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UNTERMERZBACH/BURGPREPPACH: „Oben Traumschiff, unten oft der Wahnsinn“

UNTERMERZBACH/BURGPREPPACH

„Oben Traumschiff, unten oft der Wahnsinn“

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    Eindrucksvoll schilderte Pfarrer Michael Thiedmann bei seinem Vortrag die seelsorgerliche Arbeit in der Seemanns-Mission.
    Eindrucksvoll schilderte Pfarrer Michael Thiedmann bei seinem Vortrag die seelsorgerliche Arbeit in der Seemanns-Mission. Foto: Foto: Günther Geiling

    „Der Männerverein passt zum Thema Seefahrt, denn diese ist eine richtige Männerdomäne, in der man Frauen selten begegnet. Die Seefahrt ist immer noch eine verborgene Welt, in der Menschen leben und ausgebeutet werden.“ Dies betonte Pfarrer Michael Thiedmann vor dem „Männerverein Untermerzbach“ bei seinem Vortrag über die „Seemanns-Mission“, für die er sich in den vergangenen Jahren immer wieder engagierte und arbeitete.

    Michael Thiedmann ist seit September Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde Burgpreppach. Über den freiwilligen Sozialdienst ist er auf die „Seemanns-Mission“ gestoßen. „Ich war dann immer wieder in Amsterdam, habe mein Herz an diese Stadt und die Leute in der Seefahrt verloren und habe dann auch in der Seemannsmission gearbeitet.“

    Eigentlich stammt er ja aus Lichtenfels, „wo der Main schon das höchste der Gefühle für Wasser ist.“ So bezog er auch gleich seine Zuhörer mit ein und fragte sie: „Was verbinden denn sie mit der Seefahrt?“ Spontan kamen da Antworten wie „Junge, komm bald wieder“, „Flusskreuzfahrt auf dem Main“, „tolle Kreuzfahrten“, aber auch Aussagen wie „die Seefahrt bringt Produkte von der ganzen Welt in den Hafen nach Hamburg“.

    „Bis heute ist die Seefahrt das Transportmittel schlechthin“

    Dabei erinnerte man auch ein wenig an den Bamberger Hafen, der zumindest eine Bedeutung für die Binnenschifffahrt habe, ganz zu schwiegen davon, dass auch früher schon Waren auf den Flößen verschifft wurden. „Bis heute ist die Seefahrt das Transportmittel schlechthin“, meinte Michael Thiedemann, der gedanklich dazu aufforderte, zu Hause auf dem Tisch einmal alles wegzuräumen, was mit dem Schiff komme. Schon dabei wurde jedem klar, „dann bleibt ja fast nichts mehr übrig.“

    Trotzdem sei das Wasser für Seeleute etwas „ambivalentes“ und sie dächten auch viel über das Wasser nach. Für sie sei Wasser „vernichtend aber auch lebenserhaltend“. Wasser trenne sie von der Familie und ihrer Heimat, sei für das tägliche Leben wichtig, habe aber auch eine bedrohliche Geschichte. Diese reiche bis zu den Sintflutgeschichten in einer Vielzahl von Kulturen mit einem vernichtenden, aber auch reinigenden Ausgang bis hin zur Taufe. Auch die Herrschaft über das Wasser durch Gott, durch Götter oder ein göttliches Wesen komme dabei immer wieder zum Ausdruck. „Wir glauben an einen, der das Wasser in seiner Hand hat“.

    Boote und Schiffe seien die ersten Fortbewegungsmittel sowohl für den Handel als auch für Kriege gewesen. Sogar in die Kreuzzüge wären durch die Genueser und Dogen viele Gelder hineingepumpt worden und auch die Kartoffel sei mit dem Schiff von Amerika nach Europa gekommen. Heute ermöglichen sie die „globalisierte Welt, in der wir auf alles zugreifen können. Das Containerschiff bietet heute den wichtigsten Transportweg der Gegenwart.“ Welche Massen hier transportiert würden, sei unvorstellbar, denn heute würden auf den bis zu 400 Meter langen „Kolossen der Meere“ schon bis zu 40 000 Container gestapelt.

