Dem Ansturm fremder Heere hielt die Ochsenfurter Stadtbefestigung durch die Jahrhunderte stand. Wenn diese nicht vermochten, die Mauern zu schleifen, so droht nun der Efeu ihr Werk zu vollenden. Inzwischen haben der städtische Bauhof und Steinmetzmeister Daniel Brauch den Kampf aufgenommen - mit ersten sichtbaren Ergebnissen.

Um Vögel nicht während des Brutgeschäfts zu stören, hatten städtische Mitarbeiter bereits im Februar die äußere Ringmauer im westlichen Stadtgraben gegenüber des Palatiums von ihrem grünen Panzer befreit, der über Jahrzehnte dort gewachsen war. Hier hatten sie die größten Schäden erwartet, doch was zum Vorschein kam, überstieg die Erwartungen noch. Armdicke Wurzeln hatten sich bereits tief in das massive Mauerwerk gebohrt, einzelne Steine herausgesprengt und ihren Platz eingenommen. "Efeu ist Gift für solche Mauern", sagt Manuel Wagner vom Bauamt der Stadt.
Eine Sisyphos-Aufgabe für Steinmetz Daniel Brauch, den die Stadt mit der Sanierung des Mauerstücks beauftragt hat. Seit Wochen ist er damit beschäftigt, das 80 Meter lange Teilstück zu sanieren. Dabei sei es keineswegs damit getan, die Fugen neu zu verbandeln, berichtet Brauch. Bis tief ins Innere des Mauerwerks müssen Wurzeln entfernt und fehlender Mörtel ersetzt werden.

Nach dem historischen Vorbild verwendet Brauch dazu keinen Zement, sondern Kalkmörtel, vermischt mit Trass, einem Mineral, das ein späteres Ausblühen des Kalks verhindert. 3,5 Tonnen des Mörtels sind inzwischen in den Fugen des kurzen Mauerabschnitts verschwunden, erzählt er.
Steinmetzzeichen dienten als Arbeitsnachweis
Einzelne Steine müssen ganz ersetzt werden, ohne dabei das Gefüge zu verändern. Das gebiete Respekt vor der Arbeit der früheren Steinmetze, sagt Daniel Brauch. An den exakt behauenen Quadersteinen des schrägen Strebepfeilers sind noch einige ihrer Steinmetzzeichen zu erkennen. Sie dienten als Arbeitsnachweis für die spätere Entlohnung.

Unter dem Efeu kam auch eine Sandsteinplatte zum Vorschein, auf der unter der Jahreszahl 1601 die drei Namen Hans Schneck, Moritz Weis und Beat Beier zu lesen sind. Möglicherweise handelt es sich dabei um die Baumeister. An einem kurzen Stück der Mauerkrone versagt selbst die Handwerkskunst von Daniel Brauch. Dort ist die Mauer derart zerrüttet und durchwurzelt, dass sie auf eine Höhe von eineinhalb Meter ganz abgetragen und mit den alten Steinen wieder neu aufgebaut werden muss.
"Den Schäden muss unbedingt Einhalt geboten werden", sagt Bürgermeister Peter Juks. Sonst könnten die Mauern eines Tages zur Gefahr für Passanten werden. In den kommenden Jahren soll deshalb abschnittweise die gesamte Stadtmauer saniert werden. Jedes Jahr sollen dafür 50.000 bis 60.000 Euro im Haushalt zur Verfügung stehen. Die Kosten des ersten etwa 80 Meter langen Sanierungsabschnitts werden mit rund 40.000 Euro beziffert. Insgesamt hat die Altstadt einen Umfang von rund 1,5 Kilometern. Es gibt also noch reichlich zu tun.