Der Raum Würzburg entwickelt sich immer mehr zu einem Hotspot der Corona-Pandemie in Unterfranken. Am Montag wurde hier ein dritter Corona-Todesfall bekannt. Damit stammen drei von fünf Menschen, die in Bayern bislang an dem neuen Virus gestorben sind, aus Würzburg.
Drei von bayernweit fünf Coronavirus-Todesfällen in Würzburg
Das bayerische Gesundheitsministerium bestätigte am Montagabend den dritten Todesfall in Würzburg. Es handelt sich wie bei den beiden anderen Verstorbenen aus Würzburg um einen Bewohner des Seniorenheims Ehehaltenhaus/St. Nikolaus, er war laut Gesundheitsamt über 90 Jahre alt. Die beiden ersten Corona-Toten aus Würzburg waren über 80-jährige Patienten mit schweren Vorerkrankungen. Sie waren am vergangenen Donnerstag und Sonntag gestorben.
Bei den beiden anderen Todesfällen in Bayern handelt es sich nach Angaben des Landratsamtes Neu-Ulm um einen über 80-jährigen Patienten mit Vorerkrankungen sowie nach Angaben des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) um eine über 80-jährige Patientin im Landkreis Oberallgäu. Beide starben in der Nacht zu Sonntag.
"Es wird verdammt eng."
Stiftungsdirektorin Annette Noffz zur Situation im betroffenen Seniorenheim
Das Würzburger Seniorenheim Ehehaltenhaus/St.Nikolaus gehört zur Stiftung Bürgerspital. Dessen Direktorin Annette Noffz zeigte sich am Montagabend betroffen von der Entwicklung: "Es wird verdammt eng." Damit meint Noffz die fehlenden Pflegekräfte im Heim.
Bürgerspital schichtet Leute von Reha in Altenpflege um
Einige von ihnen sind positiv auf Corona getestet und in häuslicher Quarantäne. Andere haben zwar einen negativen Befund, dürfen aus Sicherheitsgründen aber nicht sofort an den Arbeitsplatz zurückkehren. Noffz: "Wir brauchen die Leute möglichst schnell zurück!" Das Bürgerspital versucht nun, Personal aus dem Reha-Bereich umzuschichten, dort werden Patienten heimgeschickt. "Das geht aber nicht von heute auf morgen."
Mit Unterstützung von anderen Trägern oder aus anderen Heimen rechnet Noffz nicht. Denn es sei mit Engpässen auch da zu rechnen. Möglicherweise hätten bereits zahlreiche Infektionen noch durch Besuche von Verwandten stattgefunden. Mittlerweile sind bayernweit alle Heime für Besucher weitgehend gesperrt. Im Ehehaltenhaus sollen alle Bewohner seit Bekanntwerden des ersten Falls ihre Zimmer nicht mehr verlassen.
Gesundheitsamt Würzburg bestätigt zehn neue Coronavirus-Fälle
Das Gesundheitsamt Würzburg hat am Montag zehn neue Corona-Fälle in Stadt und Landkreis bestätigt. Auch hier ermitteln die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes "wie gewohnt routiniert mögliche Infektionsquellen und Kontaktpersonen", heißt es in einer Pressemitteilung.
Damit sind in Stadt und Landkreis Würzburg mittlerweile 77 Coronavirus-Fälle bekannt. In ganz Unterfranken haben sich nachweislich 158 Menschen mit dem Virus infiziert. (Stand: Dienstag, 7.30 Uhr) In den fast 80 Würzburger Fällen enthalten sind jedoch nur die bis Sonntag, 24 Uhr, bestätigten Befunde. Die Anzahl der Menschen, deren Ergebnis am Montag im Laufe des Tages Corona-positiv ausfällt, wird erst Dienstagvormittag bekannt gegeben. Denn mittlerweile kommen fast stündlich neue Fälle hinzu, so die Pressestelle des Landratsamtes. Das Bürgertelefon von Stadt und Landkreis lief auch am Montag wieder heiß, vor allem nachdem Ministerpräsident Markus Söder für Bayern den Katastrophenfall ausgerufen hatte.
