"Bibliotheken und Archive sind geschlossen" – kürzer lässt sich ein Satz kaum formulieren, der doch so weitreichende Konsequenzen hat. Die fünf Worte stehen in Paragraph 22 der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Seit 1. Dezember sind die Bibliotheken in Bayern geschlossen. Wann sie wieder öffnen dürfen, steht derzeit in den Sternen.

Dennoch ist Bernadette Schramm, Leiterin des Bibliotheks- und Informationszentrum Haßfurt (BIZ), nicht unzufrieden mit der Bilanz der vergangenen, von der Corona-Pandemie beherrschten Monate. Die Zweigstelle, die Schulbibliothek am Dürerweg, ist zwar seit Mitte März geschlossen und war zwischen den beiden Lockdowns nur für Klassenführungen nach Terminabsprache nutzbar. Doch zumindest das Haupthaus am Marktplatz konnte nach dem Frühjahrs-Lockdown für mehrere Monate wieder öffnen.
Abhol-Service am Fenster
"Als wir dann zum 1. Dezember schließen mussten, haben wir einen Abhol-Service eingerichtet", erklärt die BIZ-Leiterin. Über den Online-Katalog, per E-Mail oder telefonisch konnten die Kunden die gewünschten Medien vorbestellen, wie Schramm erklärt. Dann wurde ein Abholtermin vereinbart, an dem die Kunden ihre Medien an einem Fenster am BIZ in der Haßfurter Innenstadt abholen konnten. Das Angebot wurde gut angenommen, weiß Schramm. Und sie ließ sich zusammen mit ihrem Team auch vom Lockdown ab Mitte Dezember nicht entmutigen.

Denn aus dem dann verbotenen Abhol- wurde flugs ein Lieferservice. Die Mitarbeiterinnen brachten ab 11. Januar den Kunden ihre bestellten Sachbücher, Romane, Hörbücher, DVDs, Computerspiele oder sonstige Medien direkt bis an die Haustür. Fünf verschiedene Touren führten etwa bis nach Eltmann, Hofheim, Knetzgau oder Gädheim. "Die Leute haben sich gerne beliefern lassen, das hat sogar noch besser funktioniert als die Abholung", freut sich Schramm, dass ihr BIZ so gut mit den widrigen Gegebenheiten der vergangenen Monate zurechtkam. Seit 21. Januar ist es Bibliotheken wie dem BIZ nun zumindest wieder erlaubt, im Rahmen von Click & Collect ihren Abholservice anzubieten.
Click & Collect funktioniert auch mit Büchern
Dieses Angebot gibt es beispielsweise auch bei der Stadtbibliothek in Zeil oder der Stadtbücherei Hofheim. Medienwünsche – egal, ob als konkrete Wunschlisten oder nur thematisch eingegrenzt - werden per Telefon oder Internet an die Bücherei weitergeleitet, das Personal sucht die entsprechenden Titel zusammen, verbucht die Medien und stellt sie in Taschen zur kontaktlosen Abholung bereit, wie Hildegund Fischer-Giebfried von der Hofheimer Stadtbücherei mitteilt.
Als einen "Segen in Corona-Zeiten" bezeichnet BIZ-Leiterin Bernadette Schramm auch die Vernetzung mit anderen Bibliotheken des Landkreises im "Hassberge Moewe-Verbund". Innerhalb dieses Verbundes können Kunden online Bücher und andere Medien kostenlos in die Heimatbibliothek bestellen. Zum Verbund gehören neben dem BIZ in Haßfurt noch die Stadtbibliothek Zeil, die Stadtbücherei Hofheim, die Gemeindebücherei Knetzgau, das KOMM in Untermerzbach, die Stadtbibliothek Ebern sowie das UBIZ in Oberschleichach.

Was einige Bibliotheken im Landkreis ebenfalls anbieten, ist das System der "Franken Onleihe". Das erfreut sich spätestens seit Beginn der Pandemie großer Beliebtheit. Wer einen Mitgliedsausweis in einer daran angeschlossenen Bibliothek oder Bücherei besitzt, kann aus einem riesigen digitalen Fundus an E-Books, Hörbüchern, Videos und E-Papers wählen. Neben Haßfurt und Hofheim sind im Haßbergkreis auch die Stadtbibliothek Zeil, die Stadtbücherei Ebern und das KOMM in Untermerzbach Teil dieses Netzwerks.
Zahlen stimmen positiv
"Wir spüren, dass die Bibliothek gebraucht wird. Unsere Leserinnnen und Leser sind zwar traurig, jedoch in keinster Weise verärgert, dass sie unsere Einrichtung nicht in vollem Umfang nutzen können. Sie sind vielmehr dankbar dafür, dass es trotz aller Umstände Angebote wie Click & Collect gibt", so Bernadette Schramm. Das zeigt sich auch an der Statistik des BIZ: Fast 174 000 Titel seien in 2020 ausgeliehen worden - das liege nur knapp unter den Werten des Vorjahres. Im Rekordjahr 2019 hatte das BIZ 191 000 Entleihungen verzeichnet. Und: Trotz Corona gab es im BIZ im vergangenen Jahr 385 Neuanmeldungen. Auch bei den Kollegen in Hofheim sind die Zahlen eindeutig. Die Bücherei dort verzeichnete im Kalenderjahr 2020 genau 32 560 Entleihungen und damit sogar sieben mehr als im Vorjahr, wie Hildegund Fischer-Giebfried mitteilt.
Lese-Challenge in Hofheim
Auch wenn die Bibliotheken bislang also verhältnismäßig gut durch die Pandemie gekommen sind, wünschen sich die Leiterinnen eine baldige Rückkehr zur Normalität. "Denn die Bibliothek lebt auch vom Kontakt zum Kunden", sagt Schramm. Sie denkt dabei auch an die vielen Veranstaltungen ihres BIZ, die in den vergangenen Monaten ausfallen mussten.
Auch in Hofheim war im vergangenen Jahr viel geplant, was sich wegen Corona nicht umsetzen ließ. Doch hinter den Kulissen planen die Bibliotheken bereits für die Zeit nach dem Lockdown. Und in Hofheim läuft schon jetzt eine besondere Aktion: Um den Erwachsenen und Kindern die Corona-Zeit abwechslungsreich zu gestalten, läuft dort die Lese-Challenge 2021. Für jeden Monat des Jahres gibt es eine spezielle Leseaufgabe. Einsteigen ist laut Fischer-Giebfried auch jetzt noch möglich. Die ausgefüllten Logbücher nehmen am Jahresende an einer Verlosung teil.