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Würzburg/Schweinfurt: Sieben Thesen: So wird 2020 für Mainfrankens Wirtschaft

Würzburg/Schweinfurt

Sieben Thesen: So wird 2020 für Mainfrankens Wirtschaft

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    Der Metallbau hängt stark an der Autoindustrie und spürt damit eine Flaute. Andere Branchen in Mainfranken haben bessere Aussichten für 2020.
    Der Metallbau hängt stark an der Autoindustrie und spürt damit eine Flaute. Andere Branchen in Mainfranken haben bessere Aussichten für 2020. Foto: Jürgen Haug-Peichl

    Niedrige Zinsen, Auftragsflaute in wichtigen Branchen, politische Unwägbarkeiten: "Es wird ein schwieriges Jahr. Dem wird sich auch Deutschland nicht entziehen können", sagte jüngst Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg in Stuttgart, angesichts der allgemeinen Lage. Die Wirtschaft im Land hat an Fahrt verloren, da stellt sich die Frage: Was wird 2020 den mainfränkischen Unternehmen bringen?

    Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt hatte in ihrer Herbst-Konjunkturanalyse dargelegt, dass viele Vorzeichen in der Region auf negativ stehen. Die Stimmung in den Unternehmen trübe sich ein, Pessimismus mit Blick auf die kommenden Monate nehme zu. "Der mainfränkischen Wirtschaft stehen unruhigere Zeiten bevor", hieß es vor Weihnachten in einer Mitteilung der Kammer.

    Ein Blick in die einzelnen Bereiche zeigt ein differenziertes Bild. Wir haben Wirtschaftsvertreter nach ihrer persönlichen Einschätzung und nach den Aussichten in ihrer Branche gefragt.

    Industrie: Nachfrage bleibt trüb

    Markus Forschner von der Bosch Rexroth AG in Lohr.
    Markus Forschner von der Bosch Rexroth AG in Lohr. Foto: Bosch Rexroth

    Im Maschinenbau sei die Lage trüb, was sich Anfang 2020 wohl kaum ändern werde, urteilt Vorstandsmitglied Markus Forschner von der Bosch Rexroth AG in Lohr. Seine Branche spüre, dass die Nachfrage aus dem In- und Ausland deutlich zurückgegangen sei. Damit müsse auch im kommenden Jahr gerechnet werden. "Daher bleibt die konsequente Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in allen Bereichen von besonderer Bedeutung.“

    Besonders zu spüren sei der Wandel in Kundenbranchen, "die eng mit der Automobilindustrie verbunden sind", sagt Forschner. "Bosch Rexroth hat sich unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen gut behaupten können, wir rechnen aber bereits für 2019 mit einem leicht rückläufigen Umsatz im Vergleich zum Niveau des Vorjahres."

    Handwerk: Boom hält (noch) an

    Dachdecker-Sachverständiger Marco Beck aus Nüdlingen.
    Dachdecker-Sachverständiger Marco Beck aus Nüdlingen. Foto: Thomas Obermeier

    Volle Auftragsbücher allerorten: Der Boom im regionalen Handwerk werde "noch etwas andauern", meint Marco Beck aus Nüdlingen (Lkr. Bad Kissingen). Der Sachverständige für das Dachdeckerhandwerk geht davon aus, dass die Konjunktur in 2020 unterm Strich doch verhalten ausfalle, weil sich die Flaute in der Industrie zeitverzögert im Handwerk niederschlagen werde und weil in vielen Betrieben generelle Unsicherheit herrsche. Investitionen würden zurückgehalten.

    Beck erwartet für seine Branche "keine erheblichen Änderungen des Umsatzes" gegenüber 2019. Für bedenklich hält er, "dass die Politik vorwiegend mit sich selbst beschäftigt ist", die Herausforderungen im eigenen Land aus den Augen verliere und gerade im Handwerk dem  Mittelstand zu wenig den Rücken stärke.

    IT-Dienstleister: Alles bleibt gut

    Michelle Skodowski, Mitgründerin der Würzburger Firma Botfriends.
    Michelle Skodowski, Mitgründerin der Würzburger Firma Botfriends. Foto: Stefan Wieland

    2020 wird so gut wie 2019 - oder besser: Damit rechnet Mitgründerin Michelle Skodowski von der auf Künstliche Intelligenz spezialisierten Botfriends GmbH in Würzburg. Sie gehe davon aus, dass Unternehmen bei der Automatisierung ihr Budget für Chatbots und digitale Sprachassistenten nicht kürzen werden. Allein für Botfriends gehe sie im Jahresvergleich von einer Steigerung des Umsatzes von bis zu 40 Prozent aus.

    Botfriends wolle den Kunden die Nutzung von Chatbots noch einfacher und kostengünstiger machen, sagt Skodowski mit Blick aufs neue Jahr. Angst habe sie vor wirtschaftlichen Krisen und "vor dem stetigen Kampf um Talente in der IT-Branche".

