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Fußball: Warum in Ebern Fußballer aus der ganzen Welt trainieren

Fußball

Warum in Ebern Fußballer aus der ganzen Welt trainieren

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    Noch ist bestenfalls zu erahnen, was sich hier demnächst abspielen soll. Thomas Kastler (rechts) ist dabei, auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne in Ebern eine internationale Fußball-Akademie einzurichten. Bauunternehmer Christian Schmitt (links) bereitet derzeit den Boden für einen neuen Fußballplatz.
    Noch ist bestenfalls zu erahnen, was sich hier demnächst abspielen soll. Thomas Kastler (rechts) ist dabei, auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne in Ebern eine internationale Fußball-Akademie einzurichten. Bauunternehmer Christian Schmitt (links) bereitet derzeit den Boden für einen neuen Fußballplatz. Foto: Matthias Lewin

    "Hier wird etwas Großes passieren." Aus Thomas Kastler spricht totale Überzeugung, wenn er von seinem Projekt in Ebern spricht. Der ehemalige Drittliga-Kicker bei Südwest Ludwigshafen ist dabei, im Landkreis Haßberge eine internationale Fußball-Akademie aus dem Boden zu stampfen, die sich "IFA" (Germany International Football Academy) nennt. In der sollen junge Fußballer aus der ganzen Welt fit gemacht werden für den Profi-Fußball. Dass dafür ausgerechnet das ehemalige Kasernengelände in Ebern herhält, ist auch einem Zufall geschuldet. 

    Kastler hat nach eigenen Worten eine Menge Erfahrung im Sportmanagement, hat eine eigene Fußballschule auf Teneriffa, war zudem als Sportdirektor in Bahrain und vor allem Gibraltar tätig und hat mit dem dortigen Erstligaklub Europa FC Gibraltar sogar mal die Qualifikation zur Champions League erreicht. Später wechselte er ins Management der dortigen Nationalmannschaft, um für den nationalen Fußballverband Gibraltars ein Scoutingsystem aufzubauen. Gezielt gesucht wurden damals abenteuerlustige englische oder schottische Profis. Die dabei geknüpften Kontakte helfen dem gebürtigen Mannheimer nun bei seiner neuen Mission in Unterfranken.

    Jungprofis im Blick

    In Ebern werden allerdings keine Jugendfußballer interniert, sondern Spieler zwischen 18 und 21 Jahren. Die haben allesamt bereits einen Profivertrag in der Tasche, ihnen fehlt allerdings noch das "i-Tüpfelchen", um den Sprung in die erste Mannschaft zu schaffen. Kastler will den jungen Kickern dabei helfen, nicht durch das Raster zu fallen. Er selbst musste seine Fußball-Karriere aufgrund einer Knieverletzung früh beenden, fühlte sich dabei "allein gelassen", quasi abgeschoben. "Und das will ich anderen ersparen", beschreibt Kastler seine Motivation. Und auch für talentierte Jugendliche aus der Region bietet Kastler Trainingseinheiten an.

    Der 51-Jährige hat ein "international erfahrenes und lizenziertes Trainerteam" um sich versammelt, will aber (noch) keine Namen nennen. Auf der Website tauchen allerdings Trainer wie Erich Ribbeck oder Ron Atkinson (ehemaliger Trainer von Manchester United und Atletico Madrid) als Berater auf. Auch bei den Investoren, die das gesamte Projekt finanzieren, hält sich Kastler bedeckt, will diese erst zur offiziellen Eröffnung bekanntgeben. Wann diese sein wird, weiß er nach eigenen Angaben selbst noch nicht.

    Minimum Regionalliga-Niveau

    Indes hat die Akademie ihre Arbeit schon aufgenommen. Kastler lädt junge Spieler, die genügend Potenzial aufweisen, nach Ebern ein. Die Kicker werden dann an höherklassige Vereine im gesamten Bundesgebiet und in Spanien ausgeliehen, erhalten quasi nebenbei in Ebern über ein Jahr ihren Feinschliff, "um dann mindestens einen Regionalliga-Verein zu finden", verspricht Kastler. Jüngstes Beispiel ist Chris-Stephan Dierke, der Anfang August zum Regionalligisten TSV Aubstadt vermittelt wurde.  "Durch Thomas Kastler wurde ich zum Probetraining nach Aubstadt eingeladen, wo ich die Verantwortlichen von mir überzeugen konnte. Ausschlaggebend für den Wechsel war das Vertrauen der Trainer in mich und die Möglichkeit, in der trainingsfreien Zeit in der IFA Germany auch weiterhin unter professionellen Bedingungen trainieren zu können und mich zu verbessern“, sagt Dierke. So wie dem 19-Jährigen soll es künftig allen jungen Fußballern gehen, die den Weg nach Ebern gefunden haben.

    Der Regionalligist aus dem Grabfeld beobachtet die Entwicklung in Ebern jedenfalls "äußerst interessiert", wie Abteilungsleiter Matthias Gerhardt meint. Er kann sich vorstellen, "die Zusammenarbeit mit der Akademie durchaus zu intensivieren".

