Bei der Zusammenkunft des Literaturkreises im September stimmte Hartmut Borchert seine Gäste auf einen zwanglos heiteren Abend mit vergnüglichen Geschichten ein. Diese waren aber nicht wahllos ausgesucht, sondern wurden von Schriftstellern aus Deutschlands Norden bis ins südliche Bayern in teilweise erfrischender Mundart verfasst.
In ihrem Epilog „Frau Schrödinger bestattet auf See“ geht es der 1969 geborenen Tina Uebel weniger um die Seebestattung der sterblichen Überreste ihrer Großmutter in der Nordsee, als um die geschmackvolle Urkunde auf Büttenpapier, die sie dafür erhalten hat. Als absolute Niete im Sport konnte sie nie eine Urkunde erkämpfen. Eingerahmt bekommt diese nun den Ehrenplatz an der Wand, den vorher zwei ihrer markerschütterndsten Kontoauszüge hatten.
Im Dialekt
In pommernschem Dialekt bringt Dr. Borchert „Dat fröhlich Hart“ von Bernhard Trittelvilz (1878-1969) zum Vortrag. „Die Mudder tatelt den lütt Gustav: ,Wat bäädst du dor? Dat heet doch ein reines Herz, un du snackst von en fröhlich Hart.‘ In diesem Ogenblick ist die depe Stimm vom Paster zu vernehmen: ,Laat em, Mudder, en fröhlich Hart kann uns Jung goot bruken.‘“
Ein amüsantes Prosastück steuert der 1934 geborene ostpreußische Dichter Arno Surminski bei, der als Zehnjähriger auf einem Pferdewagen vor der Roten Armee flüchten musste. „Wie Kinder nach Kalischken kommen“, will die kleine Anneke von ihrer Oma wissen. Diese versucht es erst mit dem Storch, dem Poggenschlucker, der zappelnde Frösche in der Luft spazieren trägt, dann mit dem Weihnachtsmann, daran glaubt aber niemand mehr. Es muss etwas sein, das immer funktioniert, sommers wie winters, bei Tag und bei Nacht. Da schaut die Oma hinauf zu den Wolken, die ein großes Loch über Kalischken frei gelassen haben und versichert Anneke: „Die Kinder kommen vom lieben Gott.“
„Clown, Maurer oder Dichter“
Auch an diesem Abend kommt Reiner Kunze (1933, Oelsnitz) zu Wort, der seinem zehnjährigen Jungen anweist, zwei Backbleche mit Kartoffelkuchen, einer Delikatesse in Sachsen, auf den Kuchenteller zu legen. Der Sohn missversteht den Vater und stapelt den gesamten Kuchen auf einen einzigen Teller zu einem Turm, neben dem der Schiefe Turm zu Pisa senkrecht gewirkt hätte. Die ankommenden Freunde bewundern das schöpferische Werk und versichern, dass der Bub als „Clown, Maurer oder Dichter“ Karriere machen wird.
Eine humorvolle Begebenheit in fränkischer Mundart ist von Egon Helmhagen (1937 Nürnberg) zu hören. Im Zeichen von „Rent a Politiker“ könnte man einen solchen leihen, und wenn sich herausstellt, dass er nicht der richtige war, bekommt er sein Flaschenpfand wieder zurück.
Ein Fechtbruder ist in einem vierstöckigen Mietshaus auf Tour gegangen und hat sich gedacht: „Am g'scheit'stn is, wenn ich oben zum Bett'ln ohfang, dann tou ich mich leichter mit'n nuntertrog'n.“ Also hat er an jeder Türe seinen Spruch aufgesagt: „Hätt'n S net a Stückala Brot für an alt'n, arma, hungrig'n Moh?“ Überall kann er Knätzla einsammeln. Die Bäckermeisterin im Parterre faucht ihn aber an: „Mir sin a Bäckerei, mir hob'n blouß ganza Laab!“ Da hat er gemeint: „Des macht nix, ich konn rausgeb'n!“
Missverständnis
Mit zwei witzigen Erzählungen von Fritz Müller-Partenkirchen (1875-1942) aus Oberbayern endet die fröhliche Abendveranstaltung. Wie sich ein Missverständnis auswirken kann, wenn ein Bayer sagt „Dös werd'n ma glei' hamm!“ statt gleich haben! Das hitzige Wortgefecht geht glimpflich aus mit der versöhnlichen Verabschiedung „Gern könnts mi hamm!“.
In „D' Sau“ bemüht sich der Lehrer vergeblich, seinen Schülern einzubläuen, dass eine Sau ein Schwein ist. Nun kommt auch noch der Inspektor zur Visite, versucht zu vermitteln und sagt zum Lehrer: „Dass S' mich als Inspektor hamm, ist ja ....ist ja ...“ Da ergänzt der Lehrer: „Ein Sauglück“.
Die nächste Zusammenkunft des Literaturkreises findet am Montag, 24. Oktober, um 19.30 Uhr im Myconiushaus statt.