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WÜRZBURG: Neues Baugebiet mit vielen Problemen

WÜRZBURG

Neues Baugebiet mit vielen Problemen

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    Über den Dächern von Würzburg soll ein neues Baugebiet entstehen. Links von den Sparziergängern ist der Waldfriedhof.
    Über den Dächern von Würzburg soll ein neues Baugebiet entstehen. Links von den Sparziergängern ist der Waldfriedhof. Foto: Foto: Theresa Müller

    Ein Baugebiet für 30 bis 45 Einzel- und Doppelhäuser soll am Waldfriedhof entstehen. Doch die Erweiterung des Wohngebietes „An den drei Pappeln“ in Richtung Autobahn birgt Zündstoff.

    Dieses Wohngebiet auf dem Berg über dem Steinbachtal wurde in den 90er Jahren von der Stadt auf dem Gelände des ehemaligen Tenniscenters entwickelt. Einfach zu vermarkten waren die Grundstücke aber nicht: Erst als die Stadt sie verkleinerte und mit dem Quadratmeterpreis nach unten ging, wurde man sie los. 26 Grundstücke wurden ab 2000 nach und nach bebaut.

    Stadt glaubt an große Nachfrage

    Heute glaubt das Rathaus, dass die Nachfrage größer ist. „Für den nun geplanten Ergänzungsabschnitt gehen wir im Gegensatz zu den damaligen Erfahrungen von bedingungsunabhängigem und sofortigem hohem Bewerberdruck aus“, erklärt der städtische Sprecher Christian Weiß.

    Rund ein Viertel der vier Hektar großen Fläche gehört bereits der Stadt, den Rest besitzen rund zehn private Eigentümer. Mit diesen führt die Stadt gerade Verhandlungen. Sind diese erfolgreich, ist eine Erschließungsträgerschaft geplant, in der private Partner beteiligt sind. Diese Gesellschaft soll die Flächen kaufen, vermarkten und erschließen.

    „Die Stadt plant, Grundstücke zum Preis von Bauerwartungsland zu erwerben, das Planungs- und Realisierungsrisiko zu übernehmen und die Eigentümer dann gegebenenfalls mit einer Nachzahlung am Planungserfolg zu beteiligen“, erklärt Rathaussprecher Christian Weiß das Vorgehen. Der Vorteil für die Stadt: Sie kann lange Brache vermeiden, indem sie Käufer zu zeitnahen Bauen verpflichtet.

    Für Miethaner-Vent ist das Baugebiet eine „Schnapsidee“

    Das heißt, das finanzielle Risiko trägt die Stadt – wenn das Baugebiet nicht kommt, hat sie Grundstücke zu Bauerwartungslandpreisen gekauft, die Äcker und Wiesen blieben. „Angesichts der absehbaren Probleme ist dieses Vorgehen unverantwortlich“, erklärt Grünen-Stadträtin Miethaner-Vent. Das neue Baugebiet auf der Höhe sei „eine Schnapsidee.“

    Ein Problem ist möglicherweise die nahe Autobahn. Denn für neue Wohngebiete gelten Grenzwerte beim Lärmschutz. Außerdem liegt die Fläche im erweiterten Wasserschutzgebiet, in diesem darf nur unter bestimmten Auflagen gebaut werden.

    Am meisten Zündstoff ergibt sich allerdings aus der Frage, inwieweit die Bebauung der Wiesen- und Ackerflächen mit den umweltpolitischen Zielen der Stadt vereinbar ist. So liegt das mögliche Bauland in einer Frischluftschneise. Laut städtischem Klimaatlas sollen solche Gebiete nicht bebaut werden, da sie für die Zufuhr von kalter und frischer Luft in den Talkessel wichtig sind. Dass dieser zukünftig heißer wird, ist eine Folge des Klimawandels.

    Frische Luft für den Talkessel

    Auch das erklärte Ziel der Stadtentwicklung, auf die Versiegelung ökologisch wertvoller Grünflächen am Stadtrand zu verzichten und stattdessen die Innenstadt zu verdichten, steht nicht im Einklang mit der geplanten Bebauung am Rand des Stadtwalds. Die Höhe im Außenbereich gilt als wertvoller Naturraum mit mehreren Biotopen, die zwar erhalten werden sollen, deren ökologischer Wert durch ihre Zerstückelung aber abnehmen würden.

    Kritik am geplanten „Flächenfraß am Waldrand“ üben deshalb der Bund Naturschutz und die Fraktion der Grünen. Diese stimmte zusammen mit anderen Stadträten 2015 gegen die Aufstellung des Baugebiets. Oberbürgermeister Christian Schuchardt und die Mehrheit meinte aber, die Stadt müsse wachsen.

    Ein weiterer Knackpunkt am Waldfriedhof ist das Abwasser. So musste für die bereits vorhandenen 26 Häuser an den „Drei Pappeln“ der Kanal ins Steinbachtal für 1,25 Millionen Euro nachträglich vergrößert werden. Kann dieser Kanal für die Erweiterung des Baugebiets genutzt werden?

    Fragen gibt es auch bei der verkehrlichen Erschließung: Soll dafür der kurvige und steile Waldkugelweg vom Steinbachtal aus ausgebaut werden? Oder soll die Verbindung weit außenrum über die Lehmgrube erfolgen? Eine ÖPNV-Anbindung ist schwierig.

    Laut Stadtsprecher Weiß sollen alle diese Fragen erst im Rahmen des Umweltberichts geklärt werden – wenn die Grundstücksverhandlungen abgeschlossen sind.

    Bürgerverein: wirtschaftlich fahrlässiges Vorgehen der Stadt

    Dieses Vorgehen beunruhigt die Anlieger. Der Bürgerverein „Waldkugelweg-Dallenberg“ fordert, dass die ökologischen und ökonomischen Folgen des Baugebietes jetzt erörtert werden – am besten umgehend in einer Bürgerwerkstatt.

    Vorsitzender Werner Hanke kritisiert, dass die Stadt mit dem Ankauf der Grundstücke „Fakten schafft“. Es bestehe die Gefahr, dass das neue Baugebiet dann auf jeden Fall durchgezogen werden müsse – egal, ob alle Probleme zufriedenstellend gelöst werden oder nicht.

    Das Vorgehen erst zu kaufen, dann abzuwägen nennt Hanke „risikobehaftet, spekulativ und wirtschaftlich fahrlässig“. Er erinnert an die Versuche der Stadt das Steinbachtaler Wohngebiet Roßberg-Müllerrain zu erweitern – was 2008 nach jahrelangem Hick-Hack gescheitert ist, weil letztendlich die Erschließung zu teuer und die Naturzerstörung zu groß war.

    Transparente und bürgerfreundliche Verwaltung?

    Der Bürgerverein versucht seit Monaten bei der Stadt Gehör zu finden. Laut Rathaussprecher Weiß soll er aber auch erst dann in die Planung eingebunden werden, wenn die Stadt die nötigen Grundstücke erworben hat und Bauleitplanverfahren weiter verfolgt wird. „Eine bürgerfreundliche und transparente Verwaltung agiert anders“, findet Hanke.

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