    Fand über die Eberner Fußball-Akadamie den Weg zum TSV Aubstadt: Chris-Stephan Dierke (links), hier mit TSV-Trainer Victor Kleinhenz.
    Fand über die Eberner Fußball-Akadamie den Weg zum TSV Aubstadt: Chris-Stephan Dierke (links), hier mit TSV-Trainer Victor Kleinhenz. Foto: Philipp Müller

    Das Konzept für eine solche Akademie hat Kastler schon lange in der Tasche, wie er sagt. Die ersten Versuche in verschiedenen Bundesländern scheiterten letztlich an den Behörden. Im Januar sei er bei einem Seminar in Würzburg dann eher zufällig auf die Stadt Ebern gestoßen, und dann ging alles sehr schnell. Sein Bauantrag für das Gelände in der ehemaligen Balthasar-Neumann-Kaserne passierte im März den Eberner Stadtrat, auch das Landratsamt Haßberge hatte keine Einwände.

    Wohnheim in Kompanie-Gebäuden

    Und seitdem wird kräftig gewerkelt. Zwei alte Kompaniegebäude, die sich im Besitz des Königsberger Großunternehmers Otto Kirchner befinden, werden seit April zu einem Wohnheim umgebaut, gleich nebenan entsteht ein neuer Fußballplatz, später soll ein Kunstrasenplatz hinzukommen. Bis es soweit ist, trainieren die sechs Kicker, die aktuell schon in der Akademie sind, auf dem alten Bundeswehrsportplatz. Geplant ist, dass 34 Fußballer aus aller Herren Länder in Ebern aufgenommen werden.

    Wann es jedoch richtig losgeht, weiß Kastler nicht, Corona lässt verbindliche Aussagen nicht zu. Solange die Vereine nicht wissen, wann sie wieder Pflichtspiele bestreiten dürfen, lassen sich Spieler eben auch nicht vermitteln. "Ich kann natürlich keine Spieler herholen, wenn der komplette Spielbetrieb stillgelegt ist", gibt es derzeit noch keinen definitiven Zeitplan. "Ich hoffe allerdings, dass wir in wenigen Wochen hier fertig sind", setzt Kastler auf einen zügigen Baufortschritt zumindest bei der Infrastruktur.

    "Ich will die Region zusammen mit den hiesigen Vereinen nach vorne bringen."

    Thomas Kastler, Initiator der Fußball-Akademie Ebern

    Mit in seinem Konzept enthalten sind laut Kastler auch vom Eberner Gymnasium unterstützte Sprachkurse, insgesamt hat Kastler nach eigenen Angaben 20 Mitarbeiter für den fußballerischen, schulischen und sozialen Bereich in seiner "IFA" versammelt. Mit deren Hilfe sollen die Spieler auch auf eine zweite Karriere abseits des Fußballs vorbereitet werden, beispielsweise durch ein begleitetes Fernstudium. "Mir fehlen täglich zwei Stunden", beschreibt der Mannheimer den Alltag in seiner Akademie. Das ausgearbeitete und vollgepackte Programm für die jungen Fußballer, die nicht nur in Ebern trainieren sollen, sondern auch regulär in den Vereinen, an die sie ausgeliehen werden, erstreckt sich über den ganzen Tag.

    "Wir haben mehrere Vereine aus der Umgebung angesprochen, die sind auch sehr angetan von dem, was wir hier vorhaben", hat Kastler nach eigenen Angaben im Eberner Umland schon Kontakte geknüpft, auch um Trainingsspiele gegen die Vereine bestreiten und Kooperationen schließen zu können, unter anderem den TSV Abtswind. Dessen Klubmanager Christoph Mix sieht in dem Projekt aber eher mittel- bis langfristige Perspektiven für seinen Verein.

    Hiesige Vereine sind mit im Boot

    "Wir und die Vereine wollen ja alles das Gleiche: Erfolg. Und wenn wir da zusammenarbeiten können, ist das doch gut", meint Kastler. "Ich will die Region zusammen mit den hiesigen Vereinen nach vorne bringen. Ich will namhafte Vereine hierher holen, internationale Turniere mit Nachwuchsmannschaften durchführen – gemeinsam mit den Vereinen vor Ort."

    Gesichtet werden die Kandidaten für die Akademie in ihren Heimatländern. "Wir machen da zum Beispiel ein Turnier in Südamerika mit 200 Spielern und suchen uns dabei die passenden Kicker aus", beschreibt Kastler das "Casting" für seine Akademie. Die nach Ebern eingeladenen Spieler sollen dann genau die Lücken füllen, die bei den "Auftraggebern", also den Vereinen, an die die Spieler vermittelt werden, existieren. 

    Kastler ist überzeugt, dass ein Engagement im Ausland einen jungen Spieler auch weiterbringen kann. "Nehmen wir das Beispiel Oliver Bierhoff. Hätte der sich damals nicht für Udinese Calcio in Italien entschieden, wäre der nie so groß herausgekommen", glaubt Kastler, dass viele Spieler von neuen Erfahrungen in einer anderen Umgebung durchaus profitieren können. Und sei es auch eine ehemalige Kaserne.

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