Der Flyer, mit dem Ochsenfurter Geschäftsleute gegen ein konsequenteres Fahrverbot am Marktplatz während der Sommerwochenenden protestieren, ist mit den Worten "Den Pollerwahnsinn stoppen" überschrieben. Markige Worte, die auf eine aufgeheizte Stimmung hindeuten. Die herrschte auch bei dem Diskussionsabend, zu dem der Stadtmarketingverein Altstadtbewohner und die Geschäftswelt ins Rathaus geladen hatte.

Eigentlich gilt die Wochenendsperrung schon seit mehr als zehn Jahren, und zwar jeweils von Ostern bis Ende Oktober. Nur hält sich kaum ein Autofahrer oder eine Autofahrerin dran. Deshalb soll nun ein Pfosten in die Straßenmitte. Gleichzeitig hatte der Hauptausschuss des Stadtrats im Januar beschlossen, den Beginn der Sperrung von 14 Uhr auf 11 Uhr vorzuziehen.
Der Stadtmarketingverein unter seinem Vorsitzenden Joachim Beck hatte den Antrag gestellt. Beck vertritt den Standpunkt, dass vor allem die hohe Aufenthaltsqualität Kundinnen, Kunden, Besucherinnen und Besucher in die Altstadt lockt. Und die werde von den Autos gestört. Vermutlich hat Beck nicht damit gerechnet, wie vehement ihm dafür Widerstand entgegenschlägt, zumal – wie er sagt – bei der jüngsten Mitgliederversammlung des Stadtmarketingvereins eingehend über das Thema gesprochen worden sei.
Geschäfte fürchten ausbleibende Kunden und Umsatzeinbußen
Von Umsatzeinbrüchen und gefährdeten Existenzen ist nun die Rede. An den Sommerwochenenden mache das Mitnahme-Geschäft 30 Prozent ihres Umsatzes aus, sagt etwa Konditormeisterin Juliane Krüger. Die Kundschaft würden ausbleiben, wenn sie ihre Torte erst zum Parkplatz am Main tragen müsste. Auch Apothekerin Beatrice Guttenberger zeichnet ein bedrohliches Szenario. Während ihrer Wochenendnotdienste würden kaum noch Kunden in ihre Apotheke kommen. Das sei heute schon spürbar, wenn die Stadt wegen einer Veranstaltung gesperrt sei. Aber auch Befürworter der Sperrung sind zu vernehmen. "Wir freuen uns, endlich ist mal Ruhe", meint eine Anwohnerin. An diesem Abend machen aber vor allem die Gegner der Sperrung ihrem Ärger Luft.

Den Ärger kann auch das Kompromissangebot von Bürgermeister Peter Juks nicht beschwichtigen. Vorbehaltlich der Zustimmung des Stadtrats schlägt Juks vor, den Pfosten erst um 13 Uhr zu montieren, wenn ohnehin die meisten Geschäfte schließen. Nach der ersten Saison soll die Maßnahme gemeinsam mit den Geschäftsleuten, Anwohnerinnen und Anwohnern bewertet werden, um im kommenden Jahr gegebenenfalls Veränderungen vorzunehmen.

Die "Musik an der Furt", deren Beginn zunächst von 10.30 Uhr auf 11.15 Uhr verschoben wurde, würde Juks gern in den frühen Nachmittag auf 14 Uhr verlegen. Doch in der weiteren Diskussion spielte die sehr beliebte Veranstaltungsreihe keine Rolle mehr.
Zufahrt zum Marktplatz soll weiterhin möglich sein.
Über die Mangstraße und die Kolpingstraße soll die Zufahrt weiterhin möglich sein. Lediglich den Hauptstrom durch die Hauptstraße wolle man unterbinden. "Mit der Sperre können wir 70 Prozent der Durchfahrt verhindern", ist Juks überzeugt. Für Anwohnerinnen, Anwohnern und Hotelgäste bleibe die Innenstadt ebenso erreichbar wie für Feuerwehr und Rettungsdienst, die den Pfosten einfach entfernen können.
Das wiederum würde das Problem nur in die Gassen verlagern, meint eine Diskutantin - unter anderem deshalb, weil der Verkehr in der oberen Hauptstraße dann über die Sterngasse und den Zwinger abfließen müsste. Klaus Börschinger vom Bistro Öchsle sieht die Gefahr, dass dann in der oberen Hauptstraße umso mehr geparkt wird. Schon jetzt spricht Börschinger von einer "Zwei-Klassen-Stadt", weil die Besucherfrequenz am Marktplatz schon heute deutlich höher sei als in der östlichen Altstadt.
Apothekerin kritisiert den einseitigen Blick auf die Touristinnen und Touristen.
Dass die Entscheidung mehr auf "einem Bauchgefühl" beruhe als auf harten Fakten, kritisiert Apothekerin Guttenberger ebenso wie den aus ihrer Sicht einseitigen Blick auf Besucherinnen, Besucher, Touristinnen und Touristen. "Von den Touristen hab ich gar nichts", so die Pharmazeutin. Und – wie ein anderer Besucher meint: "Eine volle Stadt bedeutet noch lange nicht, dass auch die Läden voll sind."

Bürgermeister Juks widerspricht: "Die Entscheidung wurde nicht aus dem Bauch heraus getroffen", sagt er. Und erneut ein Verkehrsgutachten anfertigen zu lassen, davon hält der Bürgermeister wenig. Derer gebe es schon genügend. Deshalb sei es jetzt an der Zeit für einen Versuch und eine anschließende Bewertung.
Eine der wenigen Stimmen, die sich an diesem Abend positiv zu Juks' Plänen äußern, gehört Gunnar Olsen, Anwohner in der Redersgasse. "Wir leben in einer Welt, die Veränderungen braucht", meint er, "aber wenn ich mir das so anhöre, wollen Sie, dass alles so bleibt, wie es war." Erst in den Gesprächen nach der Veranstaltung wird deutlich, dass auch andere Besucherinnen und Besucher den Protest gegen die Sperrung nicht teilen. "Ich verstehe nicht, wo das Problem liegt", meint einer von ihnen gegenüber der Redaktion.