Drei schlimme „W“ machen derzeit der katholischen Kirche zu schaffen – weniger Gläubige, weniger Geld und weniger Priester. Auch die Diözese Würzburg und in ihr das Dekanat Haßberge haben damit zu kämpfen. Gleichzeitig schreibt das Kirchenrecht vor, dass einer Pfarrei oder Pfarreiengemeinschaft - einer pastoralen Einheit - ein hauptamtlicher Priester vorzustehen hat. Es rücken aber nicht so viele junge Geistliche nach wie sich in den Ruhestand verabschieden. Herkömmliche pastorale Strategien greifen nicht mehr, personelle und finanzielle Ressourcen werden knapper. Wie also morgen Kirche leben? Was bleibt der Kirche übrig? Sie versucht eine Strukturreform. Die kirchlichen Einheiten werden größer, die Pfarrer müssen quasi im Raum ihre Schäfchen hüten, sich gegenseitig aushelfen.
55 230 Katholiken in zwölf Pfarreiengemeinschaften
Die 600 Pfarreien in der Diözese Würzburg wurden bereits vor einigen Jahren in etwa 160 Pfarreiengemeinschaften zusammengefasst. Künftig werden daraus 40 pastorale Räume geschaffen, in denen rund 720 000 Katholiken leben. Im Dekanat Haßberge, zu dem der gleichnamige Landkreis und mit der Pfarreiengemeinschaft St. Christophorus im Baunach, Itz- und Lautergrund eine Ecke vom politischen Landkreis Bamberg gehören, leben derzeit 55 230 Katholiken in zwölf Pfarreiengemeinschaften. Daraus werden jetzt die drei pastoralen Räume Haßberge West, Ost und Süd.
Der Seelsorge-Raum Süd umfasst die politischen Gemeinden Rauhenebrach, Oberaurach, Eltmann, Knetzgau, Zeil und Sand. Den Raum Ost bilden die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Ebelsbach und die VG Ebern bis hinauf nach Maroldsweisach und Ermershausen sowie Untermerzbach und die Pfarreiengemeinschaft St. Christophorus im Baunach-, Itz- und Lautergrund. Der Seelsorgebereich West schließlich erstreckt sich von Wonfurt und Theres über Haßfurt und Königsberg nach Riedbach und Aidhausen sowie Hofheim bis Bundorf und Burgpreppach.
"Für die Priester wird die Übergangszeit bestimmt schwieriger."
Manuel Vetter, Pfarrer in Hofheim
Welche Chancen und welche Folgen wird diese Reform zeitigen? Der Hofheimer Pfarrer Manuel Vetter formuliert es vorsichtig. "Für die Priester wird die Übergangszeit bestimmt schwieriger." Da die Personalsituation im Raum Hofheim derzeit ohnehin schon angespannt sei. "Aber ich kann mir vorstellen, dass es besser wird, wenn es sich einmal eingespielt hat", so der Hofheimer Geistliche. Und für die Gläubigen? "Bis jetzt konnten wir trotz der personellen Situation noch alles aufrechterhalten. Bei den Gottesdienst ist bis jetzt alles so geblieben, wie es vorher war."
Ausgangspunkt Personalmangel
Haßfurts Pfarrer Stephan Eschenbacher nennt die Ursache. "Ausgangspunkt ist der Personalmangel in der Kirche." Man müsse sich nun fragen, wie man die Ressourcen werde zusammenfassen können. Die "Pastoral der Zukunft" sei noch nicht ganz ausgereift, so der Haßfurter Stadtpfarrer. Kann sie aber auch noch nicht sein, nannte doch Bischof Franz Jung bei der Vorstellung der neuen Bistumskarte im Oktober in Würzburg ausdrücklich das Jahr 2025 als den Zeitpunkt für das Ende der Strukturreform. Bis dahin sollen die Pastoralen Räume erprobt, überprüft und gegebenenfalls optimiert werden. Kirche dürfe nicht nur um sich selbst kreisen, betonte der Bischof damals.
Drei bis vier Priester teilen sich die Leitung
Die Leitung der Pastoralen Räume sollen sich jeweils drei bis vier Priester solidarisch teilen. Die gleichberechtigten Priester sprechen die Schwerpunkte dann untereinander ab, einer von ihnen, der zum Moderator ernannt oder gewählt werde, entscheide als "primus inter pares" in Streitfragen. Die weiteren hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger im Team des Pastoralen Raums sollen, so Generalvikar Jürgen Vorndran bei der Präsentation im Oktober, diese dabei unterstützen, damit es jeweils ein "Gesicht vor Ort" gibt. Zudem sei jede Person im Team aufgerufen, im Pastoralen Raum zielgruppenspezifische Angebote zu machen, zum Beispiel für Jugendliche nach der Firmung, junge Paare auf dem Weg zur Ehe oder Trauernde. Was das konkret vor Ort für das Engagement von Ehrenamtlichen bedeutet? Michael Wolf, als Diözesanratsvorsitzender der oberste Laie im Bistum, sagt: Zwar trage die Letztverantwortung der Priester. Aber es sei wie in einem Unternehmen. "Die Ebenen darunter machen die operative Arbeit."
"Für uns liegt die Priorität darauf, das kirchliche Leben in den Gemeinden aufrechtzuerhalten."
