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WÜRZBURG: Würzburger Spitzel bringt sechs LKA Beamte vor Gericht

WÜRZBURG

Würzburger Spitzel bringt sechs LKA Beamte vor Gericht

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    Sonst bringen Beamte des bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) Verbrecher vor Gericht. Ab 7. November müssen sechs Ermittler selbst auf die Anklagebank. Sie sollen sich am Landgericht Nürnberg an 30 Verhandlungstagen bis zum März 2018 für eine (möglicherweise zu weit gehende) Zusammenarbeit mit einem Spitzel vor Gericht verantworten.

    Suspendiert

    Zeugenaussagen und beschlagnahmte Dateien auf einem Rechner nähren den Verdacht, dass der V-Mann seinen Kontaktbeamten außer Kontrolle geriet - obwohl sie ihn wiederholt darauf hingewiesen haben wollen, dass er in Diensten des Freistaates keine Straftaten begehen darf.

    Was wurde im Zeugenstand gesagt?

    Über dem Würzburger Verfahren schwebte der Verdacht der Mauschelei. Beobachter des LKA verfolgten den Prozess im Zuschauerraum und gaben ihre Eindrücke weiter. Die Kontaktbeamten des V-Mannes sowie ihre Vorgesetzten hatten bei ihren Zeugenaussagen in Würzburg teilweise keine glückliche Figur abgegeben. Sie wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen, hatten nur eine begrenzte Aussagegenehmigung und schwiegen weitgehend. Und selbst über das, was sie zur Rolle des Spitzels sagten, gibt es heute keine gesicherten Erkenntnisse.

    Weil die Aussagen nicht wörtlich protokolliert wurden, muss sich das Nürnberger Gericht jetzt auf Erinnerungen und persönliche Notizen von Anklage und Verteidigung stützen. Die weichen naturgemäß weit voneinander ab.

    Veränderte Akten

    Bei den Ermittlungen der Nürnberger Kripo gegen die eigenen Kollegen vom LKA wurden Indizien zutage gefördert, die darauf hinweisen, dass Akten im Nachhinein verändert worden sein könnten, um das eigene Mitwissen zu verschleiern.

    Alle sechs Beamten sind vom Dienst suspendiert. Mit Beschluss vom 10. Oktober hat die 13. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth das Hauptverfahren gegen alle sechs Angeklagten eröffnet und die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen. Dies gab das Gericht am Montag in einer Pressemitteilung bekannt.

    Geduldet und gefördert?

     Die Vorwürfe hatte der Drogenhändler Mario W. in zwei Prozessen in Würzburg erhoben, der als Spitzel für das LKA tätig war . Seinen Worten zufolge haben die Beamten seine Straftaten geduldet oder sogar gefördert, um ihn glaubwürdig im Milieu krimineller Rocker agieren zu lassen.

    Laut Anita Traud, Pressesprecherin der Nürnberger Staatsanwaltschaft, wird zwei Beamten die Beteiligung am Diebstahl von Baggern in Dänemark durch den V-Mann und die Rocker vorgeworfen, einem Beamten uneidliche Falschaussage und einem anderen Betrug und uneidliche Falschaussage in drei Fällen.

    Tacho zurück gedreht?

    Vier Beamten wird zur Last gelegt, von der Beteiligung des V-Mannes an dem Baggerdiebstahl gewusst zu haben. Der kurioseste Anklagepunkt: Ein Polizist soll zugestimmt haben, als an einem für den Spitzel geleasten Fahrzeug der Tacho zurückgedreht wurde. Dadurch sollte vertuscht werden, dass der Spitzel weit mehr Kilometer mit dem Auto fuhr, als vertraglich vereinbart war. Dies hätte Kosten von 4000 Euro verursacht. Hier besteht der Tatverdacht des Betruges.

    Dilemma der V-Mann-Einsätze

    In den Zeugenstand müssen wohl auch zahlreiche Juristen und Strafverfolger aus Würzburg sowie die Verteidiger des V-Mannes, die hier mit dem V-Mann-Prozess zu tun hatten. Drogenhändler Mario W. war 2013 zu knapp sieben Jahren Haft verurteilt worden, 2016 erhielt er in einem Fall erneut eine Haftstrafe. Da zeigte sich das Dilemma vieler V-Mann-Einsätze: Er sollte Kriminelle ausspionieren, aber selbst keine Straftaten begehen.

    Doch im Rocker-Milieu traue keiner dem anderen, wenn der sich nicht an Straftaten beteilige, sagte W., der laut LKA ein erfolgreicher V-Mann war. Er hatte beispielsweise seiner in Kitzingen lebenden Tochter Rauschgift aus Tschechien besorgt, damit die ihren Lebensunterhalt davon bestreiten konnte.

    Interne Ermittlungen

    Zunächst hatte ihm kaum jemand geglaubt, als er Ermittler als Mitwisser oder gar Komplizen von Drogenschmuggel oder Bagger-Diebstahl bezeichnete. Doch seit 2014 nähren interne Ermittlungen der Nürnberger Kripo immer stärker den Verdacht, dass im LKA nach der Enttarnung des V-Mannes versucht worden war, die eigene Rolle durch Aktenmanipulation zu verschleiern. Als der Landtag dazu nachfragte, erhielt er einen so lückenhaften Bericht, dass dies für Empörung sorgte.

    Beamte beteuern ihre Unschuld

    Unter Verdacht stehen zwei Betreuer des Spitzels sowie vier weitere erfahrene Beamte – darunter zwei Mitarbeiter der Führungsebene. Alle beteuern, sich bei dem Einsatz nicht strafbar gemacht zu haben. Einer leitete die neuen Ermittlungen zum Wies'n-Attentat in München. Diese Position musste er im Dezember 2016 abgeben, als seine Rolle im V-Mann-Fall bekannt wurde.

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