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Würzburg: Halbzeit beim Würzburger Mozartfest 2022: Das waren die 5 Höhepunkte der letzten Woche und das kommt noch

Würzburg

Halbzeit beim Würzburger Mozartfest 2022: Das waren die 5 Höhepunkte der letzten Woche und das kommt noch

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    Abtanzen zu Orchestermusik, geht das? Das geht, wie das "Orchester im Treppenhaus" bei der Mozartfest-Klassik-Disco bewies.
    Abtanzen zu Orchestermusik, geht das? Das geht, wie das "Orchester im Treppenhaus" bei der Mozartfest-Klassik-Disco bewies. Foto: Dita Vollmond

    Halbzeit beim Mozartfest. Wesentliche Etappen sind geschafft, darunter das MozartLabor und am Pfingswochenende das "Freispiel" auf dem Bürgerbräu-Gelände mit Familienfest, Klassik-Disco und hochspannenden ungewöhnlichen Konzertformen, alles gestaltet vom "Orchester im Treppenhaus" aus Hannover, das spezialisiert ist auf unkonventionelle Klassikpflege. Das Mozartfest-Aktionslokal "M PopUp" im ehemaligen Café Mozart entwickelt sich indes zur Plattform, auf der längst nicht nur musikalische Themen diskutiert werden.

    Hier die 5 interessantesten Erlebnisse plus Ausblick auf die nächsten Tage:

    1. Ein Abend mit der Pianistin Hanni Liang und dem Soziologen Harald Welzer

    Der Soziologe Harald Welzer (links) beim Gesprächskonzert mit Pianistin Hanni Liang.
    Der Soziologe Harald Welzer (links) beim Gesprächskonzert mit Pianistin Hanni Liang. Foto: Dita Vollmond

    Die Pianistin Hanni Liang und der Soziologe Harald Welzer stellten beim Gesprächskonzert im Mozartfest-Aktionslokal "M PopUp" eine existenzielle Frage: Wer wollen wir gewesen sein? Anders gesagt: Wie wollen wir einst auf unser Leben zurückblicken? Hanni Liang spielte Werke von Manfred Trojahn (geboren 1949) und Schubert, Harald Welzer diskutierte mit dem engagierten Publikum.

    Der Ausgangspunkt: Eine "Bild"-Geschichte, in der der Reporter sich rühmt, in fünf Tagen mit Billigfliegern einmal die Welt umrundet zu haben. Maximaler "Weltverbrauch" also, wie Welzer das nennt. Wie aber kommen wir aus der Weltverbrauchsspirale raus? Welzer glaubt, nicht durch rationale Wissensübermittlung. Die Fakten seien alle längst bekannt.

    So richtig konkret werden wollte er auch auf Drängen aus dem Publikum nicht. "Schönheit", ist ein Kriterium für ihn. Außerdem: Möglichst viele "paradoxe Interventionen", um bestehende Gewissheiten zu erschüttern. Und: mehr Spaß. Welzer: "Das Schlimmste an der ganzen Nachhaltigkeitsdiskussion ist die totale Spaßbefreitheit."

    2. Wandelkonzert in den dunklen Tiefen der Sektkellerei Höfer

    "Dark Ride" mit dem "Orchester im Treppenhaus" auf dem Bürgerbräugelände in Würzburg.
    "Dark Ride" mit dem "Orchester im Treppenhaus" auf dem Bürgerbräugelände in Würzburg. Foto: Dita Vollmond

    Den Anfang der Konzertreihe "Freispiel" auf dem Bürgerbräugelände machte "Dark Ride" – eine Reise in die tiefen Gewölbe der Sektkellerei Höfer. Ein Wandelkonzert mit sechs Stationen, an denen außer Mozart konsequent Gegenwartskompositionen aufgeführt wurden. Wenn Applaus das Brot des Künstlers ist, wären diese Musiker Hungerkünstler. Sie präsentierten ihre Klangwelten so ungewöhnlich, dass das Publikum selten wusste, wie es sich verhalten sollte. Die Lauschenden belohnten die Musiker aber durch hohe Konzentration auf die moderaten Neutöner.

    Einer der wenigen Applaus-Empfänger war Sebastian Schad. Das ist der einzige Deutsche im "Stomp"-Ensemble – die englische Percussions-Show, die im Londoner Westend monatelang ausverkauft war. Schad vollführte seine Beats auf Medizinball, Schrubber und sich selbst in einem halb undurchsichtigen Plastikwürfel.

    Gar nichts sehen konnte man bei der letzten Station. Hier wurden die Hörerinnen und Hörer in einen stockdunklen Raum geführt. Was dann nach vier Celli klang, war nur eins, gestrichen von Michael Schmitz, plus Elektronik-Loops. Das "Orchester im Treppenhaus" schafft eine unglaubliche Synthese: Es realisiert wahnwitzig originelle Ideen und nimmt sich selbst dabei völlig zurück.

