Auch aus der Basketball-Diaspora zwischen den Hochburgen Bamberg und Würzburg können wahre Perlen hervorkommen. Der 16 Jahre alte Tyrese Leoncé hatte seine Anfänge bei der DJK Schweinfurt und steht mittlerweile in der Nachwuchsbundesliga und in der 1. Regionalliga für die Würzburg Baskets Akademie auf dem Parkett. Nach eineinhalb aufregenden Jahren im höherklassigen Jugendbasketball lebt für den Realschüler der Traum von der Profikarriere.
Die Statur ist für einen Jugendlichen mehr als imposant. Mit bereits 1,98 Meter Körpergröße bringt er für die Sportart mit dem orangefarbenen Leder regelrechte Gardemaße mit. Auch athletisch erscheint er sehr weit für sein Alter. Das liegt vor allem an seiner letztjährigen Saison in der Talentschmiede des neunmaligen Deutschen Meisters Brose Bamberg.
Das Talent hat Tyrese Leoncé wohl von der Mutter geerbt
"Er ging als Kind und kam als Mann zurück", sagt seine Mutter Melanie Leoncé beim Gespräch auf dem Freiplatz in der Schweinfurter Carusallee. Die beiden sind ein Herz und eine Seele. Melanie war es, die ihren Sohn zum Basketball brachte. "Ich spielte auch mal Fußball", erwähnt Tyrese. "Zum Glück nur kurz", kommentiert die Mama, die selbst mal Basketball spielte und trainierte, als sie im Bamberger-Umland, im Basketball-Land sozusagen, lebte. Sie brachte ihrem Sohn den Sport näher, dem er heute fast alles unterordnet.
Nach einigen Jahren bei der DJK Schweinfurt und einer Saison bei den BBC Würzburg Hornets wechselte er 2021/22 auf Empfehlung seines Trainers beim BBC Würzburg, Dirk Altenbeck, zu einer der größtmöglichen Adressen im deutschen Basketball: Brose Bamberg.

Ein wahrer "Gamechanger" für den jungen Mann. Es brauchte allerdings auch ordentlich Mumm, um den Schritt zu gehen. Tyrese zog als 15-Jähriger von zuhause aus, ins Bamberger "Aufseesianum", einer Internatsunterbringung, in der unter anderem die besten Basketballtalente "Schritt für Schritt" auf eine Profilaufbahn vorbereitet werden sollen.
Ghana, Litauen, Kroatien, Österreich – seine Mitspieler und Mitbewohner der "Talente-WG" kamen von überall her. Der Poppenhäuser setzte sich dort durch – erstmals getrennt von seiner Zwillingsschwester und seiner Mutter.
Der Lehrgang für die deutsche U-16-Nationalmannschaft fiel Corona zum Opfer
Menschlich und sportlich machte er in Oberfranken riesige Entwicklungssprünge. Unter der Woche stand zweimal täglich Training auf dem Programm, am Wochenende Spiele in der JBBL gegen gleichaltrige Topspieler aus ganz Deutschland.
Der Sprung war riesig. Während die meisten Mitspieler bereits seit Jahren in den obersten Jugendligen spielten, zockte Tyrese zuvor bei der DJK Schweinfurt nur unterklassig und aufgrund seiner Dominanz auf dem Spielfeld fast außer Konkurrenz. Körperlich robust, setzt er sich als Power Forward und Center auch gegen die Elite in seinem Alter durch, wurde sogar für einen Lehrgang für die deutsche U-16-Nationalmannschaft nominiert. Die Bewährungschance kam Corona-bedingt letztlich aber nicht zu Stande.
"Ich habe immer noch etwas aufzuholen. Ich bin ja erst seit eineinhalb Jahren im Leistungssport."
Tyrese Leoncé, Basketball-Talent aus Poppenhausen
Im vergangenen Sommer verließ er Bamberg dennoch wieder in Richtung Unterfranken – aus familiären Gründen und wegen der Schule, verrät der eloquente Teenager.
Training beim Würzburger Bundesligarekordspieler Alex King
Seine nächste Station ist ebenfalls eines der Traditionsstandorte im deutschen Basketball. Zum Wechsel zu den Würzburg Baskets bewogt ihn nicht nur, dass er dort von zuhause aus pendeln darf, sondern auch der Name des neuen Trainers: Alex King, Bundesligarekordspieler und 42-facher Nationalspieler, trainiert seit dieser Saison die Mannschaften der NBBL und der 1. Regionalliga. Leoncé spielt regelmäßig für beide Teams. "Ich habe immer noch etwas aufzuholen. Ich bin ja erst seit eineinhalb Jahren im Leistungssport. Aber ich denke, ich halte ziemlich gut mit", findet er.

Natürlich bringt sein Weg auch viel Verzicht und Entbehrungen mit. Das weiß er mittlerweile nur zu gut. Das Leben eines normalen Jugendlichen ist für ihn nicht möglich. "Ich muss akzeptieren, dass ich keine Zeit für etwas anderes habe."
Er beschreibt sein Pensum anschaulich: "Aufstehen, Schule, Heimkommen, Essen, Hausaufgaben, Lernen, Zug, Training, Zug zurück, Schlafen gehen – und das ganze jeden Tag von vorne." Warum und wofür das Ganze? "Weil ich Basketball einfach so sehr mag", antwortet der junge Sportler, der den Sprung in die Bundesliga schaffen möchte und – wie jedes Basketballtalent – auch von der NBA träumt.

"Das ist aber noch ein sehr langer Weg", betont er demütig. Wie der Weg nach oben klappen kann, zeigt ihm eines seiner Vorbilder. Da nennt Tyrese nicht etwa zuerst einen Namen der vielen Weltstars des Basketballs, sondern den seines Würzburger Mitspielers Elijah Ndi. Der 18-Jährige brilliert in der NBBL und lief bereits neun Mal für die Würzburg Baskets in der Bundesliga auf. Vielleicht macht ihm das ja in gar nicht so ferner Zukunft ein Spieler aus der Basketball-Diaspora nach.