Sigfrid Haaf schlendert gerne über das Gelände. Für einen Rundgang am Freitagnachmittag hat er sich extra Zeit genommen. Bereits seit fünf Jahren ist Haaf Wertungsrichter beim Kiliani-Reiturnier in Würzburg. Fast jedes Pferd kennt der 66-Jährige, fast mit jeder Reiterin oder jedem Reiter hatte er schon mal zu tun. Er betreibt auch eine eigene Reit- und Springschule in Obernburg am Main (Landkreis Miltenberg). Wer Haaf begegnet, grüßt ihn freundlich oder schenkt ihm zumindest ein Lächeln.

Die Ausbildung von jungen Pferden sowie Reiterinnen und Reitern liegt ihm am Herzen. Im Laufe des Rundgangs wird das an vielen Stellen deutlich. Als Springkadertrainer der Junioren des fränkischen Regionalverbandes hat er seit 1997 einige Schüler bis zu den deutschen Jugendmeisterschaften begleitet.
Pferde im Wert von bis zu 100 000 Euro in Würzburg
Während der Springpferdeprüfung der Klasse L ist Haaf am Nachmittag für den Vorbereitungsplatz zuständig. Dort beobachtet er, ob Reiterin oder Reiter und Pferd ausreichend trainiert und fit sind für das Springen. Eine Tierärztin kontrolliert zudem die Tiere. An den Sprunggelenken müssen die Reiter die Bandagen abnehmen, damit bestehende Verletzungen ausgeschlossen werden. Zum Springen zugelassen sind nur Tiere, die mindestens vier Jahre alt sind. Erst ab ihrem dritten Lebensjahr dürfen Pferde überhaupt gesattelt werden.

Bis zu 100.000 Euro seien manche Pferde auf dem Kiliani-Reitturnier mittlerweile wert, weiß Haaf. Es ist ein blühendes Geschäft. Reit- und Springschulen bilden junge Pferde zu Turnierpferden für Dressur-, Spring- oder Vielseitigkeitsreiten aus und verkaufen sie dann. Ob ein Pferd wirklich Potenzial hat, erkenne man häufig schon an dessen Eltern. Bei jedem Starter liest der Kampfrichter nicht nur den Namen des Reiters oder der Reiterin und des Pferdes vor, sondern auch den der Eltern. "Die Abstammung ist beim Pferd extrem wichtig", berichtet Haaf.
Die gute Ausbildung soll das Tierwohl garantieren
Über 300 Pferde und 130 Reitende nahmen von Freitag bis Sonntag am Kiliani-Reitturnier auf dem Gelände des Reit- und Fahrsportvereins Würzburg teil. 15 Prüfungen wurden von Freitagvormittag bis Sonntagnachmittag auf dem idyllisch gelegenen Gelände unterhalb der Mergentheimer Straße direkt am Main durchgeführt.
Höhepunkte waren die beiden Springprüfungen der Klasse S* am Samstagabend und Sonntagnachmittag. Ermöglicht wird das Turnier durch die unermüdliche Arbeit des Vereinsvorsitzenden Jochen Klingler und seiner fast 50 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die am Verkauf, beim Umbau des Parcours, beim Parken oder mit dem Aufsammeln von Pferdemist auf der Straße beschäftigt sind.

Auf dem Weg zur Richterkabine zeigt Haaf noch "die beste Erfindung", die es im Reitsport je gegeben habe. "Die Tiere profitieren extrem davon", schwärmt er, als er die Mechanik zeigt, welche die Hindernisse schnell nachgeben lässt, damit die Tiere bei einer Berührung im Sprung nicht hängen bleiben. Das Tierwohl liegt Haaf sehr am Herzen.
"Eine gute Ausbildung von Tier und Reiter ist das Beste, was man für die Tiere tun könne", findet er. Die deutsche Ausbildung sei die beste der Welt und gerade bei Turnierpferden sei das System mit den Prüfungen in den verschiedenen Klassen hervorragend, auch für das Wohl der Tiere. Das Verwenden von Peitschen oder Gerten schließt Haaf nicht grundsätzlich aus, aber wenn Reiter und Tier die richtige Verbindung haben, brauche es solche Praktiken erst gar nicht.
Kein Verständnis für die Kritik von Tierschützern
Für die Kritik von Tierschützern, die beispielsweise monieren, dass Pferde Rückenprobleme bekämen, wenn sie regelmäßig ungefähr ein Viertel ihres Körpergewichts auf sich tragen, hat Haaf nur wenig Verständnis. Historisch gesehen sei das Pferd schon immer beladen oder beritten worden, entgegnet er. Sobald die Pferde alt genug seien, würden sie auch die entsprechende Muskulatur ausbilden, was man ihnen dann auch ansehe.

Nach dem Ritt seiner Tochter – Nathalie bekam bei der Springpferdeprüfung der Klasse L eine Wertnote von 8,20 Punkten und wurde Siebte – geht Haaf selbst in die Richterkabine. Mit dem Ergebnis seiner Tochter ist er zwar grundsätzlich zufrieden, aber die Ausbildung ist eben noch lange nicht zu Ende.
Kiliani-Springturnier 2022Jan Junker auf "Grannys Girl T" vom RC Stephansmühle und Bernd Knorr auf "Haysome" vom RC Forchheim heißen die Sieger der beiden wichtigsten Prüfungen des Kiliani-Springturniers. Am Samstagabend gewann Junker den Preis der Franken Sotheby's International Realty, der eine Springprüfung der Klasse S war. Junker blieb fehlerfrei und war in 63,71 Sekunden der schnellste Reiter. Die Springprüfung der Klasse S mit Meisterrunde (Preis des Porsche Zentrums Würzburg) holte sich dann Knorr am Sonntagnachmittag im Stechen.Quelle: tei