Erneut hat sich ein Schüler aus Unterfranken erfolgreich gegen eine Quarantäne-Anordnung des Gesundheitsamts gewehrt: Laut einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg muss der Zwölfjährige nicht in häusliche Isolation, die Verpflichtung für seine Klassenkameraden bleibt indes bestehen. Der Schüler hatte, vertreten durch seine Eltern, einen entsprechenden Eilantrag gestellt.
Nachdem ein Mitschüler des Zwölfjährigen in einer Würzburger Schule positiv auf das Coronavirus getestet worden war, stufte das zuständige Gesundheitsamt, wie in solchen Fällen üblich, sämtliche Klassenkameraden als "Kontaktpersonen der Kategorie 1" ein. Somit wurden alle in Quarantäne beordert.

Die Verwaltungsrichter sahen diesen Automatismus kritisch. Zwar sei die Situation in einem Klassenzimmer "grundsätzlich geeignet", einen Kontakt der Kategorie 1 zu begründen, heißt es in einer Pressemitteilung. Das Robert Koch-Institut gebe zur konkreten Bewertung jedoch weitere Kriterien vor. So müsse sich eine Kontaktperson mehr als 30 Minuten mit dem Infizierten in einem "Raum mit hoher Konzentration infektiöser Aerosole" aufgehalten haben.
Schüler hat immer ein Messgerät dabei
Der Zwölfjährige konnte mittels einer eidesstattlichen Erklärung aber glaubhaft machen, dass diese Voraussetzung nicht bestand. Er habe, so das Gericht, erläutert, dass das Klassenzimmer über drei vollständig zu öffnende Fenster verfüge. Im Unterricht sei regelmäßig alle 20 Minuten durch das Öffnen von Fenster und Türen quergelüftet worden. Weiter befinde sich das Klassenzimmer in einem Altbau mit über drei Metern Raumhöhe, es sei zudem nicht vollbesetzt gewesen, die Klassenkameraden hätten nicht laut gesprochen oder gesungen. Zudem gab der Schüler an, er habe die Partikel-Konzentration mit einem Kohlendioxid-Messgerät, das er immer bei sich führe, selbst gemessen.

Mit Verweis auf diese Darstellung sagen die Richter, es könne davon ausgegangen werden, dass das intensive Lüften bereits eine hohe Konzentration infektiöser Aerosole effektiv verhindert hat. Damit fehle es an der Voraussetzung für die Quarantäne-Anordnung, zumal der Schüler auch versichert habe, mit dem Corona-Infizierten nicht mehr als 15 Minuten Kontakt mit weniger als 1,5 Meter Abstand gehabt zu haben.
Weil andere Mitschüler aber möglicherweise engeren Kontakt zu dem Infizierten hatten, bleibe die Quarantäne-Anordnung prinzipiell wirksam, sagt das Gericht. Nur im konkreten Einzelfall des Zwölfjährigen sei sie rechtswidrig. Da hätte es einer "eigenständigen Ermessensentscheidung" des Gesundheitsamts Würzburg bedurft.
Wie reagiert nun das Gesundheitsamt?
Wie das Amt mit der Gerichtsentscheidung umgeht, stand bis Dienstagnachmittag nicht fest. Man brauche noch Zeit, um sich zu beraten, hieß es. Möglich wäre, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München Beschwerde gegen den Beschluss der Würzburger Richter einzulegen.
Vor drei Wochen war bereits ein 13-Jähriger in Schweinfurt erfolgreich gegen eine Quarantäne-Anordnung des dortigen Gesundheitsamts vorgegangen. Der Schüler hatte sich geweigert, sich auf Corona testen zu lassen. Deshalb verlängerte die Behörde die häusliche Isolation. Dies sei rechtswidrig, entschied der Bayerische Verfassungsgerichtshof, nachdem die Würzburger Richter die Entscheidung des Gesundheitsamts zunächst bestätigt hatten.