    3. "Circling Realities": Ein Konzert, in dem Lichtkreise die Choreografie vorgeben

    Lichtkreise zeigen allen den Weg: "Circling Realities" mit dem "Orchester im Treppenhaus".
    Lichtkreise zeigen allen den Weg: "Circling Realities" mit dem "Orchester im Treppenhaus". Foto: Dita Vollmond

    Wo ist der beste Platz, um einem Kammerensemble zu lauschen? Mittendrin! Das "Orchester im Treppenhaus" projizierte bei "Circling Realities" in der abgedunkelten Maschinenhalle einen Lichtkreis für jede Hörerin und jeden Hörer auf den Fußboden und setzte diese Platzanweiser in Bewegung. Damit das Publikum nicht die ganze Beinarbeit machen musste, schritten auch die acht Ausführenden durch den Saal.

    Fünf Stücke, allesamt aus der Moderne, der bekannteste Komponist Maurice Ravel – ein jedes mit Verve und ebenso präzise wie quicklebendig gespielt: Das war schon ohne das experimentelle Setting ein immenses Vergnügen. Was aber brachte diese Bewegung im Raum, außer herrlichen Stereo-Effekten?

    Nun, es beeindruckt schon sehr, wenn ein Trompeter direkt auf einen zugeschritten kommt. Doch das war ein Einzeleffekt. Zwar machte der Zwang, im Lichtkreis zu bleiben, bewusst, wie unablässig man sonst den Musikern auf die Finger schaut. In der Dunkelheit gewinnt man zudem nur schwer den Überblick, wie viele Musiker gerade aktiv sind. Das wirft die Kunstgenießer nun doch auf ihr Gehör zurück, steigert also die eben noch eingebüßte Aufmerksamkeit.

    4. Kinderkonzert ohne didaktische Bevormundung

    Das Kinderkonzert beim Freispiel auf dem Würzburger Bürgerbräugelände.
    Das Kinderkonzert beim Freispiel auf dem Würzburger Bürgerbräugelände. Foto: Dita Vollmond

    Der Raum ist dunkel, der Flügel nur schemenhaft zu erahnen. Doch dann regt sich was, beim Kinderkonzert des "Orchesters im Treppenhaus" im Keller Z87 auf dem Bürgerbräugelände: Ein Musiker schält sich aus seiner Decke, räkelt sich, entzündet eine Kerze. Es ist der Pianist. Danach kommen die Flötistin und der Cellist.

    "Der Schwan" von Camille Saint-Saëns ist das einzige Stück, das man möglicherweise als "kindgerecht" einstufen würde. Besondere Attraktion: Der Cellist zieht beim Spielen auf einer Art Rollwagen durch den Raum wie der Schwan über den See. Es wird effektvolle aber durchaus anspruchsvolle Musik gespielt, etwa die rasante "Winter-Wind"-Etüde von Chopin. So auratisch wie möglich und ganz ohne didaktische Bevormundung. Die Kinder sind spürbar fasziniert.

    5. Tianwa Yang und Nicholas Rimmer konfrontieren im Weißen Saal Klassik und Moderne

    Die Komponistin dankt der Geigerin und umgekehrt: Isabel Mundry und Tianwa Yang imt Weißen Saal der Würzburger Residenz.
    Die Komponistin dankt der Geigerin und umgekehrt: Isabel Mundry und Tianwa Yang imt Weißen Saal der Würzburger Residenz. Foto: Dimitra Will

    Man muss es selbst erlebt haben, um die Behauptung nachvollziehen zu können, das Hören Neuer und Neuester Musik verändere auch das Erleben klassischer Musik. Reichlich Gelegenheit dazu war beim Konzert mit der Geigerin Tianwa Yang, übrigens Professorin in Würzburg, und dem Pianisten Nicholas Rimmer im Weißen Saal der Residenz. Konsequent wurden Mozart und Beethoven konfrontiert mit Werken von Isabel Mundry (geboren 1963), Sofia Gubaidulina (geboren 1931) und George Antheil (1900-1959).

    Hier die bannenden Reflexionen jenseits tonaler Grenzen von Mundry und Gubaidulina und das satirische Berserkertum von Antheil. Dort die vermeintlich wohlgeordnete Welt der Wiener Klassik. Die sich unter Yangs und Rimmers rasant-pointiertem Zugriff als nicht minder explosiv entpuppte. Ein Abend großartig inszenierter, überwältigend vitaler Konfrontationen.

    Ausblick: Was kommt als nächstes, wo gibt's noch Karten?

    Diese Woche im Aktionslokal "M PopUp" geht noch bis Samstag "Syrischen Tonspuren in Würzburg" nach. Mit Ausstellung, Workshop, Vortrag, Film und einigen Konzerten, etwa am 13. (17 Uhr, Marienkapelle), 15. (17 Uhr, "M PopUp") und 16. Juni (Toscana-Saal, 19.30 Uhr). 

    Wer sich noch näher mit der Musik von Artiste étoile Isabel Mundry beschäftigen möchte, dem seien die Konzerte am 9. und 11. Juni (jeweils 20 Uhr, Kaisersaal) ans Herz gelegt – jedes übrigens mit einer Uraufführung.

    Karten: Tel. (0931) 372336. Die Karten kosten zwischen 5 und 205 Euro. Schüler und Studierende: 50 Prozent Ermäßigung auf reguläre Karten und Last-Minute-Tickets für 12 Euro. Weitere Infos unter www.mozartfest.de

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