Plastikmüll kann ein wertvoller Rohstoff sein. Doch etwa die Hälfte des Plastikmülls aus den Gelben Säcken muss verbrannt werden, weil sie wegen Verunreinigung nicht wiederverwertbar ist. Ein 15-köpfiges Team am Süddeutschen Kunststoffzentrum (SKZ) in Würzburg arbeiten daran, dass diese Recyclingquote besser wird. Nicht nur im Sinne der Umwelt, sondern auch im Sinne von Unternehmen.
Laut den Chemikern Marieluise Lang und Lars Helmlinger, die zum Team gehören, geht es bei der Forschung nicht darum, noch mehr jener 08/15-Parkbänke und -Gartenzäune herzustellen, die man landläufig als Produkte aus Recyclingkunststoff kennt. Was Fachkreise als Upcycling bezeichnen, meint im Sinne von Lang und Helmlinger vielmehr eine immer ausgefeiltere Produktion hochwertiger Gegenstände aus Plastikmüll.
Was Plastik mit Bahnschwellen zu tun hat...
Schon von 2011 bis 2014 hatte das SKZ-Team an der Entwicklung eines Produktes Anteil, das vielleicht schon bald in großen Mengen zum Einsatz kommt: Bahnschwellen aus Rezyklat, wie wiederverwerteter Kunststoffabfall auch bezeichnet wird. Parallel zum Kunststoff-Zentrum Leipzig arbeitete das SKZ-Team im Auftrag einer Berliner Fachfirma an der Frage, wie dauerhaft belastbar solche Plastik-Bahnschwellen sind.
Das Thema hat eine enorme Dimension: Schätzungen zufolge es in Deutschland 15 bis 20 Millionen Bahnschwellen, die wegen ihrer Imprägnierung mit krebserregendem Teeröl ausgetauscht werden sollten. Die oberbayerische Firma Kraiburg Strail setzt die Plastikschwellen bereits ein.
...und für was die Gelben Säcke dienen können
Potenzial haben diese Schwellen auch in anderer Hinsicht, sagt SKZ-Chemikerin Lang. Denn für die Herstellung eigne sich herkömmlicher, gut aufbereiteter Plastikabfall aus den Gelben Säcken. Und davonfallen allein in Nordbayern zehntausende Tonnen an.
Fachmedien zufolge haben die neuartigen Schwellen Vorteile gegenüber herkömmlichen: Sie sorgen für weniger Bahngeräusche, sind ihrerseits wieder komplett wiederverwertbar und halten mit 50 Jahren doppelt so lange wie die gängigen Schwellen aus Holz, Beton oder Stahl.

Indes richtet sich der Blick von Lang und Helmlinger auf ein Thema von ähnlicher Tragweite: Verpackungen. Auf sie entfällt laut Verband der Kunststofferzeuger in Deutschland ("PlasticsEurope") allein ein Drittel des insgesamt im Land verbrauchten Plastiks. Mit großem Abstand folgen die Branchen Bau und Automobil.
SKZ forscht auch an Biokunststoff
Die Hersteller von Verpackungen seien offen für neue Wege geworden, sagt Helmlinger. Was schon daran zu erkennen sei, dass er und Kollegin Lang derzeit an einem Biokunststoff forschten - im Auftrag eines Verpackungsherstellers. Biokunststoffe werden unter anderem aus Stärke hergestellt.
Spielen bei Plastik-Bahnschwellen Fakten wie Gewicht und Tempo der Züge eine Rolle, wird es bei Verpackungen noch kniffliger. Denn sie umschließen oft sensible Waren wie Lebensmittel. Also müssen sie dicht nach innen und außen sein. Und sie dürfen eines auf gar keinen Fall: nach Plastik oder gar Plastikmüll riechen.
Am SKZ wird intensiv geschnüffelt
Hier kommen am SKZ fünf "Schnüffler" ins Spiel, die Rezyklat unter die Lupe - pardon, Nase - nehmen. Bei Tests vergeben sie dem wiederverwerteten Kunststoff Noten. Später werde das Rezyklat in einem Vakuum entgast, beschreibt Lang das Verfahren. Die Forschungsergebnisse werden dann auf die Lebensdauer eines Produkts von zum Beispiel 20 oder 30 Jahren hochgerechnet. All das schließe freilich nicht aus, dass die Ware nach all den Test immer noch nach irgendwas rieche.
Das Problem im Problem: Jeder Gelbe Sack hat einen anderen Inhalt. Und so nehmen die in den Sortieranlagen zusammengestellten Plastikmüll-Chargen und damit später auch das Rezyklat jeweils in Nuancen einen anderen Geruch mit. Dennoch bleibe stets der selbe Anspruch, so Lang: "Am Ende muss man Qualität auf den Markt bringen, die gleichbleibend gut ist."
Gelber Sack: "Sortierung muss besser werden"
Für die 35-Jährige fängt das schon da an, wohin all die Gelben Säcke gebracht werden: "Die Sortierung muss noch besser werden." Im Kern steht und fällt für sie aber alles damit, wie gut am Ende das Rezyklat ist. Dafür arbeiten Lang und Helmlinger derzeit an einer neuen, 13 Meter langen Maschine im Wert von einer halben Million Euro. Sie steht leihweise im SKZ und stellt aus Plastikmüll Kunststoffgranulat her.
Ob dieses Granulat einmal so perfekt sein wird, dass man es grundsätzlich für die Verpackung von Lebensmitteln einsetzen kann, ist offen. Es wäre dann vielleicht ein großer Schritt hin zu einem wirksameren Recycling-Kreislauf eines wesentlichen Teils des Plastikmüllberges. Ein Ansporn für die Chemikerin, doch Marieluise Lang ist sie zurückhaltend: Von einem 100-Prozent-Kreislauf bei Plastikverpackungen "sind wir noch meilenweit entfernt".
SKZ-Netzwerktag "Recycling von Kunststoffen für eine bessere Umwelt" lautet der Vortrag von Lars Helmlinger und Marieluise Lang am Mittwoch, 8. Mai, beim "Netzwerktag" des Süddeutschen Kunststoffzentrums in Würzburg-Lengfeld. Eröffnet wird das öffentliche Fachtreffen um 9 Uhr von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Den ganzen Tag über gibt es Vorträge unter anderem zu Themen rund um (Bio-)Kunststoffe sowie den Einsatz von Graphit und Carbon. Weitere Infos: www.skz-netzwerktag.de Das 1961 gegründete SKZ ist ein Institut mit gut 400 Mitarbeitern, das die Forschung mit Kunststoffen sowie deren Zertifizierung als Schwerpunkt hat. Auch die Weiterbildung von Fachkräften aus der Industrie gehört dazu.