Es war ein langer Wahlabend im Landkreis Lichtenfels wegen des hohen Anteils der Briefwählerstimmen. Im Wechselbad zwischen der Freude über die eigenen Ergebnisse und dem schwachen Abschneiden der Unionsparteien fieberte die CSU-Direktkandidatin Emmi Zeulner dem Ergebnis entgegen.
Sie siegte souverän mit 47,77 Prozent (2017: 55,44) der Stimmen im Wahlkreis 240 Kulmbach (Landkreis Lichtenfels, Landkreis Kulmbach und Gemeinden des Landkeises Bamberg) vor Simon Moritz mit 16,24 Prozent. Im Landkreis holt sie sogar 52,1 Prozent. Eine Stunde nach Schließung der Wahllokale kristallisierte sich heraus, dass die Bundestagsabgeordnete ihr Mandat mit wohl mit knapp 50 Prozent der Stimmen im Wahlkreis 240 Kulmbach würde verteidigen können.

Doch von Jubelstimmung war bei der Wahlparty auf der „Karolinenhöhe“ wenig zu spüren. Es ging eher verhalten zu. Familiär begrüßte Emmi Zeulner ihre Anhänger, als sie gegen 18.45 Uhr eintraf, und nahm sich Zeit, gerade auch für die Kinder, darunter ihre Nichte Emma mit neun Monaten als jüngste.
„Mit Markus Söder hätten wir anders dagestanden“
Emmi Zeulner, CSU-Direktkandidatin
„Der Wähler hat uns ins Stammbuch geschrieben, dass die Zeit der Hinterzimmerpolitik mit Männern wie Wolfgang Schäuble und Volker Bouffier vorbei ist“, sagte sie vorab mit Blick auf den glücklosen Kanzlerkandidaten Armin Laschet. „Mit Markus Söder würden wir anders dastehen“, betonte sie. Dass CDU und CSU in den letzten Tagen vor der Wahl deutlich an Beliebtheit zugelegt hatten und bei Schließung der Wahllokale sogar gleichauf lagen, nachdem lange die SPD geführt hatte, zeige, dass die Bürger keine rot-grün-rote Koalition wünschten. Dass es so knapp ausgehen würde, hätte die Abgeordnete allerdings nicht erwartet. Auch wenn die Union knapp auf dem zweiten Platz lande, sollte Armin Laschet alles tun, um eine Koalition zu ermöglichen. Sollte das nicht gelungen, verspreche sie, sich auch aus der Opposition heraus für den Wahlkreis einzusetzen.
Da die Corona-Pandemie es nicht ermöglicht habe, das Motto der CSU „Näher am Menschen“ stärker auszuspielen, erwarte sie auch ein niedrigeres Ergebnis als 2017. So hatte sie bei ihrer Stimmkreistour in den vergangenen sechs Wochen rund 70 Auftritte. Außerdem schlage bei der Bundestagswahl die Bundespolitik für die Kandidaten im Gegensatz zum Heimvorteil bei Kommunalwahlen voll durch. Zudem habe die SPD mit Simon Moritz einen starken Direktkandidaten aufgeboten, wie er schon bei seinem ersten Antritt 2013 gezeigt hatte.

„Ich freue mich für Emmi Zeulner, aber für die CSU ist das Ergebnis im Landkreis schon niederschmetternd“, sagte CSU-Kreisvorsitzender und Landrat Christian Meißner. Vor allem das Erstarken der AfD bereite ihm Sorge. Wie Zeulner sieht auch Meißner eine Enttäuschung vieler Wähler darüber, dass sie Markus Söder nicht wählen konnten, doch sei nicht der einzige Grund. Gerade bei ureigenen Stärken Innere Sicherheit und Migration müssten die Wähler künftig besser überzeugt werden.
Als erste Kommune im Landkreis hatte Weismain um 19.36 Uhr alle Stimmen ausgezählt (Emmi Zeulner: 64,8 Prozent der Erststimmen, Simon Moritz 8,2, Theo Taubmann: 9,6), um 19.50 Uhr folgte Altenkunstadt (Zeulner: 50,1 Prozent, Simon: 14,7 Prozent, Taubmann: 13,1 Prozent).
Für Simon Moritz ist das Ergebnis besser ausgefallen als erhofft

