Das Wintersemester an den Hochschulen ist angelaufen– und groß ist das Gedränge nicht nur in Hörsälen: Studierende suchen teilweise noch verzweifelt ein Zimmer, der Wohnungsmarkt in den Uni-Städten ist überhitzt, so auch in Würzburg und Bamberg. Hier warten derzeit 750 bzw. 250 Studierende auf einen Platz in einem Wohnheim des Studentenwerks, in Schweinfurt zählt die Warteliste 137, in Aschaffenburg noch 42 Namen.
Jeder zehnte Studierende hat einen Platz im Wohnheim
Sie alle brauchen ein bis drei Semester Geduld, ehe ein Platz frei wird. Zimmer in den Wohnheimen sind begehrt, weil mit Mieten von 200 bis 350 Euro inklusive Nebenkosten relativ günstig – wobei BAföG-Empfänger nur eine Wohnraumpauschale von 250 Euro bekommen. Jeder zehnte Studierende lebt in einem Wohnheim.
Der Freistaat fördert den Bau und die Sanierung von Studentenwohnheimen, zwischen 2007 und 2016 wurden laut Ministerium 270 Millionen Euro für gut 9000 Plätze ausgegeben. Zu wenig, klagen die Studentenwerke. Sie hatten Ende September mit einem deutschlandweiten Aktionstag Druck auf die Politik gemacht, den Wohnheimbau stärker zu fördern. Dabei werden aktuell, so bestätigt es der bisherige Würzburger Landtagsabgeordnete und Hochschulpolitiker Oliver Jörg (CSU), die bereit stehenden Mittel im Bauministerium gar nicht zur Gänze abgerufen.
Studentenwerk: Geschäftsführer sieht leichte Entspannung in letzten Jahren
Trotzdem fordert das Deutsche Studentenwerk bundesweit 1,45 Milliarden Euro an zusätzlichen Mitteln. Allein zwei Milliarden müssten in den Bau von 25.000 Wohnheimplätzen investiert werden.
Aber wird nur gefordert oder vor Ort auch gehandelt? In Würzburg hat sich das Studentenwerk zuletzt mit Neubauten zurückgehalten. Die Lage habe sich in den vergangenen Jahren etwas entspannt, findet Michael Ullrich, Geschäftsführer des Studentenwerks, das auch für die Standorte Schweinfurt, Bamberg und Aschaffenburg zuständig ist.
Umdenken in Würzburg? Wohnheimnachfrage steigt wieder
Nun allerdings zeichnet sich für Würzburg ein Umdenken ab. Die Notwendigkeit, mehr Wohnheimplätze zu schaffen, bestreitet der Geschäftsführer – anders als noch vor wenigen Jahren – aktuell nicht mehr. Wegen der hohen und weiter anziehenden Mietpreise auf dem privaten Wohnungsmarkt und einer stärkeren Internationalisierung der Hochschulen steige die Nachfrage nach geförderten und damit günstigeren Wohnheimplätzen wieder.
Das betrifft auch Schweinfurt: Hier will das Studentenwerk in Zusammenarbeit mit der Stadt schnellstmöglich ein Gebäude herrichten, in dem Asylbewerber untergebracht waren und das jetzt leer steht.
Studierendenvertretung klagt über Wohnungsnot
Über eine angeblich eingetretene Linderung am Würzburger Wohnungsmarkt können sich Studierende selbst nur wundern. Die Studierendenvertretung weiß um die Wohnungsknappheit: Nicht selten würden sich Studenten, die keinen Platz im Wohnheim ergattern, zur Überbrückung in Hostels oder via Airbnb einmieten. Manche nähmen lange tägliche Pendelstrecken auf sich. Selbst im Umkreis von 30 Kilometern sei es schwierig, ein Zimmer zu finden.