    Handel: Es geht was, aber wenig

    Karlheinz Schmidt, Geschäftsführer der Schmidt & Kurtze GmbH (Bürobedarf) in Karlstadt/Main.
    Karlheinz Schmidt, Geschäftsführer der Schmidt & Kurtze GmbH (Bürobedarf) in Karlstadt/Main. Foto: privat

    "Es wird im kommenden Jahr sicherlich nicht einfacher", ist die Vorhersage von Karlheinz Schmidt. Der Geschäftsführer der mit Bürobedarf handelnden Schmidt & Kurtze GmbH in Karlstadt rechnet mit einem "geringen einstelligen" Wachstum des Umsatzes und wenig konjunkturellem Rückenwind in seiner Branche.

    Die Geschäfte im traditionellen Handel mit Bürobedarf seien grundsätzlich rückläufig. "Auch wenn das papierlose Büro noch weit entfernt ist, geht der Weg weiterhin in diese Richtung", sagt Schmidt. Die Folgen internationaler Politik wie die Strafzölle der USA oder der Brexit würden im kommenden Jahr wohl bis in die mainfränkische Wirtschaft durchschlagen.

    Gastronomie: Großauftrag, aber Preisdruck

    Catering-Unternehmer Farroch Radjeh aus Reichenberg (Lkr. Würzburg).
    Catering-Unternehmer Farroch Radjeh aus Reichenberg (Lkr. Würzburg). Foto: FR Catering

    Ein punktuelles Megaprojekt ohne direkte Fortsetzung in 2020 verzeichnet Geschäftsführer Farroch Radjeh von FR Catering in Reichenberg bei Würzburg. Sein Unternehmen habe im zu Ende gehenden Jahr in Dresden Veranstaltungen eines großen Autounternehmens mit zusammen 28 000 Gästen betreut. 2019 sei deswegen "ein besonders herausragendes Jahr" gewesen. Da sich der Auftrag in 2020 nicht fortsetze, rechnet Radjeh für FR Catering mit einem Umsatzrückgang von vier Prozent.

    Der Geschäftsmann freut sich darauf, dass sein Unternehmen Mitte Januar wieder für den Brand-Ex-Award nominiert sei, den "Oscar der Branche". In 2020 werde man in zunehmenden Maße spüren, dass bei den Großunternehmen als Kunden der Preisdruck aus den Einkaufsabteilungen an Bedeutung gewinnen werde. Folge: Die Budgets für Veranstaltungen würden reduziert, so Radjeh. Dennoch schaue er wegen der speziellen Ausrichtung seines Betriebes "sehr optimistisch" auf die kommenden Jahre.

    Banken: Jetzt Hausaufgaben abarbeiten

    Bankenexperte Harald Bolsinger von der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt.
    Bankenexperte Harald Bolsinger von der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt. Foto: Thomas Obermeier

    Wie generell in der Branche, werden auch in Mainfranken die Geldhäuser weiter mit sinkenden Überschüssen bei den Provisionen und Zinsen als Haupteinnahmequelle rechnen müssen: Davon ist Bankenexperte Harald Bolsinger von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) überzeugt. Der Professor geht davon aus, dass die Banken die Phase der Konsolidierung hinter sich haben und "nun langsam die Hausaufgaben abarbeiten, die sie aufgrund des Strukturwandels und des geldpolitischen Umfelds in der Gesamtbranche im letzten Jahr identifiziert haben".

    Mit Blick auf reiche Privatkunden rechnet Bolsinger damit, dass es in Mainfranken einen "zunehmenden, aber öffentlich kaum sichtbaren Verdrängungswettbewerb" unter den Banken geben wird: "Diese Kundengruppe tauscht sich untereinander sehr gut aus". Integere und nachhaltig ausgerichtete Banken seien im Vorteil. "Bankier bleibt demnach ein spannendes Berufsfeld auch in 2020", ist das Fazit des Wirtschaftswissenschaftlers.

    Gewerkschaften: Licht und Schatten

    Unterfrankens DGB-Geschäftsführer  Frank Firsching.
    Unterfrankens DGB-Geschäftsführer  Frank Firsching. Foto: Thomas Obermeier

    Gute Aussichten haben in Mainfranken vor allem die Baubranche, der Gesundheitssektor und die Logistik - das ist die Meinung von Frank Firsching. Der DGB-Geschäftsführer für Unterfranken sieht jedoch dunkle Wolken über der Metall- und Elektrobranche, weil sie mit den Problemen der Autoindustrie zu kämpfen habe. Der Ausbau regenerativer Energieerzeugung könne in der Region "für einen Arbeitsplatzaufbau sorgen, wenn die Politik den Mut hat, die dafür nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen", so der Gewerkschafter aus Schweinfurt.

    Auf die Frage, auf was er sich in 2020 freue, gibt Firsching eine grundsätzliche Antwort: Seit 1945 "dürfen wir in Frieden und Freiheit in einer demokratischen Zivilgesellschaft leben". Der DGB spiele hier eine wichtige Rolle und habe seit zehn Jahren in Unterfranken mit etwa 100 000 Mitgliedern "ein stabiles Fundament". Ziel sei es, in den Unternehmen der Region die Tarifbindung wieder zu steigern.

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