Beim Haßberge-Check, der großen Online-Umfrage von Haßfurter Tagblatt und Bote vom Haßgau, kommentierte eine Person aus Rauhenebrach: "Wo andere Urlaub machen, da wohne ich." Tatsächlich hat der Steigerwald gerade landschaftlich viel zu bieten, was auf Touristen anziehend wirkt. Doch wer dauerhaft an einem Ort lebt, mag andere Bedürfnisse haben als jemand, der dort seine Ferien verbringt.

151 Menschen haben in Rauhenebrach und Oberaurach, den beiden südlichsten Gemeinden des Landkreises, am Haßberge-Check teilgenommen; immerhin rund drei Prozent der Bevölkerung. Auf einer Skala von 1 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) konnten sie bewerten, was ihr Heimatort zu bieten hat und wie wohl sie sich dort fühlen (alle Ergebnisse am Ende des Artikels).
Schlechte Note für den ÖPNV
Mit einem Gesamtergebnis von 5,2 hat der Süden relativ schlecht abgeschnitten, immerhin liegt der kreisweite Durchschnitt bei 5,7. Schlechtere Gesamtnoten gibt es nur im westlichen Maintal, im Norden des Landkreises sowie in Stettfeld. Bei einer getrennten Betrachtung der beiden Steigerwaldgemeinden zeigt sich, dass die Oberauracher mit 5,0 Punkten etwas unzufriedener sind als die Rauhenebracher mit 5,4.

Besonders schlecht bewerten die Steigerwälder den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Zwar kommt dieser im gesamten Landkreis nicht gut weg. Doch die Bürgerinnen und Bürger von Oberaurach und Rauhenebrach geben dem Nahverkehr gerade einmal 2,4 von zehn möglichen Punkten. Beide Gemeinden bestehen aus vielen kleinen Dörfern, auch von den großen Verkehrsadern wie der Bahnlinie im Maintal liegen sie ein Stück weit entfernt. Nur im Hofheimer Umland sind die Menschen noch unzufriedener mit dem ÖPNV.
Erster Platz für geringe Verkehrsbelastung
Doch die schlechte Anbindung hat auch ihre Vorteile: Die Verkehrsbelastung empfinden die Menschen im Steigerwald als wesentlich geringer als die Einwohnerinnen und Einwohner des übrigen Landkreises. Mit 6,2 Punkten landet der Süden in dieser Kategorie sogar auf dem ersten Platz. Aber auch hier gibt es Unterschiede: Während einige kleine Orte wirklich sehr abgeschieden liegen, gibt es aus den größeren Ortschaften doch die eine oder andere Beschwerde über Lkw-Lärm oder unzureichende Geschwindigkeitsbegrenzungen in den Ortsdurchfahrten.
Fast jedes Dorf hat eine Gaststätte
Ein weiterer Bereich, in dem der Steigerwald überdurchschnittlich abschneidet, ist die Gastronomie. Fast in jedem Ort gibt es noch eine alte Dorfgaststätte. Die meisten davon sind Familienbetriebe, die schon seit Generationen weitergeführt werden. Dass die Wirte deshalb keine Pacht zahlen müssen, dürfte es ihnen auch erleichtert haben, die Pause während der Corona-Pandemie zu überstehen.

Damit können die Steigerwalddörfer zwar nicht mit den größeren Städten mithalten, wo es eine Auswahl zwischen mehreren Gaststätten gibt – schon gar nicht mit Kneipenhochburgen wie Zeil. Doch im Vergleich zu den meisten anderen kleinen Gemeinden steht die Gastronomie in Oberaurach und Rauhenebrach gut da. Auffällig ist auch, dass die Steigerwälder mit ihren Wirtschaften offenbar deutlich zufriedener sind als die Menschen in der wesentlich größeren Kreisstadt Haßfurt.

Mit dem Wohnungsmarkt gibt es noch einen weiteren Punkt, in dem der Süden in der Wahrnehmung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer besser dasteht als der Rest des Landkreises. So ist es in den Wohngebieten der beiden Gemeinden leichter möglich, Bauplätze zu bekommen, als in vielen anderen Teilen des Landkreises. Beim Sicherheitsempfinden und dem Breitbandausbau bewerten die Steigerwälder die Situation in ihren Orten im Vergleich zum übrigen Landkreis als durchschnittlich, wobei durchaus einige Bürgerinnen und Bürger in den Kommentaren beklagen, dass die Internetverbindung in ihren Orten besser sein könnte.

Ansonsten geben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Haßberge-Checks den Steigerwald-Gemeinden in zehn von 15 Kategorien unterdurchschnittliche Noten, unter anderem was die Kinderbetreuung angeht. Ein neuer Kindergarten im Oberauracher Ortsteil Trossenfurt wird zwar gebaut, bis dieser jedoch fertiggestellt ist, muss die Bevölkerung noch auf ein größeres Betreuungsangebot warten. Auch Familienfreundlichkeit und Sportangebote schneiden unterdurchschnittlich ab, wobei aus manchen Vereinen auch zu hören ist, ihr Angebot würde zu wenig genutzt und die Leute wüssten gar nicht, was es in ihrer Umgebung alles gibt. Die medizinische Versorgung bekommt ebenfalls unterdurchschnittliche Werte, trotz Hausarztpraxen und einer Apotheke.
Schlechte Noten für Kultur und Einzelhandel
Und auch das Heavy-Metal-Festival "Krach am Bach" in Prölsdorf sowie diverse Veranstaltungen im Oberaurachzentrum in Trossenfurt reichen nicht, um die Bewertung des Kulturangebotes zumindest auf den Landkreisdurchschnitt zu bringen. Schlecht schneidet auch der Einzelhandel ab. Klassische Dorfläden fehlen, nicht jeder Ort hat eine Einkaufsmöglichkeit.

Bleibt zuletzt die Lebensqualität, die mit 6,0 Punkten ebenfalls unterdurchschnittlich bewertet wird. Hier mag neben einigen Bereichen, in denen sich die Steigerwälder abgehängt fühlen, auch ein großes Streitthema eine Rolle spielen: Seit Jahren spaltet die Frage, ob es im Steigerwald einen Nationalpark geben soll, die Bevölkerung. Die Fronten sind verhärtet, was wohl auf beiden Seiten für Unzufriedenheit sorgt.

Was ist der Haßberge-Check?Der Haßberge-Check basiert auf einer Umfrage, an der Bewohnerinnen und Bewohner des Landkreises teilnehmen und für 15 verschiedene Lebensbereiche Punkte vergeben konnten. Wir berichten auf Basis der Ergebnisse darüber, wie zufrieden die Befragten mit ihrem Heimartort beziehungsweise ihrer Region sind.Über folgende Orte berichten wir demnächst:
Eberner Umland (Pfarrweisach, Untermerzbach, Rentweinsdorf)
Ebelsbach
Sand
Heilige Länder (Breitbrunn, Kirchlauter)
Königsberg
Ebern
Hofheim
Zeil
Hofheimer Land (Aidhausen, Burgpreppach, Riedbach)Weitere Artikel der Haßberge-Check Reihe gibt es unter mainpost.de/dossier/hassberge-checkjohe