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Thüngersheim: Rodungen: Warum wurde die Öffentlichkeit nicht beteiligt?

Thüngersheim

Rodungen: Warum wurde die Öffentlichkeit nicht beteiligt?

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    Laut Angaben der Firma Benkert wurden 5,7 Hektar für die Erweiterung des Steinbruchs in Thüngersheim gerodet. Erstmals. Weitere Waldflächen sollen folgen. 
    Laut Angaben der Firma Benkert wurden 5,7 Hektar für die Erweiterung des Steinbruchs in Thüngersheim gerodet. Erstmals. Weitere Waldflächen sollen folgen.  Foto: Herbert Ehehalt

    Eine Waldfläche von 5,7 Hektar, das entspricht einer Größe von acht Fußballfeldern,hat die Baustoff-Firma Benkert für die Erweiterung ihres Steinbruchs in Thüngersheim bereits roden lassen. Das reicht dem Unternehmen erst einmal für ein paar Jahre. Irgendwann kommen noch einmal vier Hektar Abbaufläche dazu. Geplant ist, dass in den nächsten Jahrzehnten in Thüngersheim bis zu 30 Hektar gerodet werden, um im Vorranggebiet für unteren Muschelkalk Kalksteine zu gewinnen. 

    In den Haßbergen spielt ein Steinbruchbetreiber mit offenen Karten

    Das Unternehmen hat dafür 2009 eine Genehmigung erhalten, die jeweils in den Jahren 2012 und 2015 vom Landratsamt Würzburg ohne Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde verlängert wurde. Auffällig ist dabei, dass die Firma Benkert zunächst vor hatte, im ersten Abbauabschnitt elf Hektar zu roden. Dann aber mit Schreiben vom 23. Januar 2009 die Fläche auf 9,8 Hektar reduzierte, um eine Umweltverträglichkeitsprüfung und damit eine zwingende Beteiligung der Öffentlichkeit am Genehmigungsverfahren zu vermeiden. Diese ist nämlich erst ab 10 Hektar nötig. Das Landratsamt spielte mit. Kritisiert wird diese "Salamitaktik" von der Kreisgruppe Würzburg im Bund Naturschutz. 

    Die Hartsteinwerke wollen mit offenen Karten spielen.

    Edwin Oppelt, Sachbearbeiter am Landratsamt Haßfurt

    Dass es aber auch anders gehen kann, zeigt ein Beispiel aus den Haßbergen. Hier wollen die Hartsteinwerke Bayern-Mitteldeutschland den Abbaubereich des Steinbruchbetriebs Zeilberg um acht Hektar erweitern. Damit verbunden ist eine Rodung von 3,4 Hektar Wald. Das zuständige Landratsamt in Haßfurt führt hier eine Umweltverträglichkeitsprüfung durch. "Wir haben das Gesamtprojekt betrachtet", sagt Sachbearbeiter Edwin Oppelt. "Und der Steinbruchbetreiber, die Hartsteinwerke" wollte auch mit offenen Karten spielen."  

    Grafik Erweiterung Steinbruch Thüngersheim
    Grafik Erweiterung Steinbruch Thüngersheim Foto: Jutta Glöckner

    Dass es bei der Erweiterung des Steinbruchbetriebs Zeilberg in Maroldsweisach zu einer Umweltverträglichkeisprüfung kommt, hat vor allem auch damit zu tun, dass im näheren Umgriff der Abbaufläche ein Landschaftsschutzgebiet, nach europäischen Recht geschützte Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiete, Biotope und eine Trinkwasserschutzgebietszone liegen. Ähnlich ist es in Thüngersheim. Neben zwei FFH-Gebieten und einem Biotop grenzt sogar ein Naturschutzgebiet an den Steinbruch an. Das Landratsamt Würzburg hat aber auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet und beruft sich dabei auf Paragraph 16, Absatz 2 des Bundesimmissionsschutzgesetz. In dieser Soll-Vorschrift "wird der Behörde nur eingeschränktes Ermessen eingeräumt" und "dem Antrag des Betreibers darf also nur in Ausnahmefällen nicht entsprochen werden", teilt das Landratsamt Würzburg dazu mit.

    Etwa 200 Demonstranten haben am 20. Oktober in Thüngersheim gegen die Rodungen für die Erweiterung des Steinbruchs demonstriert. 
    Etwa 200 Demonstranten haben am 20. Oktober in Thüngersheim gegen die Rodungen für die Erweiterung des Steinbruchs demonstriert.  Foto: Daniel Peter

    Dazu gehört aber auch die Voraussetzung, dass durch das Vorhaben keine "erheblichen nachteiligen Auswirkungen" auf Menschen, Tiere und Pflanzen zu befürchten sind. Dazu äußert sich das Landratsamt Würzburg aber nicht. Wie auch? Die untere Naturschutzbehörde wurde im Genehmigungsverfahren nur einmal beteiligt, nämlich im Jahr 2009. Der Fachabteilung des Landratsamtes lag damals eine artenschutzrechtliche Prüfung aus dem Jahr 2008 vor, die aus Sicht des Bund Naturschutzes aber nicht aussagekräftig ist. "Weil sich die Gutachterin auf Aussagen Dritter verlassen hat und überhaupt gar nicht vor Ort war", sagt Steffen Jodl, Geschäftsführer der Kreisgruppe Würzburg im Bund Naturschutz. 

    Naturschutzbehörde war erst vor Ort, als bereits ein Großteil der Fläche gerodet war

    Wer im Genehmigungsverfahren angehört werde, entscheide die Fachabteilung in eigener Verantwortung, so die Pressestelle des Landratsamtes in Würzburg. Eine gesetzliche Vorschrift gebe es nicht. So habe man entschieden, dass die untere Naturschutzbehörde für die Entscheidung über eine jeweilige Verlängerung der Genehmigung nicht benötigt werde. 

    Steinbruch Thüngersheim
    Steinbruch Thüngersheim Foto: Main-Post-Grafik

    Mittlerweile ist die untere Naturschutzbehörde aber wieder beteiligt. Denn es geht nach wie vor um die Frage, ob die Firma Benkert für die Rodungen in Thüngersheim eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 45 Bundesnaturschutzgesetz benötigt.  Eine Antwort darauf kann das Landratsamt aber immer noch nicht geben, obwohl die Behörde dies bereits seit mehreren Wochen prüft. Aktuell lautet die Auskunft: "Derzeit werden die durch die untere Naturschutzbehörde bei einer Begehung vor Ort gewonnenen Erkenntnisse mit der Regierung von Unterfranken abgestimmt. Eine seit Genehmigungserteilung geänderte Rechtsprechung sowie die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort erfordern dabei eine gründliche und fachlich fundierte Prüfung, die zügig abgeschlossen werden soll." Die Mitarbeiter des Landratsamtes waren am 23. Oktober vor Ort. Zu diesem Zeitpunkt war ein Großteil bereits gerodet. 

    Landrat Nuß steht Rede und Antwort

    Die Unzufriedenheit über die Rodungen in Thüngersheim ist groß. In Thüngersheim haben rund 180 Demonstranten ihren Unmut auf die Straße getragen. Das Aktionsbündnis "Keinhamehr" fordert unter anderem,dass die Öffentlichkeit den Genehmigungsvorgang nachvollziehen kann.Landrat Eberhard Nuß kommt dem nun entgegen und will Ende dieser Woche im Würzburger Landratsamt Rede und Antwort stehen. 

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