Es klingt zunächst nach einem Dämpfer: 213 600 Menschen waren im Dezember in Bayern ohne Job – rund 5100 mehr als im November. Ein witterungsbedingter Anstieg, wie die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch erklärte. Dennoch ist die Statistik eine gute Nachricht: Denn gegenüber dem Vorjahresmonat sank die Dezember-Zahl der Arbeitslosen um knapp neun Prozent. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ging im Vergleich zum Dezember 2016 sogar um 11,7 Prozent zurück. Die Erwerbslosenquote blieb bayernweit damit unverändert bei 2,9 Prozent, in Unterfranken lag sie bei 2,7 Prozent. „Noch nie seit den 1990er Jahren war die Situation im Dezember besser“, jubilierte Bayerns Arbeitsministerin Emilia Müller (CSU). Trotz des saisonal üblichen Anstiegs der Zahlen im Winter sei es gelungen, „die zu Vollbeschäftigung halten“.
Diese Entwicklung hat inzwischen spürbare Folgen: Arbeitskräfte sind im Freistaat derzeit „gefragt wie nie“, so der Chef der Regionaldirektion, Ralf Holtzwart. Er beruft sich dabei auf den monatlich ermittelten Stellenindex BA-X für Bayern, der die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen widerspiegelt. Der BA-X war im Dezember den neunten Monat in Folge gestiegen, diesmal um sechs Punkte auf 269 Zähler – ein neuer Höchstwert.
Der Fokus liegt auf drei Bereichen
In Unterfranken suchen Unternehmen vor allem für wirtschaftliche Dienstleistungen Arbeitskräfte, erklärt eine BA-Sprecherin auf Nachfrage. 31 Prozent aller gemeldeten Stellen in der Region seien diesem Bereich zuzuordnen, zu dem etwa Hausmeister, Reinigungskräfte, Mitarbeiter bei Wachdiensten oder in Reisebüros sowie Zeitarbeiter gehören.
Auf Rang zwei folgen demnach Stellen im Verarbeitenden Gewerbe. Sie machen 15 Prozent der offenen Stellen aus – in keinem anderen bayerischen Regierungsbezirk ist hier der Anteil höher. Aus dem Handel kommen elf Prozent der gemeldeten Stellen.
Anstieg um 80 Prozent: Wissenschaftler und Ingenieure gesucht
Darüber hinaus sei in Unterfranken ein zunehmender Bedarf im Wirtschaftszweig der sogenannten höherwertigen Dienstleistungen erkennbar. Gemeint sind wissenschaftliche und technische Dienstleistungen, wie sie etwa Ingenieure, Anwälte oder Wissenschaftler erbringen. Im Dezember waren hier 1160 Stellen in Unterfranken gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Plus von fast 80 Prozent.
Holtzwart sieht den offenkundigen Mangel an Arbeitskräften als eine der großen Herausforderungen im Jahr 2018: „Es gilt, passgenaue Lösungen für den steigenden Fachkräftebedarf der bayerischen Arbeitgeber zu entwickeln und dabei gerade den Menschen dauerhafte Perspektiven zu eröffnen, die mit Hindernissen in den Arbeitsmarkt starten“, erklärte er. „Mit individueller Beratung und Unterstützung für beide Seiten kann uns das gelingen.“
DGB: „Nicht von den Zahlen blenden lassen“
Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) forderte, Voraussetzungen für eine weiterhin hohe Nachfrage nach Arbeitskräften zu schaffen und in einem möglichen Koalitionsvertrag die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zu verbessern. „Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Unternehmen auch in Zukunft wachsen können und dass Deutschland für Investitionen attraktiver wird“, sagte sie.
Kritik kam unterdessen von Gewerkschaftsseite. Zwar befinde sich der bayerische Arbeitsmarkt „in sehr guter Verfassung“, räumte der bayerische DGB-Chef Matthias Jena ein. Dennoch dürfe man sich „nicht von den glänzenden Zahlen blenden lassen“. Nicht nur die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse liege im Freistaat auf einem Rekordniveau, sondern auch die Anzahl der Beschäftigten in Minijobs und Leiharbeit, sagte er.
„Viele Arbeitnehmer arbeiten außerdem unfreiwillig in Teilzeit oder haben nur befristete Stellen“, so Jena. Angesichts des steigenden Fachkräftebedarfs sei hier ein Umdenken der Arbeitgeber gefordert: „Mit unsicheren Beschäftigungsbedingungen können Fachkräfte weder gewonnen noch gebunden werden.“
Der Stellenindex BA-X Die Bundesagentur für Arbeit (BA) veröffentlicht jeden Monat ihren BA-Stellenindex BA-X. Er gilt als der aktuellste Stellenindex in Deutschland und beruht auf konkreten, der BA gemeldeten Stellengesuchen der Unternehmen. Er bildet die Entwicklung der Arbeitskräftenachfrage am ersten Arbeitsmarkt ab, signalisiert damit die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen und lässt Aussagen zur konjunkturellen Entwicklung zu. In den saisonbereinigten Index fließen die bei der BA gemeldeten ungeförderten Arbeitsstellen des regulären Arbeitsmarktes, die Stellen für Freiberufler und Selbstständige sowie die gemeldeten Stellen aus der privaten Arbeitsvermittlung ein.