Stephan Eschenbacher, Pfarrer in Haßfurt
"Man muss jetzt sehen", so Pfarrer Eschenbacher, "wie die Aufgaben verteilt werden können. Für uns liegt die Priorität darauf, das kirchliche Leben in den Gemeinden aufrechtzuerhalten." Vor allem die "großen Felder" gelte es zu organisieren. So müsse zum Beispiel die Firmung jetzt organisatorisch abgedeckt werden. Was auch seinen Kollegen in Hofheim derzeit übergreifend beschäftigt. "Wir müssen überlegen", so Pfarrer Eschenbacher, weiter auf das Beispiel Firmung eingehend, wie man dies "im Raum" vorbereiten könne. Haßfurt und Hofheim gehören ja nun zum gleichen pastoralen Raum Haßberge West, hier ist Zusammenarbeit möglich, ja erwünscht.
Schwierigkeiten beim Besetzen der Stellen
Aber merkt Otto Normalkatholik viel von der ganzen Reform? "Erst einmal merkt er noch nicht viel", erklärt Pfarrer Eschenbacher, "solange die pastoralen Mitarbeiter bleiben." Im Sommer sei aber beispielsweise Pastoralreferent und Kantor Johannes Eirich von der Pfarreiengemeinschaft St. Kilian verabschiedet worden. Seine Stelle könne aber nicht besetzt werden, da sich niemand darauf beworben habe. "Je öfter so etwas vorkommt", sagt der Haßfurter Stadtpfarrer, "desto stärker werden es die Menschen merken." Stephan Eschenbacher spricht es klar aus: "Immer weniger Priester werden für immer größere Räume zuständig sein."
Zusammenarbeit gefragt
Das werde zur Folge haben, dass man vor Ort nicht mehr alles so machen können wird, wie es die Menschen bislang gewohnt waren. "Wir werden uns auf das konzentrieren, was wir machen können. Und wir werden manches sein lassen müssen." Es gelte auch, mit dem Pfarrgemeinderat eng zusammenzuarbeiten und zu beraten, wie man pastoral verfahren kann. Laien würden ohnehin schon jetzt stark eingesetzt, so Pfarrer Eschenbacher. Aber auch hier seien keine großen Steigerungen mehr möglich. "Es wäre natürlich wünschenswert, aber wir müssen realistisch sein: Die Mitarbeiter werden uns nicht plötzlich scharenweise zulaufen." Die wenigen Leute, die übrig bleiben, werden einen größeren Raum betreuen müssen.
"Die Gemeinden müssen sich überlegen, was wollen wir, was ist wichtig, was können wir leisten."
Stefan Gessner, Dekan
"Die Gemeinden müssen sich überlegen, was wollen wir, was ist wichtig, was können wir leisten, ob durch Priester oder pastorale Mitarbeiter", sagt Dekan Stefan Gessner, der übrigens das Dekanat Haßberge verlässt und ab Februar Dompfarrer in Würzburg wird mit den Pfarreien Dom, Neumünster, Hofkirche und Sankt Peter und Paul. "Und die Gemeinden müssen sich überlegen, wie leben wir den Glauben." Dazu würden eigens Steuerungsgruppen in den pastoralen Räumen installiert. Es werde aber lange dauern, bis die neuen Strukturen in Fleisch und Blut übergegangen seien, ist der Dekan überzeugt.

Gessner weiß auch: "Es konnte so nicht weitergehen." Gleichzeitig zeigt er sich aber zuversichtlich, dass es gelingen könne, gute Lösungen zu finden, die "sowohl der pastoralen Situation vor Ort als auch den kirchenrechtlichen Vorgaben" entsprächen. Die Gemeinden müssten aber auch mehr Verantwortung übernehmen. Die Seelsorger sollten künftig in Teams arbeiten, "gedacht ist hier an eine gewisse Durchlässigkeit in den Raum hinein". Fällt zum Beispiel innerhalb eines pastoralen Raumes ein Mitarbeiter aus, würden die anderen Mitglieder des Teams untereinander regeln: Wie kann ich übernehmen?
"Die Menschen interessieren sich nicht für unsere Strukturen, nicht für unsere inneren Probleme."
Franz Jung, Bischof von Würzburg
Für die Gläubigen werde künftig der Blick nicht am eigenen Kirchturm enden, sondern in den Pastoralen Raum hinausgehen. Das kirchliche Leben für den Katholiken wird sich künftig in einem größeren Rahmen abspielen. Wie genau die Arbeit vor Ort aussehen soll, wird nun in den nächsten fünf Jahren mit Steuerungsgruppen und mit Hilfe der Gemeindeberatung erarbeitet werden. Ob die Organisationsform dabei für die Gläubigen von Bedeutung ist? Bischof Franz Jung glaubt das nicht. "Die Menschen interessieren sich nicht für unsere Strukturen, nicht für unsere inneren Probleme", sagt er. Sie suchten stattdessen in der Kirche einen Partner und Hilfestellungen. Dabei orientierten sich viele längst nicht mehr am jeweiligen Wohnort, so die Annahme der Planer der Diözese. Viel entscheidender seien das individuell ansprechende Angebot oder die für einen selbst passende Gottesdienstzeit. Das alles soll in den größeren Pastoralen Räumen möglich sein.