    „Die Entwicklung der Containerschiffe ist zwar ein großer Segen, aber hat für Seeleute auch einen großen Nachteil.“ Sie seien oft nur für kurze Zeit im Hafen und auf Grund von Bestimmungen seien sie dann noch auf dem Schiff abgeschottet „in einer Gefangenschaft der Moderne.“

    Seemannsmission will Kirche in der Welt der Schifffahrt sein

    Die Deutsche Seemannsmission habe diese Problematik schon bei ihrer Gründung im 19. Jahrhundert erkannt und sei vor allem gegen die Verwahrlosung des Seemannsstandes eingetreten. Der Mensch sei ja schließlich kein Roboter, sondern ihm müsse auch die entsprechende Würde zuteilwerden.

    Dies geschah zu Beginn vor allem mit intensiven Kontakten zu den Seeleuten, Verteilschriften und Gottesdiensten sowie der Schaffung von Schlaf- und Heuerstellen.

    Auch heute sei es das Ziel der Seemannsmission als kirchliche Einrichtung Verantwortung für die Welt und die Menschen zu übernehmen. Sie wolle weiterhin „Kirche in der Welt der Schifffahrt“ sein, was bei der Internationalisierung doppelt schwer sei. „Deutsche Seeleute gibt es schon lange nicht mehr. Auf jeden Fall habe ich es nicht mehr erlebt und das ist auch der Ausflaggung von Schiffen geschuldet.“ Es würden dann eben die Rechte des Landes gelten, für das es eingetragen sei und da gebe es manchmal schon keine Sozialabgaben und keine Abgaben in eine Rentenkasse.

    Die hohe Technik der Schiffe führe auch zu langen Fahrzeiten mit mäßiger Bezahlung. „Die größte Schwierigkeit ist aber die Kommunikation, zumal 90 Prozent der Seeleute ja auch eine Familie sowie Frau und Kinder zu Hause sitzen hätten. „Das wichtigste Utensil sind für sie also Telefonkarten, denn sie sind oft neun Monate lang unterwegs. Aber wenn sie im Hafen auf dem Schiff noch schuften müssen und auf hoher See dann keinen Empfang haben, ist das ein großes Problem für sie.“ Früher konnten sie zumindest den Hafen besuchen, was heute durch Bestimmungen fast unmöglich ist.

    „Ich bin deswegen als Seelsorger oft Telefonkartenverkäufer gewesen, weil das auch die einzige Chance für sie ist, Kontakt zu ihrer Familie aufzunehmen. Das war oft meine Seelsorge und die war für sie tausendmal mehr wert als eine Messe. Aber das war ja auch diakonische Arbeit für ihr Leben.“

    Dabei führte er dies mit drastischen Beispielen vor Augen, wenn ein philippinischer Seemann auch noch nach neun Monaten nicht vom Schiff dürfe, obwohl seine Frau zu Hause ein Kind geboren hat und oft auch viele Kulturen auf dem Schiff zusammenstießen.

    Piraterie: Viele Seeleute sind traumatisiert von solchen Erlebnissen

    Als einige Zuhörer meinten, dass dies doch bei den Kreuzfahrtschiffen ganz anders sei, meinte er nur „ja oben ist es das Traumschiff, aber unten oft der Wahnsinn“. Dies hänge aber auch von der Reederei ab.

    Auch das Thema „Piraterie“ ließ Michael Thiedmann nicht unter den Tisch fallen. „Natürlich ist dies ein sehr strittiges Thema. Aber immer noch werden Seeleute als Druckmittel, zum Teil auch mit Geiselhaft, benutzt. Viele Seeleute sind deswegen traumatisiert von solchen Erlebnissen.“

    Pfarrer Michael Thiedmann unterstrich in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Seemanns-Mission, die eine ganzheitliche Sorge für Leib und Seele wäre. „Was Menschen erfreut, erleichtert, ermutigt und befreit, leitet uns in unserem diakonischen Handeln“. Übergeordnetes Ziel sei somit die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen. „Seemannsmission ist durch das Evangelium Jesu Christi verpflichtet, offen zu sein, für alle Seeleute, die ihre Hilfe brauchen, unabhängig von ihrer sozialen, nationalen, kulturellen oder religiösen Herkunft.“

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