr Verkehr in der Innenstadt ausgesprochen hat, zeige, wie wichtig das Thema sei. Der Kampf um bessere Luft am Stadtring habe Signalwirkung für die gesamte Stadt.

    „Denn Stickstoffoxide und Feinstaub führen zu Krankheit und Tod. Das ist wissenschaftlich unstrittig“, erklärte Michael Imhoff. Angesichts hoher Feinstaubwerte – die zum Beispiel an der Nordtangante gar nicht gemessen werden – und Stickoxid-Überschreitungen im gesamten Stadtgebiet forderte der Würzburger Arzt: „Es geht um die Gesundheit der Würzburger Bürger. Die muss Vorrang vor ökonomischen Interessen haben.“

    Am Stadtring fahren weiter viele Lastwagen

    „Die Situation am Mittleren Ring hat sich nicht verbessert“, sagte BI-Mitstreiter Imhof. Obwohl Lastwagen die Durchfahrt seit Mai 2016 verboten ist, würden dort nicht weniger Lkw fahren. „Die Polizei scheint das nicht zu kontrollieren“, nennt Imhoff einen Grund für die „Wirkungslosigkeit der Verbotsschilder“.

    Unterstützt wird seine These durch Zahlen, die ÖDP-Stadtrat Raimund Binder im Sommer bei der Stadt erfragte. Danach passierten an einem Tag im November 2016 in zwölf Stunden rund 33 000 Fahrzeuge den Stadtring Süd. Rund 2000 davon waren Lastwagen.

    Überprüft hat die Polizei heuer zwischen Januar und August 533 Lkw. Davon verstießen 48 gegen das Durchfahrtsverbot. Da in diesen sieben Monate hochgerechnet 420 000 Lastwagen unterwegs waren, wurde also etwas mehr als 0,1 Prozent kontrolliert.

    Das Problem sind laut BI die Einschränkungen des Verbots. Denn nicht nur für den Lieferverkehr in die Stadt, sondern auch für den in den Landkreis ist der Mittlere Ring frei. Deshalb dürfen laut BI Lastwagen mit Fahrten von bis zu 75 Kilometer den Stadtring nutzen. Für die Polizei sei das kaum zu überprüfen.

    Navi leiten Lastwagen bei Stau auf den Stadtring

    Die komplizierte Beschilderung führe auch dazu, dass die Verbote im Navi nicht angezeigt werden. „Im Gegenteil. Das Navi weist sogar Stadtring und B 19 als Umleitungsstrecke aus, wenn auf der Autobahn Stau ist,“ sagte Michael Wild von der BI „Verkehrsberuhigung und Ortsumgehung Unterpleichfeld“.

    „Wir wollen ein wirksames Lkw-Verbot“, forderte Neuner. Klaus Stuntz aus Unterpleichfeld will das auch: „Wenn die Lastwagen nicht über den Stadtring Süd fahren, fahren sie auch nicht weiter auf der B19 zu uns.“

    Auch die Stadträte Thomas Schmitt und Rainer Schott (CSU) sowie Udo Feldinger (SPD) teilten die Argumentation und wollen das Verbot auf den Lieferverkehr im Landkreis ausweiten. Ihre Kollegen Binder (ÖDP) und Wolfgang Baumann (ZfW) sind mit entsprechenden Anträgen bislang gescheitert. Stadtbaurat Christian Baumgart hatte erklärt, dass der Ausschluss des Landkreislieferverkehrs nur eine „marginale“ Verbesserung brächte.

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    Stadt: Ab 2020 nehmen die Schadstoffe ohnehin ab

    Zudem argumentiert das Rathaus mit einer Prognose des Bayerischen Landesamts für Umwelt. Danach würden ab 2020 auch ohne Lkw-Verbot auf dem Stadtring Süd die Stickoxide ein bisschen zurück gehen, da dann weniger alte Dreckschleudern unterwegs seien.

    „Dafür nimmt der Lkw-Verkehr laut Prognosen um ein Drittel zu“, sagt Bürger Neuner. Solche Zahlenspiele ärgern ihn. Denn: „Es geht um die Gesundheit derer, die heute in Würzburg leben.“ Deshalb kündigt die BI Demos und eventuell auch eine Klage an, um die Verbesserung der Luft durchzusetzen. Am Verwaltungsgericht Stuttgart hatte eine solche jüngst Erfolg. In Stuttgart soll ab 2018 Fahrverbot für Dieselfahrzeuge gelten– wenn das Land Baden-Württemberg nicht noch in Berufung geht.

    Schadstoffe aus dem Auspuff Feinstaub ist in Abgasen von Kraftfahrzeugen, Heizwerken, Öfen, Heizungen und der Industrie enthalten. In Ballungsräumen gelangt er vorrangig aus Motoren – vor allem aus Dieselmotoren – in die Luft, und auch durch Bremsen- und Reifenabrieb sowie durch die Aufwirbelung des Staubes von der Straßenoberfläche. Deutschlandweit ist die Feinstaubelastung seit den 90er Jahren zurückgegangen. Der zulässige Höchstwert liegt bei Feinstaub bei 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Wird dieser Wert überschritten, gilt der Tag als Überschreitungstag. Von diesen darf es pro Jahr nicht mehr als 35 geben. Feinstaubwerte sind witterungsabhängig und meist im Winterhalbjahr hoch. In Würzburg misst das Landesamt für Umwelt an zwei Stationen: Am Stadtring Süd und an der Kopfklinik in Grombühl. Der Stachus in München ist aktuellen Messungen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) zufolge derzeit Spitzenreiter. Dort gab es im laufenden Jahr an bislang 24 Tagen Überschreitungen. Es folgen der Würzburger Stadtring Süd mit 23 Tagen und die Nürnberger Von-der-Tann-Straße mit 22 Tagen. Für Stickdioxide gibt das EU-Recht als Grenzwert 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresdurchschnitt vor. In Würzburg wird dieser in verschiedenen Straßen nicht eingehalten. Schuld an den hohen Werten ist zu 80 Prozent der Verkehr. Weltweite Studien belegen, dass Feinstaub und Stickoxide die Zahl tödlich verlaufender Schlaganfälle, Herzleiden und Atemwegserkrankungen wie Asthma erhöhen. Laut einer Studie des Umweltbundesamts sterben in Deutschland über 41 000 Menschen vorzeitig, weil sie Feinstaub ausgesetzt sind. Stickstoffdioxid ist ein Reizgas, führt zu Husten und kann die Bronchien schädigen. Gefährdet sind vor allem Menschen mit  Vorerkrankungen wie Asthma, aber auch bei gesunden Personen nehmen bei Belastung Entzündungswerte der Lunge zu.

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