Studentenwerkschef Ullrich dagegen verweist auf neu entstandene Kapazitäten – zum einen durch eigene Bauten wie das 2016 eröffnete Wohnheim in der Landsteiner Straße am Würzburger Campus Nord oder durch private Investoren. So wurde erst vor wenigen Tagen ein privates Wohnheim mit 189 Plätzen – staatlich gefördert – am Hubland eröffnet, über 500 Apartments entstanden in der Nähe des Hauptbahnhofs. Verlässt man sich also in Würzburg auf Privatinvestoren?
Studentenwerk plant weiteren Neubau in Würzburg
Immerhin: Ein weiteres Wohnheim mit 200 Plätzen auf dem Campus Nord plant das Studentenwerk selbst. Es wurde bei der Obersten Baubehörde zur Förderung angemeldet, hat sich aber verzögert. Bis Ende des Wintersemesters soll nun ein Architektenwettbewerb dazu stattfinden. Außerdem soll ein bestehendes Wohnheim um rund 150 Plätze erweitert werden – wenn man das Grundstück von der Stadt erwerben kann.
Ullrich hatte noch vor wenigen Jahren einen Bedarf an weiteren Wohnheimplätzen in Würzburg bezweifelt, „wir wollten unsere Kapazitäten erst einmal auf die anderen von uns betreuten Hochschulstädte konzentrieren“, bestätigt er auf Anfrage der Redaktion. So wurden zwei Wohnheime in Aschaffenburg und jeweils eines in Bamberg und Schweinfurt gebaut.
Bestand an Wohnheimplätzen ist gewachsen
46 Millionen Euro hat das Studentenwerk nach eigenen Angaben in den letzten fünf Jahren für neue Wohnheime ausgegeben, vom Freistaat gab's dafür 17,5 Millionen Euro an Förderung. Damit ist der Wohnheimbestand des Studentenwerks auf 4122 Plätze an den vier Standorten gestiegen, die meisten davon in Würzburg (2706).
Auch private Investoren können in den staatlichen Fördertopf greifen, wenn sie bestimmte Kriterien einhalten: So darf die monatliche Kaltmiete nicht höher sein als 214,50 Euro für ein möbliertes Zimmer. Ein Architektenwettbewerb ist bei mehr als 60 Wohnheimplätzen vorgeschrieben.
Oberbürgermeister: „Würzburger Wohnungsmarkt ist angespannt“
Dass das Studentenwerk mit seinem Geschäftsführer in der Vergangenheit keinen weiteren Wohnheimbedarf für Würzburg gesehen hat, sorgte nach Informationen dieser Redaktion im Koordinierungsausschuss von Stadt und Hochschulen für Kopfschütteln. Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt hält den Würzburger Wohnungsmarkt für „angespannt“. Das Studentenwerk werde deshalb nur schwer Grundstücke für neue Studentenwohnungen finden.
An Aktivität und Wachsamkeit seitens der Verantwortlichen fehle es allerdings nicht, „Wohnraum schießt in Würzburg nun mal nicht aus dem Boden.“ Der OB hofft auf weitere Neubauten auf dem Unigelände durch das Studentenwerk. Am Geld dürften sie eigentlich nicht scheitern: Vor einigen Jahren waren die Rückstellungen der Studentenwerke so hoch, dass sich sogar der Bayerische Oberste Rechnungshof damit beschäftigte.
Kritik aus dem Hochschulausschuss: Entwicklungen verschlafen?
Im Landtag haben zuletzt die Freien Wähler auf die studentische Wohnungsnot aufmerksam gemacht. Ihr hochschulpolitischer Sprecher und Vorsitzender des Hochschulausschusses Michael Piazolo sieht im Gespräch mit dieser Redaktion einen erheblichen Nachholbedarf, die Studentenwerke hätten „ein paar Entwicklungen verschlafen“.
Es bedürfe gemeinsamer Anstrengungen zusammen mit Kommunen und Hochschulen. Möglicherweise kann Piazolo hier bald selbst unterstützen: Er wird im neuen Kabinett als Kandidat für das Wissenschaftsministerium gehandelt.