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WÜRZBURG: Die „Marktbärbl“ geht in Rente

WÜRZBURG

Die „Marktbärbl“ geht in Rente

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    Abschied mit ein wenig Wehmut: Die Stammgäste (von rechts) Clemens Bieber und Jürgen Lenssen erheben das Glas auf die scheidenden Wirtsleute der „Marktbärbl“ Helga und Philipp Lotz.
    Abschied mit ein wenig Wehmut: Die Stammgäste (von rechts) Clemens Bieber und Jürgen Lenssen erheben das Glas auf die scheidenden Wirtsleute der „Marktbärbl“ Helga und Philipp Lotz. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Mehr ein Wohnzimmer als ein Lokal war die „Marktbärbl“ für Prominente und Stammgäste jeden Alters. Doch nun haben die Pächter Helga und Philipp Lotz die Altersgrenze erreicht und schließen nach diesem Donnerstag, 22. Dezember, das Traditionslokal in der Blasiusgasse 3 ab. Das Ende einer langen Tradition wird damit eingeläutet.

    Wie oft haben die Mitarbeiter und die Chefs diesen Spruch schon gehört: „Der Wirsching schmeckt hier wie bei der Mutter.“

    Hier hat sich im Laufe der Jahre alles getroffen, was Rang und Namen hat. Entweder zum Essen oder auf einen guten Schoppen als Absacker.

    Rosenthal und die Fischsuppe

    Hier bevorzugte Würzburgs Alt-OB Georg Rosenthal die Fischsuppe, Bürgermeister Adolf Bauer schwärmte vom Bohnengemüse und Bischof Friedhelm Hofmann kam auch zu einen letzten Wein als Absacker vorbei, immer wenn er Gäste hatte.

    Man sieht bis zur Nordsee

    Apropos Würzburger Bischof. Der Chef der Diözese soll nach Erzählungen einen Spruch geprägt haben, der zum geflügelten Wort geworden ist: Die „Marktbärbl“ ist der höchste Punkt Würzburgs. Von hier aus kann man bis zur Nordsee schauen, in Anspielung auf das nahe gelegene Fischgeschäft.

    Kleriker des Ordinariates, die sich seit Jahren im „schwarzen Eck“ treffen, werden wohl heimatlos und müssen sich eine neue, zentral gelegene Versammlungsstätte suchen. Das „schwarze Eck“ ist ein Stammtisch, dessen Wand viele Fotos von hochrangigen Gästen und Erinnerungsstücke zieren.

    Reihenweise Bischöfe zu Gast

    Stammgäste waren beispielsweise die Bischöfe aus dem Partnerbistum Mbinga oder der frühere Innsbrucker Bischof Reinhold Stecher. Und Helga Lotz war immer mittendrin dabei, wenn es darum ging, illustre Gäste mit Speis und Trank zu verwöhnen.

    Es ging aber um mehr, es ging um fränkische Herzlichkeit, wie ihr Verhältnis zu Bernhard Johannes Bahlmann zeigt, dem brasilianischen Bischof der Partnerdiözese Óbidos.

    Fußballtrikots für Brasilianer

    „Mit ihm verbindet mich eine tolle Freundschaft“, schwärmt die Wirtin. Das ging soweit, dass sie sogar aus dem fernen Unterfranken Trikots für dessen Fußballmannschaft im heißen Brasilien stiftete.

    Und einer schaffte es sogar auf die Speisenkarte: Für den polnischen Bischof Ignacy Je¿ kreierte Küchenchef Phillip Lotz einen eigenen „Domherrentopf“. Seit der Freund und Ehrendomherr der Diözese Würzburg tot ist, gibt es das Gericht nicht mehr.

    Treffen mit Wehmut

    Bei einem Treffen wenige Tage vor der Schließung sitzen die Domkapitulare Jürgen Lenssen und Clemens Bieber mit dem Wirtsehepaar zusammen, das die „Marktbärbl“ seit 2002 gepachtet hat. Man schwelgt etwas wehmütig in der gemeinsamen Vergangenheit. Fast 15 Jahre lang machten die Pächter die „Marktbärbl“ zu einem absoluten Lieblingsrestaurant für Touristen und Würzburger.

