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WÜRZBURG: „Sorry“ vom Schönheitschirurgen

WÜRZBURG

„Sorry“ vom Schönheitschirurgen

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    Ein Würzburger Schönheitschirurg (links) ist wegen mehrfachen Betrugs angeklagt.
    Ein Würzburger Schönheitschirurg (links) ist wegen mehrfachen Betrugs angeklagt. Foto: Foto: Manfred Schweidler

    Der Prozess um den mutmaßlichen Millionenbetrug eines Schönheitschirurgen am Landgericht Würzburg erfreut sich weiter hoher Aufmerksamkeit. Manche Zuschauer hoffen voller Schadenfreude, wohlhabende Mitbürger im Zeugenstand zu sehen. Andere schütteln den Kopf über die naive Gutgläubigkeit, mit der manche „Freunde“ und Fremde dem Doktor ohne Sicherheiten hohe Beträge gaben.

    Die Staatsanwaltschaft wirft dem Chirurgen und passionierten Partylöwen 19 Fälle des Betruges, zwei Versuche, Urkundenfälschung und Insolvenzverschleppung vor. Vier Millionen Euro soll er sich laut Anklage erschlichen haben. Selbst in Ermittlerkreisen geht man von einer tatsächlichen Verschuldung von etwa zwanzig Millionen aus. Viele Gläubiger hätten aber gute Gründe, ihre Forderungen nicht öffentlich zu machen.

    Die Reaktionen der Geprellten sind unterschiedlich

    Im Zeugenstand sind an drei Verhandlungstagen gut ein Dutzend Geschäftsleute, Zahnärzte und ein Anwalt erschienen, die vier- bis sechsstellige Beträge nicht zurück bekamen. Manche nehmen es lässig. Einer sagt dem Angeklagten ins Gesicht, dass er ihn für das gebrochene Vertrauen verabscheue. Ein anderer knurrt drohend: „Das Geld hole ich mir von dem schon wieder.“ Wie das funktionieren soll, bleibt ungesagt. Doch es erinnert an einen Vorfall vom Oktober 2016 am Haus des Arztes im Steinbachtal. Damals wurde die Polizei gerufen: Boden, Hauswand und Fußmatte vor der Haustüre waren mit Blut beschmiert. Ein dummer Scherz oder Gläubiger, die Druck machten, um an Geld zu kommen?

    Von Besuchen zweier einheimischer Rotlicht-Größen in der Praxis sowie von Botenfahrten eines Praxismitarbeiters samt Geldpaket ins Milieu nach Stuttgart und Frankfurt erzählen Ex-Angestellte des Doktors. Bei Nachfrage zucken Ermittler hilflos mit den Schultern: „In den Kreisen beantwortet doch keiner unsere Fragen.“

    Ein Insider weiß aber: Zumindest einer einheimischen Rotlicht-Größe – die keinen Gerichtsvollzieher brauche, um geliehenes Geld zurück zu bekommen – sei der Doktor nichts schuldig geblieben.

    Im Zuschauerraum verfolgen auch namhafte Würzburger, die als wohlhabend gelten, aufmerksam jeden Prozesstag. Zumindest einer gesteht (unter der Zusicherung, nicht namentlich genannt zu werden): Auch er habe Geld gegeben – könne es aber verschmerzen, die Summe nicht zurück zu bekommen.

    Ein Treuhänder aus Liechtenstein soll per Video vernommen werden

    Das kann der Treuhänder aus Liechtenstein wohl nicht sagen, dessen Auftritt am 3. November als Höhepunkt des Prozesses gilt. Der Angeklagte und er posierten einst für eine Stiftung zur Förderung junger Musiker gemeinsam vor Fotografen. Nun ist er mit Abstand größter Gläubiger: Als er 3,5 Millionen nicht wiedersah, brachte seine Strafanzeige die Ermittlungen ins Rollen. Aber nun will er nicht nach Würzburg kommen, sondern als Zeuge von zuhause aus per Videokamera vernommen werden.

    Ähnliches schwebt den Verteidigern Bernhard Löwenberg und Norman Jacob junior mit weiteren Zeugen vor, deren Vernehmung sie jetzt in Beweisanträgen forderten: Ein Senator aus Thailand und der Generalkonsul des Landes. Die sollen bezeugen, dass der Arzt keine gefälschten Kontoauszüge vorzeigte, um Geldgeber zum „Pumpen“ zu überreden.

    Knappe Entschuldigung vom Angeklagten

    Dem Angeklagten selbst kommt erstmals eine kurze Entschuldigung über die Lippen – nachdem er sich in einer Schilderung des Lebenslaufes selbst gelobt hat. „Ich war der festen Überzeugung, das zu schaffen,“ betont er. Stets waren Behandlungen „weltweit erstmalig“ und „bahnbrechend“. Der Schönheitschirurg beharrt darauf: Er habe mit (bereits ausgemachten) exklusiven Behandlungen reicher Chinesen die begründete Aussicht auf Honorare von fünf Millionen Euro gehabt. „Stellt sich mir die Frage, warum die Einnahmen dann nicht gekommen sind?“ erwidert der Vorsitzende Richter Reinhold Emmert trocken – und bekommt darauf keine Antwort.

    Der Prozess wird am 3. November fortgesetzt.

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