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LICHTENFELS: Bundestagswahl: Warum Klimaschutz kein Selbstzweck ist

LICHTENFELS

Bundestagswahl: Warum Klimaschutz kein Selbstzweck ist

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    Angesichts der Wirtschaftsflaute, hoher Energiepreise und der nach mehreren Attentaten aufgeheizten Diskussion um die Migration scheinen die Themen Klima und Energiewende aus dem Blick zu geraten. Das Obermain-Tagblatt hat die Direktkandidaten der Parteien für die Bundestagswahl dazu befragt.

    Obermain-Tagblatt: Der Klimawandel bedroht das Leben auf der Erde. Sollte der Verhinderung oberste Priorität in allen Politikbereichen eingeräumt werden - oder was ist Ihnen wichtiger?

    Emmi Zeulner (CSU): Der Klimawandel bedroht das Leben auf der Erde. Es geht darum, unseren einzigartigen Planeten in bestmöglichem Zustand an die nächste Generation zu übergeben. Um dieses Ziel zur erreichen, braucht es drei Dinge: Internationale Verständigung, denn 98 Prozent aller CO2-Emmissionen entstehen außerhalb Deutschlands, die Grundlage für Investition in Klimaschutz ist eine funktionsfähige Wirtschaft, deswegen müssen wir wieder wettbewerbsfähig werden, Akzeptanz für den Klimaschutz kann man nur erreichen, wenn man die Menschen mitnimmt und Klimaschutz auch bezahlbar organisiert. Ali-Cemil Şat (SPD): Der Klimawandel ist eine existenzielle Bedrohung, die die höchste Priorität erfordert, doch der Erhalt des Wohlstands in Deutschland darf dabei nicht verloren gehen. Es braucht Lösungen, um den Klimaschutz in alle Politikbereiche zu integrieren, ohne die soziale Gerechtigkeit und unsere wirtschaftliche Stabilität zu gefährden. Nur so können wir einen gerechten Übergang zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Gesellschaft schaffen. Thomas Ochs (Bündnis 90/Die Grünen): Die Zukunft unseres Landes und unseres Wohlstands sind untrennbar mit Klimaschutz verbunden. Klimaschutz ist kein Selbstzweck. Wir bewahren unseren Planeten, damit wir und kommende Generationen ein lebenswertes Leben führen können. Das ist zu schaffen, aber es braucht eine immense gesellschaftliche Kraftanstrengung: Je länger wir warten, desto schlimmer wird es für unsere Kinder und Enkel. Daher muss Klimaschutz zur Pflichtaufgabe für alle politische Ebenen werden und klimaschädliche Entscheidungen und Subventionen verhindert werden. Erster Schritt wäre, wieder klare Sektorziele zu definieren, denn nur durch konkrete Maßnahmen. Klare Vorgaben und vorbildliches Handeln der „öffentlichen Hand“ werden die Menschen auch mitgenommen. Jochen Bergmann (Freie Wähler): Der Klimawandel ist eine ernsthafte Herausforderung. Für mich persönlich ist es wichtig, meinen Kindern eine gesunde und nachhaltige Welt zu garantieren. Die Freien Wähler setzen auf eine umsetzbare und pragmatische Klimapolitik. Wir wollen Maßnahmen zur Klimaanpassung in der Gesellschaft ermöglichen, Innovationen und technischen Fortschritt fördern, anstatt auf Verbote und Abgaben zu setzen. Die Balance zwischen Umwelt- und Wirtschaftsschutz ist uns wichtig. Die Belange der Umwelt müssen mit wirtschaftlicher Stabilität und sozialer Gerechtigkeit in Einklang gebracht werden. Sebastian Görtler (AfD): Der Klimawandel ist durchaus ernst zu nehmen, verhindern lässt er sich jedoch nicht. Der Mensch muss mit der Natur arbeiten, nicht gegen sie. Laut einer Studie der Universität Boston in Zusammenarbeit mit der NASA gibt es heute fünf Prozent mehr Grünflächen auf der Erde als vor 20 Jahren. Globale Umbrüche sind Teil der Erdgeschichte und fanden seit Jahrmillionen statt. Die Natur wird sich anpassen – ob der Mensch das auch schafft, hängt von seinem Umgang mit der Natur ab. Deshalb ist der Erhalt einer intakten Natur deutlich höher zu bewerten als ein Kampf gegen das „Wetter“. Kevin Blechschmidt (FDP): Der Klimawandel ist eine ernste Herausforderung, die wir mit Technologie, Innovation und globaler Zusammenarbeit lösen müssen. Einseitige Maßnahmen, die unsere Wirtschaft schwächen, während andere Länder ungebremst Emissionen verursachen, erhalten weder unseren Wohlstand noch fördern sie echten Fortschritt. Stattdessen setzen wir auf marktwirtschaftliche Anreize, um klimafreundliche Lösungen wettbewerbsfähig zu machen und hierdurch als Vorbild für andere Länder zu wirken. Oswald Greim (Die Linke): Die Linke spricht sich für einen sozial-ökologischen Umbau unserer Gesellschaft aus. Die Klimafrage ist für uns die größte soziale Frage des 21. Jahrhunderts. Wir wollen die Klimaneutralität, so schnell wie möglich erreichen. Wir wissen, dass es vor allem Menschen mit unteren und mittlerer Einkommen sein werden, die am meisten unter der Klimakatastrophe leiden werden und gleichzeitig sind es die obersten Einkommen, die am meisten zum Klimawandel beitragen. Für uns gehören soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz untrennbar zusammen.

