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Würzburg: Leseranwalt: Wenn ein Wort wirkt, als sollte es Andersdenkende herabwürdigen

Würzburg

Leseranwalt: Wenn ein Wort wirkt, als sollte es Andersdenkende herabwürdigen

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    Auf einem Bildschirm wird das Wort "Gutmensch" angezeigt. Über die Verwendung des Begriffs sind sich nicht immer alle einig.
    Auf einem Bildschirm wird das Wort "Gutmensch" angezeigt. Über die Verwendung des Begriffs sind sich nicht immer alle einig. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa

    Begriffe wie "Gutmenschen" sind Meinung. Obwohl es ein Meinungsbeitrag ist, in dem das Wort in der Main-Post gebraucht wird ("Demokratie braucht keine Subventionen"), ärgert sich Herr M.L. darüber. Der Autor zementiere mit diesem "Unwort des Jahres 2015" seine Abneigung gegen Sozialdemokraten und Grüne. Tatsächlich tritt das Wort überwiegend in einem negativen Zusammenhang auf.

    Und: Der "mehr als negativ besetzte Begriff" werde oft auch "von Rechten missbraucht". Er sei "schon in der Nazizeit" verwendet worden, fügt M.L. seiner Kritik hinzu.

    Der Autor: "Zuallererst den Mächtigen auf die Finger sehen ..."

    Der Autor des Meinungsbeitrages macht aber darauf aufmerksam, dass Herr M.L. leider die Aufgabe der Presse ausblende: "... zuallererst, den Mächtigen auf die Finger zu sehen, aber nicht, sich aktiv mit einer wertschätzenden Sprache als Demokratieförderer zu betätigen. Wie sagte Hajo Friedrichs einst? Ein Journalist macht sich mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten."

    Zweifellos ist der Meinungsartikel zu Subventionen journalistisch kaum zu beanstanden. Dennoch: Kritikwürdig bleibt im Text genau das eine Wort "Gutmenschen". Das erzielt Wirkung ob der negativen Bedeutungen, die es einschleppt. Der Autor ist damit gleich in seinen Text eingestiegen. Er nutzt es für Sozialdemokraten und Grüne, die für ihre Wünsche jährlich Millionen ausgeben wollen. So sagt es jedenfalls der Kommentar zu den Subventionen.

    Was auch für die Wortwahl in einem Kommentar gelten kann

    Zur Wirkung der Wortwahl lässt sich festhalten: Mit dem häufig populistisch genutzten Begriff "Gutmenschen" belastet der Autor zwei Parteien erst grundsätzlich, bevor er sich sachlich mit deren Wünschen auseinandersetzt.

    Leser M.L. hält zu Recht das Wort in dem Kommentar für nicht wertschätzend und nicht Demokratie fördernd. Gerade das lässt auch mich unterstreichen, was er noch festhält: Er wolle den Autor damit keineswegs in eine rechte Ecke stellen. Es geht ihm nur darum, auf die Wortwahl und ihre Wirkung aufmerksam zu machen. Bewahrung der Demokratie darf dennoch als wichtige Aufgabe der Medien gesehen werden, obwohl die nicht durch ein Wort gefährdet sein darf.

    Ein unerklärter Öko-Entzug für die Grünen

    Auch einer Kritik des Lesers G.T. an der Analyse des Ergebnisses nach der Teil-Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin pflichte ich bei. Titel des Beitrages: "Warnsignal für die Ampelkoalition". Parteien sind im Text nur bei ihren Namen genannt, nicht aber die eine, die darin plötzlich als "ehemalige Ökopartei" auftritt. Lesbar ist zwar auch, dass die Grünen gemeint sind. Doch warum der Öko-Entzug? Der passt nicht zur Machart des Artikels. "Unangebracht" schreibt Leser G.T..

    Tadel verdient auch der Titel "Biden kündigt Rache an" (Main-Post Überschrift aus der Zeitung vom 30. Januar). Die Nachricht der Deutschen Presseagentur über einen tödlichen Angriff auf US-Soldaten in Jordanien (hier t-online) zitiert den US-Präsidenten Joe Biden in der Main-Post freilich nur mit den Worten "Haben Sie keinen Zweifel, wir werden alle Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, zu einem Zeitpunkt und einer Weise, die wir wählen".

    Als "Rache" wertet das alleine die Überschrift. Das passt so aber in kein journalistisches Lehrbuch. Reißerisch urteilt nicht zu Unrecht Leser W.B..

    Wer den Schreiber dieser Zeilen nun in eine Ecke stellen möchte: Er bevorzugt eine journalistische.

    Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch Vereinigung der Medien-Ombudsleute e.V.

    Frühere Leseranwalt-Kolumnen zu den angesprochenen Themen:

     22. Feb. 2024: "Falsche Zweifel an Correctiv und an Demokratie-Demonstrationen"

    1. Feb. 2024: "Redaktionelle Schwächen und missglückte Überschriften dürfen nicht ohne Entschuldigung bleiben"

    25. Jan. 2024: "Links oder Rechts? Warum bei Demonstrationen für Demokratie konkrete Sprache so wichtig ist"

    Feb. 2012: "Meine Wahrheit, deine Wahrheit und die Wahrheit, die Journalisten nicht gepachtet haben"

    Feb. 2010: "Wachhunde der Demokratie mit Verfassungsrang"

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