- Katastrophenfall: Was das für Unterfranken bedeutet
Kaum noch Pneumokokken-Impfung in Bayern zu bekommen
Aufgrund der Angst vieler Menschen vor dem Coronavirus ist auch die vor allem für ältere und kranke Menschen empfohlene Pneumokokken-Impfung in Bayern praktisch nicht mehr zu bekommen. Auf Anfrage bestätigte dies Thomas Metz, Sprecher des Apothekerverbandes Bayern. "Wir haben hier einen massiven Lieferengpass", sagte er. Zwar habe vielleicht der ein oder andere Arzt oder Apotheker noch Vorräte. "Aber der Markt ist sehr schwierig." Zum jetzigen Zeitpunkt, so Metz, könne niemand sagen, wann es wieder neue Pneumokokken-Impfdosen gebe.
In der Region haben die Ärzte von dem Lieferengpass schon Kenntnis. Die Würzburger Hausärztin Marion-Krassnitzer-Geyer etwa hat gerade versucht, für Risikopatienten neuen Pneumokokken-Impfstoff zu bestellen; erfolglos. "Ich habe noch einige wenige Impfungen vorrätig und überlege sehr genau, wem ich sie gebe", sagt die Allgemeinärztin.
Hunderte Menschen derzeit in Unterfranken unter häuslicher Quarantäne
Hunderte Menschen stehen derzeit auf Anordnung der Gesundheitsämter unter häuslicher Quarantäne. "Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass diese Personen auch mit dem Corona-Virus infiziert sind", so der Würzburger Gesundheitsamtsleiter Johann Löw in einer Mitteilung. Die Quarantäne sei eine Präventionsmaßnahme, um die Ausbreitung des Virus möglichst zu verlangsamen. Alle verfügbaren Mitarbeiter des Gesundheitsamtes seien eingesetzt, um Kontaktpersonen zu ermitteln und Tests einzuleiten. Allein am Samstag waren 45 Mitarbeiter im Corona-Einsatz: an der Bürgerhotline, im Koordinierungsstab oder bei der Ermittlung möglicher Kontaktpersonen.
In Quarantäne kein Gang vor die Tür erlaubt
Wer unter Quarantäne steht, darf unter keinen Umständen seine Wohnung verlassen – auch nicht für einen kurzen Gang in den Flur, um auf einer Pinnwand - wie von manchen Nachbarschaftshilfen eingerichtet – seinen Einkaufszettel zu heften. Darauf weist das Gesundheitsamt Würzburg hin.
Benötigte Einkäufe müssen telefonisch bei Angehörigen, Nachbarn oder Freunden bestellt werden und dann vor der geschlossenen Wohnungstür abgelegt werden. Nur so könne die Infektionskette mit dem Coronavirus zuverlässig unterbrochen werden, sagt Löw.
Menschen in häuslicher Quarantäne, die niemanden haben, die diesen Einkaufsservice übernehmen können, können sich beispielsweise an das Bayerische Rote Kreuz (BRK) wenden. Das BRK bietet für die Region Würzburg eine Einkaufshotline an, bei der Lebensmittel und Hygieneartikel bestellt werden können. Das Service-Telefon ist ab Montag, 16. März 2020, 10 Uhr, unter der Telefonnummer 08 000 275 275 jederzeit zu erreichen.
- Coronavirus: Die Lage in Unterfranken am Montag
HIV-Testungen entfallen
Das Gesundheitsamt für Stadt und Landkreis Würzburg teilt außerdem mit, dass aufgrund der vordringlichen Aufgaben in Zusammenhang mit dem Corona-Virus die HIV-Testberatung und HIV-Testung bis auf Weiteres entfallen muss.
Hilfe für Betroffene und besorgte BürgerDas Bürgertelefon von Stadt und Landkreis Würzburg ist montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr, samstags und sonntags von 10 bis 16 Uhr besetzt: Tel. (0931) 8003-5100. Die Liste der häufig gestellten Fragen ist – wie auch weitere Informationen zum Coronavirus – auf www.landkreis-wuerzburg.de/Coronavirus einzusehen.Die Coronavirus-Hotline des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist unter 09131 6808-5101 zu erreichen.Weitere Informationen zum Coronavirus gibt es auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts: www.rki.deDer ärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist unter 116 117 erreichbar.