    In allen Politikbereichen, vor allem in der Wirtschaftspolitik ist darauf zu achten, dass nur noch klimafreundliches Wirtschaftswachstum gefördert wird und Subventionen für klimaschädliches Wirtschaften, z.B. Dienstwagenprivileg, abgebaut werden.

    Wie sollte der Staat die Wirtschaft bei der Energiewende unterstützen – fordern durch steigende Kohlendioxid-Abgaben oder fördern durch Subventionen?

    Emmi Zeulner (CSU): Der Staat muss die Rahmenbedingungen für einen CO2-neutralen Fußabdruck setzen. Dazu gehören kluge Subventionen, die unsere Volkswirtschaft bei der dringend notwendigen Transformation unterstützen, aber auch klare Zielvorgaben. Für beides gilt es, Maß und Mitte zu finden: Die Energiewende wird nur mit einer hohen Akzeptanz der Menschen im Land gelingen und muss für alle Markteilnehmer bezahlbar sein. Ali-Cemil Şat (SPD): Damit die Unternehmen auch weiterhin ihren Weg zur sozialökologischen Transformation bestreiten können, müssen sie sicher sein, dass die Politik fest an ihrer Seite steht. Daher möchten wir mit einem Deutschlandfonds staatliches und privates Kapital mobilisieren und mit einem „Made in Germany”-Bonus als Steuerprämie Zukunftsinvestitionen am Standort Deutschland fördern. Die CO2-Abgabe soll hierbei vorrangig ihrer Lenkungswirkung nachgehen, um Anreize zu schaffen. Thomas Ochs (Bündnis 90/Die Grünen): Als erstes gilt es, die Subventionen für die Nutzung fossiler Brennstoffe konsequent abzubauen. Leider gibt es diese immer noch in erheblichem Ausmaß. Die CO2-Bepreisung ist ein faires Mittel, Verursacher von CO2-Emissionen auch für diese aufkommen zu lassen. Zusätzliche Subventionen sollte man nur sehr gezielt einsetzen, wenn klar ist, dass die Subvention auch einen merklich positiven Effekt hat. Die wichtigste Wirtschaftsförderung ist aber, dass wir Planungssicherheit für die Unternehmen geben. Niemand investiert, wenn die Rahmenbedingungen sich ständig ändern. Jochen Bergmann (Freie Wähler): Die Freien Wähler stehen für die Schaffung von Anreizen, um Innovation und Entwicklung, auch in der grünen Technologie, voranzutreiben. Anstatt die Wirtschaft durch steigende Abgaben zu belasten, wollen wir begünstigen, dass Unternehmen langfristig auf nachhaltige Lösungen setzen. Sebastian Görtler (AfD): Der Staat sollte die Wirtschaft bei der Energiewende nicht durch steigende CO2-Abgaben belasten, sondern gezielt fördern. CO2-Abgabe und EEG-Umlage würden wir sofort abschaffen. Gelder für Forschung und Entwicklung neuer Technologien sowie der Ausbau effizienter Infrastruktur sind der richtige Weg. Die sogenannte Energiewende muss technologieoffen und wirtschaftlich tragfähig gestaltet werden, ohne Unternehmen und Verbraucher durch zusätzliche Kosten zu überfordern. Kevin Blechschmidt (FDP): Der Staat sollte die Energiewende durch marktwirtschaftliche Anreize und technologischen Fortschritt fördern, anstatt durch Verbote und übermäßige Abgaben zu bremsen. Wir setzen auf einen effektiven Emissionshandel, der CO₂-Reduktion kosteneffizient steuert, sowie auf gezielte Anreize für Innovationen und private Investitionen in klimafreundliche Technologien. Subventionen sollten dabei gezielt und befristet eingesetzt werden, um Wettbewerb und Effizienz zu sichern. Oswald Greim (Die Linke): Die Linke steht für sozial gerechten Klimaschutz: Steigende CO₂-Preise machen vor allem das Leben für die Mehrheit teurer, ändern aber zunächst nichts, wenn es keine klimafreundlichen Alternativen für die Menschen gibt. Wir wollen deshalb massiv in den sozialen und ökologischen Umbau unserer Wirtschaft investieren, gezielt erneuerbare Energien und nachhaltige Mobilität ausbauen und für alle Wirtschaftssektoren verbindliche Klimaziele festlegen. Um kleine und mittlere Einkommen zu entlasten und die Mehrkosten durch steigende CO₂-Preise zu kompensieren, führen wir ein soziales Klimageld ein.