SPD-Direktkandidat Simon Moritz (16,6 Prozent) hätte sich ein oder zwei Prozent mehr gewünscht, „doch unser Stimmenanteil entspricht in etwa unserem Potenzial in der Region“. Ansonsten sei das Ergebnis besser ausgefallen, als noch vor einigen Monaten zu erwarten gewesen sei, so der 37-Jährige.
Natürlich überstrahle das Ergebnis der Sozialdemokraten im Bund, wo die SPD zur stärksten Partei wurde, den Abend, so Moritz weiter. „Das Resultat macht mir aber durchaus Bauchschmerzen, da leider keine klaren Verhältnisse geschaffen worden sind“, sagte Moritz, der in einer Gaststätte in Kulmbach die Entwicklungen des Wahlabends verfolgt hatte. Seine Präferenz wäre ganz klar Rot-Grün gewesen, doch dazu habe es nicht gereicht, sagte er bedauernd.
Glückwünsche hatte er für Wahlgewinnern Emmi Zeulner übrig, deren Arbeit im Wahlkreis offenbar sehr geschätzt werde und deren Erststimmenergebnis deutlich über dem der CSU liegt.
„Ich habe alles gegeben, hatte ein tolles Team hinter mir und großen Rückhalt meiner Familie“, beschrieb Moritz seinen Wahlkampf. Erst selbst werde seine politische Arbeit als Stadt- und Kreisrat in Kulmbach fortsetzen.
Grüne freuen sich über eine Verdoppelung des Ergebnisses

„Unser Ergebnis ist nahezu eine Verdoppelung des Bundestagswahlergebnisses von 2017, weshalb ich mich sehr freue“, sagt Dr. Martin Pfeiffer, der Direktkandidat von Bündnis 90/Die Grünen im Wahlkreis 240, im Gespräch mit dieser Redaktion. Hatte der Direktkandidat in 2017 noch 4,4 Prozent geholt, so brachte es Pfeiffer auf nunmehr 7,43 Prozent (Stand: 20.54 Uhr). Bei der Zweitstimme entschieden sich sogar 8,75 Prozent der Wähler für die Grünen. „Ich habe von Anfang an gesagt, dass die Zweitstimme für mich als Klimastimme mehr zählt. Das Ergebnis stimmt mich positiv.“ Enttäuscht ist der Kulmbacher, dass die Grünen im Wahlkreis nicht vom Bundestrend profitieren konnten. „Und das, obwohl wir den intensivsten Wahlkampf geführt haben, den wir je geführt haben. Wir haben 40000 Flyer verteilt, 3000 Hausgesuche getätigt und 24 Infostände im Wahlkreis gehabt.“ In den Gesprächen aber habe er fast durchgängig gespurt, „dass die Leute den Wechsel wollten. Und das ist, zumindest in unserem Wahlkreis, nicht passiert. Ich denke, dass die Menschen Angst hatten vor Veränderungen. Ich finde es schade, dass es uns nicht gelungen ist zu kommunizieren, wie wichtig das doch ist.“ Aufgrund der Corona-Pandemie sei der Wahlkampf ein besonderer gewesen. „Ich war sehr froh, dass ich mit zwei Impfungen in den Wahlkampf starten konnte. Vor allem aber hat der Wahlkampf die drei Kreisverbände der Grünen, die bisher nebeneinander herarbeiteten, nun sehr gut vernetzt. Wir gehen mit einem sehr guten Gefühl in die kommenden Wahlen, sind nun sehr gut aufgestellt.“
Auf Bundesebene sieht Dr. Pfeiffer, der beruflich Wissenschaftler und Dozent am Lehrstuhl für Biogeographie an der Universität Bayreuth ist, sowohl eine Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, Grünen und FDP als auch eine „Ampel“ aus SPD, Grünen und FDP als Möglichkeiten. „Wir Grünen verhandeln ergebnisoffen, wollen aber ein Ergebnis, in dem am meisten Klimapolitik und am meisten Innovation steckt.“
Dr. Pfeiffer freut sich für CSU-Bewerberin Emmi Zeulner, das Direktmandat errungen zu haben. „Ich habe sie persönlich kennenlernen dürfen, freue mich, dass sie eine so starke Frau ist und wünsche ihr für die kommende Legislaturperiode alles Gute. Ich würde mir aber auch wünschen, dass sie nun den Bahnhof Kulmbach voranbringt.“