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WÜRZBURG/LOHR: Styropor-Entsorgung wird teurer

WÜRZBURG/LOHR

Styropor-Entsorgung wird teurer

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    Wohin mit den alten Dämmstoffen? Bei der Styroporentsorgung gibt es bundesweit noch Probleme.
    Wohin mit den alten Dämmstoffen? Bei der Styroporentsorgung gibt es bundesweit noch Probleme. Foto: Foto: Thinkstock

    Die Einstufung von Fassaden- und Wärmedämmplatten aus Styropor als gefährlicher Abfall verurteilt angeblich Tausende Dachdecker zur Untätigkeit. Bundesweit seien mehrere Hundert Baustellen deswegen stillgelegt, teilte der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks mit. Der Grund ist: Seit 1. Oktober darf Styropor, das das gesundheitsschädliche Brandschutzmittel HBCD enthält, nicht mehr einfach mit sonstigem Bauschutt entsorgt werden. Oberhalb einer bestimmten Konzentrationsgrenze (1000 mg/kg) wird das Material nun als gefährlich eingestuft. Das bedeutet zusätzlichen Aufwand, bis hin zur separaten Verbrennung – was deutlich teurer ist.

    Die Dachdeckerinnung in Unterfranken ist noch entspannt

    Bei der Dachdeckerinnung in Unterfranken sieht man die Situation noch entspannt: In der Region gebe es bislang keine Entlassungen und auch auf den Baustellen keinen Stillstand. „Die Entsorgung der Dämmmaterialien ist nicht das Problem der Handwerker, sondern der Hauseigentümer“, betont Karl-Frank Bayer, Obermeister der Dachdeckerinnung Unterfranken aus Lohr am Main. „Das muss der Betrieb dem Eigentümer nur rechtzeitig vermitteln und die Preise entsprechend kalkulieren“, sagt Bayer.

    Die Situation mit der Styroporentsorgung sei genau wie damals bei Asbest und Mineral- oder Glaswolle. „Als Asbest 1993 verboten wurde, war der Aufschrei auch groß“, erinnert sich der Innungsobermeister. Alles habe sich damals schnell beruhigt und eingependelt. Bayer sieht daher auch die Styroporentsorgung gelassen. „Ich käme nicht auf die Idee, deswegen einen Mitarbeiter zu entlassen.“

    Die Kosten für die Entsorgung sind explodiert

    Die Kosten für die Entsorgung von Styropor seien allerdings explodiert. „Alle Dachdeckerbetriebe bundesweit stehen deshalb vor einem Problem“, sagte Harald Friedrich von der Pressestelle des Bayerischen Dachdeckerhandwerks. Lag der Preis für die Entsorgung bis Ende September etwa bei 165 Euro pro Tonne Styropor, verlangten mache Entsorger heute bis zu 3000 Euro pro Tonne. „Wenn die Politik nicht handelt, steigen die Preise noch ins Unermessliche“, denkt Friedrich.

    In Bayern gibt es derzeit 14 Müllverbrennungsanlagen, die technisch in der Lage sind, HBCD-haltige Abfälle sicher zu entsorgen, teilt ein Sprecher des Bayerisches Landesamtes für Umwelt (LfU) mit. „Nach unserem Kenntnisstand sind alle bayerischen Müllverbrennungsanlagen rechtlich in der Lage, HBCD-haltige Abfälle anzunehmen“, so das LfU. Wie das erfolgt, müsse jedes Abfallunternehmen selbst entscheiden. „Es ist kein neuer Müll, es gibt nur eine neue rechtliche Regelung“, betont der Sprecher. Je schneller die Kommunen handeln, desto eher gäbe es eine Lösung. Und die Gewerbebetriebe blieben nicht auf ihrem Dämmmaterial sitzen. Gefährliche Abfälle nimmt das Müllheizkraftwerk nicht an

    Das Müllheizkraftwerk in Würzburg nimmt Styroporabfälle seit dieser Woche wieder an: „Gefährliche Abfälle nehmen wir grundsätzlich nicht an“, betont Alexander Kutscher, Geschäftsleiter des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Raum Würzburg. Ausnahmen seien im Einzelfall im Einvernehmen mit den zuständigen Behörden möglich. Gefährlich wäre zum Beispiel eine Monocharge aus 100 Prozent HBCD-haltigem Styropor. Angenommen würden hingegen Abfallgemische, die einen begrenzten Anteil solcher Styropormaterialien enthalten.

    „Das sind Baustellenabfälle mit einem Styroporanteil von bis zu zehn Volumenprozent.“ Dafür werde ein höherer Preis angesetzt, „der dem hohen Heizwert des Styropors und dem Verfahrensaufwand Rechnung trägt“.

    Das Bayerische Dachdeckerhandwerk wünscht sich derweil, „eine schnelle und gerechte Entscheidung der Politik“. Für die Entsorger gebe es keinen technischen Mehraufwand. „Wir fordern daher eine Entsorgung zu den alten Preisen“, sagt Friedrich. Branchenkenner hatten bereits vor dem Inkrafttreten der Verordnung vor massiven Entsorgungsproblemen gewarnt.

    Styropor – und seine Entsorgung Für das Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) gilt seit Frühjahr 2016 in der EU ein weitgehendes Handels- und Verwendungsverbot. HBCD war lange das wirtschaftlich wichtigste Flammschutzmittel für Polystyrol-Dämmstoffe – entsprechend gibt es für Dämmstoffe aus expandiertem Polystyrol (EPS) noch Übergangsregeln. Das weltweite Aus war 2013 eingeleitet worden, als HBCD unter der internationalen Stockholm-Konvention als in der Umwelt schwer abbaubarer organischer Schadstoff (POP) identifiziert wurde. Diese Neuerung hat Auswirkungen auf die Entsorgungspraxis und deren Kosten. Denn gefährliche Abfälle unterliegen der Nachweisverordnung wenn davon mehr als 2000 Kilogramm pro Jahr bei einem Betrieb anfallen. Das Umweltbundesamt empfiehlt, alternative Dämm-Materialien wie Mineralwolle, Schaumglas, Blähton oder Dämmstoffe auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen zu verwenden. clk

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