    Wie könnte der Bund die Kommunen dabei unterstützen, CO2-neutral zu werden?

    Emmi Zeulner (CSU): Der Bund muss zunächst alles, was er auf den Weg bringt, nicht nur auf Akzeptanz, sondern auch auf Bezahlbarkeit überprüfen. Wir benötigen attraktive Förderprogramme, beispielsweise bei der Sanierung von Gebäuden, aber auch rechtliche Rahmenbedingungen, die die Energiewende für die Kommunen auch umsetzbar machen. Als Beispiel nenne ich die Beteiligung der Kommunen am Gewinn der erneuerbaren Energien. Ali-Cemil Şat (SPD): Als Kommunalpolitiker beschäftigt mich diese Frage schon länger im Zuge meiner Stadtratsarbeit, besonders im Zuge der kommunalen Wärmeplanung. Um einen Schritt in die richtige Richtung zu gehen, möchten wir als SPD beispielweise durch eine Städtebauförderung zur Anpassung an den Klimawandel den Kommunen ermöglichen, grüne Infrastruktur zu schaffen und eine hitzeresiliente Stadtplanung umzusetzen. Doch im kommunalen Bereich braucht es ein ausgewogenen Zusammenspiel aus Bund, Länder und Kommunen. Thomas Ochs (Bündnis 90/Die Grünen): Aktuell ist der Klimaschutz größtenteils eine sogenannte „freiwillige Leistung“ für unsere Kommunen. Folglich ist auch die Finanzierung schwierig, wenn die Mittel knapp sind. Klimaschutz muss daher zur Pflichtaufgabe für alle Ebenen, also auch für die Kommunen werden. Wenn es hier klare Vorgaben und Ziele gibt, diese aber auch in der Finanzierung unterstützt werden (z.B. durch zinsgünstige Kredite) und dann noch die Genehmigungsverfahren deutlich vereinfacht würden, wäre schon viel gewonnen. Jochen Bergmann (Freie Wähler): In vielen Kommunen wird schon ein großer Beitrag zur CO2-Neutralität geleistet oder die Weichen sind gestellt, sei es durch die Umrüstung von Heizungssystemen, die Belegung von kommunalen Gebäuden mit PV-Anlagen oder durch Nahwärmenetze. Von Bundesseite aus, können Förderungen für kommunale Projekte, zum Beispiel auch schon durch günstige Finanzierungen, im Bereich der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz, eine solide Unterstützung sein. Sebastian Görtler (AfD): Wir sehen keinen Sinn oder Nutzen in einer angestrebten CO2-Neutralität, die lediglich zu einer zusätzlichen Abgabenlast für Bürger und Kommunen führt. Stattdessen sollten die finanziellen Mittel in sinnvolle Projekte fließen, die unmittelbar den Menschen und der Infrastruktur zugutekommen, anstatt ideologiegetriebene Vorgaben umzusetzen. Kevin Blechschmidt (FDP): Der Bund kann die Kommunen durch finanzielle Anreize, technologieoffene Förderprogramme und bürokratische Entlastung bei Klimaschutzmaßnahmen unterstützen. Dabei müssen die föderalen Strukturen respektiert werden, indem den Kommunen größtmögliche Entscheidungsspielräume eingeräumt und Innovationen vor Ort gefördert werden. Oswald Greim (Die Linke): Der Bund, aber auch die Länder müssen eine ausreichende Finanzierung der Kommunen sicherstellen, damit vor Ort in den Kommunen ausreichend Mittel vorhanden sind, um eine klimaneutrale Kommune zu realisieren. Der Bund muss die Kommunen bei der Finanzierung eines Neun-Euro-Tickets für den Nahverkehr unterstützen und beim klimagerechten Umbau der Energieversorgung.

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