    Seit 50 Jahre steht der Küchenchef nun schon ohne Unterbrechung an diversen Herden, Zeit aufzuhören. Das erste eigene Lokal eröffnete das Wirtspaar in Hettstadt mit der „Krone“. Dann zog es sie ins Zentrum Würzburgs.

    Geschichte des „schwarzen Eck“

    Wie das „schwarze Eck“ entstanden ist? Bei der Eröffnungsfete brachte Adolf Bauer einen Bekannten aus alten Zeiten mit: Kunstreferent Jürgen Lenssen. „Den Jürgen kenne ich seit meiner Zeit im Karthäuser“, erinnert sich Helga Lotz. „Die Bewohner des Priesterseminars kamen da immer zum Essen vorbei. Und der Jürgen hatte einen großen Stockschirm dabei.“ Und so war der der Kontakt zur Diözese hergestellt.

    Caritas-Chef Clemens Bieber kam vor sieben Jahren vom Untermain nach Würzburg. Er ist somit fast ein Jungspund in der Riege der „Marktbärbl“-Dauerbesucher. Und auch da hat Lenssen seine Finger im Spiel. Als Bieber Primiz in seinem Heimatort Glattbach feierte, war Lenssen dessen Pfarrer. Und führte ihn natürlich bei der „Marktbärbl“ ein.

    Es kamen im Laufe der Zeit immer mehr Kleriker dazu. Und wenn sich der Geistliche Rat der Diözese zu einer Sitzung traf, hat man die Themen im „schwarzen Eck“ vorbereitet und diskutierte dort ungezwungen.

    „Und wenn es einem nicht gut geht, ruft man die Helga an und die bringt einen Topf Suppe vorbei“, sagt der Caritas-Chef. Seine Meinung steht fest: „Es geht hier ein Stück Originalität in der Würzburger Gastro-Szene verloren.“

    Ohne die Mitarbeiter wäre nichts gegangen

    Bei ihren Mitarbeitern, denen die Wirtin kündigen musste, will sich Helga Lotz mal öffentlich bedanken: Ohne deren Einsatz wäre all die Jahre die „Marktbärbl“ nicht möglich gewesen. Wer gemeinsam mit den Wirtsleuten Abschied feiern will, kann am Freitag, 23. Dezember auf ein Schnäpschen vorbeikommen.

    Wie es nun mit dem Haus weitergeht? Die Eigentümer planten schon im Juni den Neubau eines Geschäftshauses. Das Rückgebäude sollte saniert und für Gewerbe und Wohnungen umgebaut werden.

    Auf die Küche brauchen die Stammgäste übrigens nicht zu verzichten: Sie wird im Lokal „Sankt Michael“ in der Schwarzen Promenade weitergeführt.

    Neue Aufgabe „Marktbärbele“

    Wer Helga Lotz kennt, weiß, dass sie mit 69 Jahren die Hände nicht in den Schoß legen wird. Eine Beschäftigung ist schon gefunden: Sie hat sich einen Wunsch erfüllt und einen der kleinen Läden an der Wand der Marienkapelle übernommen.

    Der Name: „Marktbärbele“. Dort gibt es Andenken und sakrale Gegenstände. Die handgefertigten Kunstgegenstände kommen aus Afrika und Südamerika.

    Historie der Marktbärbl Im Haus Blasiusgasse 3 befand sich früher das „Gasthaus zum Trauben“ (zur Traube), berichtet Stadthistoriker Willi Dürrnagel nach einem Blick in seine Archive. Später beherbergte es das seit Generationen bekannte Café Stock mit seinen berühmten Hörnchen. Damals gab es eine Terrasse mit Blick auf das Neumünster. Und schon zu der Zeit hingen die liebevoll gezeichneten Geschichten von „Max und Moritz“ im Eingangsbereich. Sie sind bis heute unverändert geblieben. Danach folgte „Walters Grillstube“.

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