Für die Besucher des Literaturkreises am Rosenmontag hatte Referent Dr. Hartmut Borchert einen bunten Strauß von außergewöhnlichen Gedichten zum Vortrag gebunden.
Mit seinem „Steffi-Graf-Gospel“ erinnert Robert Gernhardt an die Grand-Slam-Siegerin über Gabriela Sabatini mit einem für ihn typisch knappen, prägnanten Interview. Der 1937 in Tallin/Estland geborene Satiriker studiert in Stuttgart und Berlin Malerei und Germanistik, lässt sich 1964 in Frankfurt/Main nieder, wo er 2006 verstarb, und macht als Redakteur satirischer Zeitschriften, als Karikaturist und kritischer Essayist von sich reden.
„Karrieren“ hat Kurt Tucholsky (1890 - 1935) unter seinem Pseudonym Theobald Tiger seinen Aufsatz im Berliner Jargon überschrieben und attackiert mit scharfen saloppen Ausdrücken Vorgesetzte. „Et jibt Karrieren, die jehn durch den Hintern, die Leute kriechen bei die Vorgesetzten rin. Da is et warm. Da kenn se überwintern.... Denn komm se raus. Denn sind se plötzlich wat." Der Satiriker mit großer Treffsicherheit wurde 1933 ausgebürgert, musste zusehen, wie seine Bücher verbrannt wurden und beging 1935 in Schweden Selbstmord. Ebenfalls auf die Schippe nimmt Erich Kästner (1899 Dresden - 1974 München) „Vornehme Leute. 1200 Meter hoch“ und belächelt diese höhnisch, wie sie da im Pelz im Grandhotel sitzen, im Blauen Saal Blues tanzen, die herrliche Umgebung aber nur von Ansichtskarten her kennen.
Die Entwicklung der Menschheit
Auch in seinem zweiten Beitrag, „Die Entwicklung der Menschheit“, geht Kästner nicht zimperlich mit den Menschen um. Nachdem man die Kerle einst aus dem Urwald gelockt habe, spalten sie nun Atome, fliegen steil in den Himmel empor, aber bei Licht betrachtet, seien sie immer noch die alten Affen. Auch Kästner, der in Leipzig studiert und promoviert hatte, sah 1933 seine Bücher brennen, wurde verhaftet und bekam Schreibverbot.
„Rechthaber“, ein sparsamer Knittelreim von Wilhelm Busch (1832 Wiedensahl - 1908 Mechtshausen) gibt den Rat „wer nicht taub, der meidet solche Ritter von der eignen Meinung“. Manche seiner Reimpaare voll bitterer Lebensweisheit wurden geflügelte Worte.
Zwei heiter nachdenkliche Verse von Eugen Roth (1895 - 1976 München) fügte Dr. Borchert dem bunten Strauß der Gedichte bei. „Die guten Bekannten“ begegnen sich, erinnern sich nur vage aneinander, sind aber zu feige, die Wahrheit zu bekennen und hoffen, indes sie ihren Abschied segnen, einander nicht mehr zu begegnen.
Eine andere menschliche Schwäche schildert der populäre Dichter verständnisvoll mit der gescheiterten „Bücherentrümpelung“. Seine Bücher, in welchen er heikle und lustige Situationen unter die Lupe nimmt, erreichen hohe Auflagen. 1952 erhält er den Kunstpreis der Stadt München, 1959 den Bayerischen Verdienstorden und 1965 das Große Bundesverdienstkreuz.
Vom Satiriker und Kabarettisten Ernst Röhl (1937 Friedrichsruhe - 2015 Zepernik/Brandenburg), Redakteur des Eulenspiegel in der DDR kam „Die Umbenennung des deutschen Volkes“ zum Vortrag, ein politisches Gedicht. „Die Preise steigen eklatant, die Preise - nicht die Löhne. Das deutsche Volk wird umbenannt in Zahlemann und Söhne.“
Im Poem von Johann Klaj (1616 - 1656), dem Mitbegründer des Blumenordens an der Pegnitz in Nürnberg, der Oratorien verfasste, „koaxet, krekkt und quakkt es und knakkt noch mehr ob seines Reimgeflikkes.“ Aberwitzige Spiele mit der Sprache treibt auch Alexander Moszkowski (1951 Pilica bei Krakau - 1934 Berlin) in „Meschuggitis“, einer Ode an Venedig im modernen Dichterstil: „Reise nach der Stadt im Süden, die viellagunte ist.... Lass dich gänzlich vervenedigern, lasse dich vercinquecenton!“
Die Winde des Herrn Prunzelschütz
Bevor Dr. Borchert die Ritterballade „Die Winde des Herrn Prunzelschütz“ von Fritz Grasshoff (1913 Quedlinburg - 1997 Hudson / Kanada) zum Besten gibt, bat er die zartbesaiteteren Zuhörer, vorsichtshalber die Ohren zu verschließen, denn es sind derbe Verse. „Zu Augsburg einst auf dem Turnier bestieg er umgekehrt sein Tier, den Kopf zum Pferdeschwanze und stürmte ohne Lanze. Doch kurz vor dem Zusammenprall - ein Donnerschlag - ein dumpfer Fall - Herr Prunz mit einem Furze den Gegner bracht zum Sturze.“
Bekannt wurde Fritz Grasshoff durch seine populären Schlagertexte für Lale Andersen, Freddy Quinn, Hans Albers und James Last, aber auch durch seine ernsthafte Lyrik.
Nächstes Treffen: Das nächste Treffen wurde vereinbart für Montag, 14. März, um 19.30 Uhr im Myconiushaus.