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Rimpar: Eine neue Lunge für ein neues Leben: Transplantation verhilft Rimparer Landwirt Helmut Keidel zu neuer Lebensfreude

Rimpar

Eine neue Lunge für ein neues Leben: Transplantation verhilft Rimparer Landwirt Helmut Keidel zu neuer Lebensfreude

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    Das neue Leben kann beginnen, Helmut Keidel auf Reha kurz nach der Transplantation.
    Das neue Leben kann beginnen, Helmut Keidel auf Reha kurz nach der Transplantation. Foto: Petra Keidel

    Kürzlich feierte Helmut Keidel seinen ersten Geburtstag. In bester Laune und Verfassung, redefreudig wie selten zuvor. Der Landwirt und Rimparer Marktgemeinderat lebt seit einem Jahr mit einer Spenderlunge. Kaum mehr als 250 Lungen werden jedes Jahr transplantiert. Eine arbeitet nun in der Brust des 66-Jährigen. Das Organ hat ihm zu einem neuen Leben verholfen, einem Leben, das er bisher so überhaupt nicht kannte. Es sei ein "Wunder, ein medizinisches", aber auch eines "mit Gottes Hilfe", sagt er.

    Eine falsch behandelte Lungenentzündung im Kindesalter hatte Löcher in seiner Lunge zurückgelassen. Schon als er seine Frau Petra heiratete, gehörten Medikamente zu seinen steten Begleitern. Seit Mitte der 2000er Jahre war er auf ein tragbares Sauerstoffgerät angewiesen, das ihn über einen Schlauch mit Sauerstoff versorgt. Heute möchte er gar nicht mehr daran denken, wie selbstverständlich es für ihn war, die Sättigung nach oben zu drehen, wenn er im Rat etwas länger geredet hatte oder die Treppe zum Rimparer Rittersaal hochgestiegen war.

    "Ich könnte immerzu sprechen, es ist wie ein Wunder."

    Helmut Keidel - Mit neuer Lunge

    Zuletzt hatte er bei einer Lungenleistung von gerade einmal noch 22 Prozent Mühe, den eigenen Hof zu überqueren. Nach der Operation ist er wie verwandelt. Dinge, an die er früher gar nicht zu denken wagte, sind auf einmal möglich. Er genießt jeden Anlass, so lange reden zu können, wie er möchte. "Ich könnte immerzu sprechen", meint er. "Es ist wie ein Wunder." Gerne erinnert er sich an die erstaunten Blicke und Fragen der Parteifreunde bei der ersten Fraktionssitzung nach der OP. Die meisten kannten ihn kaum anders als mit Schlauch. Bei seiner Feier zum Einjährigen hat er 100 Gäste eingeladen. Erstmals hatte er die nötige Luft, um genau zu erklären, wie es ihm geht.

    Die Wende hatte ein Hinweis des Leiters der Pneumologie der Uniklinik gebracht

    Die Wende hatte ein Hinweis des Leiters der Pneumologie der Uniklinik Theo Pelzer gebracht. Er empfiehlt 2018 – die Medikamente wirken kaum noch - eine Lungentransplantation und stellt den Kontakt zur Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) her, der führenden Klinik für Lungentransplantationen. "Das kam völlig überraschend, wir hatten uns damit überhaupt nicht beschäftigt", erinnert sich Keidel.

    Endlich wieder vereint: Helmut Keidel kurz nach der OP mit seiner Frau Petra.
    Endlich wieder vereint: Helmut Keidel kurz nach der OP mit seiner Frau Petra. Foto: Petra Keidel

    Auch war er damals mit gut 60 Jahren nicht mehr ganz jung. Entscheidend für eine Transplantation ist jedoch die Position in der Eurotransplant-Liste. Er wird von Kopf bis Fuß auf versteckte Tumore oder Entzündungsherde untersucht. Ganze 45 Kilo muss er abnehmen, die Ernährung komplett umstellen. Schließlich – es ist März 2022 – schafft er es auf die Liste: Er hat Glück. Mit 1,96 Metern ist er ungewöhnlich groß und die Nachfrage nach Spenderorganen entsprechend gering.

    Der 3. April. Ein erster mitternächtlicher Anruf. Jetzt muss es schnell gehen

    Der 3. April. Ein erster mitternächtlicher Anruf. Jetzt muss es schnell gehen: Etwa siebeneinhalb Stunden dauert die OP, das Organ darf aber nicht länger als acht Stunden aus dem Körper heraus sein. Der gleiche Arzt, der die Transplantation durchführt, entnimmt dem hirntoten Unfallopfer das Organ. Derweil bringt ihn ein Krankenwagen nach Hannover. Dann die Mitteilung: Organ ungeeignet. Der Verunglückte hatte Knochenkrebs. Ein anderes Mal scheitert die OP an einer schwarzen Raucherlunge. Bittere Enttäuschung. Zurück nach Rimpar, neuen Mut fassen. Nächster Anlauf. Fünf Anläufe sind nötig.

    Das Auf und Ab zehrt an den Nerven der Familie, die drei Kinder und die Enkel fiebern mit

    Das Auf und Ab zehrt an den Nerven der Familie. Die drei Kinder und die Enkel fiebern mit. Der Kleinste, der Familie sorgt sich, dass es der Opa nicht mehr schafft, mit ihm Traktor zu fahren. Die Corona-Einschränkungen verhindern, dass er die Kinder sieht. Ein Medaillon, auf dem die Namen der drei Kinder eingeprägt sind, trägt er stets bei sich. Für den "Familienmenschen" ist dies eine schwierige Situation, weiß Ehefrau Petra. Kraft gibt beiden das Gebet in den Rimparer Kapellen oder der Hauskapelle der Klinik. Zu Hause steht eine Kerze auf dem Tisch. Die Familie sorgt dafür, dass die Flamme nicht erlischt.

    Zur Nachsorge nach der Lungentransplantation gehören Atemübungen.
    Zur Nachsorge nach der Lungentransplantation gehören Atemübungen. Foto: Petra Keidel

    Der Anruf der Klinik erreicht Helmut Keidel auf dem Mähdrescher bei der Getreideernte

    Schließlich, der 6. Juli, Getreideernte. Der Anruf erreicht Helmut Keidel auf dem Mähdrescher. Ausnahmsweise. Jahrelang hatte er das nicht mehr geschafft. "Für die acht Stufen hoch zum Fahrersitz hat die Luft einfach nicht mehr gelangt". Zurück auf dem Hof, steigt er in den Krankenwagen. Angst hat er keine. Die Freude über die mögliche Rettung überwiegt. Um halb fünf in der Nacht eine letzte Nachricht an die Familie: "Ich hätte noch so viel zu erledigen, aber jetzt geht es los." Zu Hause werden die Daumen gedrückt. Am nächsten Morgen heißt es lapidar: "Herr Keidel, die Lunge ist drin." Später stellt er fest, dass er bei der Operation noch den Getreidestaub in den Haaren hatte.

    "Das erste halbe Jahr waren wir zu zweit, ich und die Lunge"

    Medizinisch läuft alles glatt. Bis der Kopf es schafft, dass er von "meiner Lunge" sprechen kann, dauert es jedoch: "Das erste halbe Jahr waren wir zu zweit, ich und die Lunge", erzählt er. Für Helmut Keidel steht fest, er will sein "neues Leben" nutzen, als Ratgeber für seinen Sohn Michael, der den Hof mit gerade einmal 19 Jahre übernehmen musste, im Ehrenamt für den Bauernverband und aus Dank für den Spender, Die nötige Puste dazu hat er nun.

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