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LESERANWALT: Wenn Söder im Bericht plötzlich ätzt

LESERANWALT

Wenn Söder im Bericht plötzlich ätzt

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    Markus Söder im Gespräch mit Main-Post-Redakteuren. Ein Leser kritisiert eine abwertende Wortwahl für eine Antwort des Ministerpräsidenten.
    Markus Söder im Gespräch mit Main-Post-Redakteuren. Ein Leser kritisiert eine abwertende Wortwahl für eine Antwort des Ministerpräsidenten. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Über 35 Jahren sei er Abonnent, schreibt mit Herr H.K.. Seit etwa einem Jahr falle ihm auf, dass Redakteure „in der Berichterstattung immer häufiger abwertende, bzw. meinungsbeeinflussende Wörter benutzen.“ Er denke, für eine neutrale Berichterstattung, die er von einer meinungsbildenden Zeitung erwarte, sei das indiskutabel. Jeder mündige Bürger wolle sich seine Meinung selbst bilden, nachdem er sich z.B. durch seine Zeitung informieren konnte. Niemand, so H.K., möchte unterschwellig manipuliert werden.

    In der Nachricht nicht werten

    Richtig ist es, dass Leser/innen erwarten können, dass Nachrichten und Berichte von wertenden, folglich kommentierenden Wörtern frei bleiben, wenn die nicht selbst Teil der Nachricht sind. Bei Hintergrundartikeln ist auch noch Platz für Verben, Adjektive oder Attribute, um damit Atmosphäre oder Stimmungen abzubilden. Der Autor muss sie als seine Bewertung erkennbar machen. Übernehmen muss man sie nicht. Andere Sichtweisen sind möglich. Das gilt ohnehin für Meinungsbeiträge.

    Zurecht kritisiertes Wort

    Allerdings nennt Herr H.K. ein Beispiel, das auch ich kritisch betrachte. Das Wort, das er zurecht moniert, ist im Bericht auf der Titelseite vom 7.7.18 ( "Asyltourismus": Markus Söder verteidigt umstrittene Wortwahl /siehe Kopie) zu lesen. Darin wird ein Interview mit Ministerpräsident Markus Söder für 9. Juli angekündigt. In dieser Vorschau auf das Interview ist Söder durchgängig nachrichtlich nüchtern zitiert, das in direkter, indirekter oder wörtlicher Rede. Nur auf die Frage zu einer Verfassungsklage der SPD antwortet Söder nicht mehr nur, sondern „ätzt“ plötzlich. Wörtlich: „Ich würde der SPD mal vorschlagen, etwas Inhaltliches vorzutragen, ätzte er.“

    Der Bericht über den Redaktionsbesuch in der Main-Post, bei dem Söder darin eine Antwort "ätzt". Diese Wertung kritisiert ein Leser.
    Der Bericht über den Redaktionsbesuch in der Main-Post, bei dem Söder darin eine Antwort "ätzt". Diese Wertung kritisiert ein Leser.

    Nicht mehr sachlich

    Das passt ganz und garnicht zur sonstigen Diktion des Beitrages. Damit versucht der Autor eine Stimmung aus dem Gespräch mit Söder wiederzugeben. Aber das ist, auch aus meiner Sicht, so nicht sauber. Bewertet er doch damit die Art, wie der Befragte antwortet, als nicht mehr sachlich. Wer „ätzt“, nimmt Verletzungen in kauf. So kann man die Antwort Söders durchaus bewerten, das aber nur in einem meinungsbetonten Beitrag, nicht in einer sonst nahezu wertfreien Darstellung.

    Auf mündige Bürger vertrauen

    Nun vermag ich über den geschilderten Fall nicht nachzuvollziehen, dass sich seit einem Jahr etwas an der Berichterstattung geändert hat. Nach wie vor arbeitet die Redaktion für eine unabhängige und überparteiliche Zeitung. Dass Redakteure mit unterschwellig manipulierenden Wörtern berichten, ist zudem ein schwerer Vorwurf, der nicht zutrifft, auch nicht beim geschilderten Fall. Was in der Zeitung verbreitete andere Meinungen angeht, da sollte Herr H.K. getrost auf die von ihm zitierten mündigen Bürger vertrauen.

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    Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch www.vdmo.de

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