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Altenstein: Wo die neuen Glocken für die Altensteiner Kirche herkommen

Altenstein

Wo die neuen Glocken für die Altensteiner Kirche herkommen

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    Pfarrer Stefan Köttig und etwa 90 Mitglieder der Gemeinde Altenstein waren in Sinn beim Guss der neuen Glocken dabei.
    Pfarrer Stefan Köttig und etwa 90 Mitglieder der Gemeinde Altenstein waren in Sinn beim Guss der neuen Glocken dabei. Foto: Stefan Köttig

    Wie glühende Lava – so sei die flüssige Bronze in die Glockenform gelaufen, sagt Stefan Köttig. Der Pfarrer erinnert sich noch genau an die Geburtsstunde der neuen Kirchenglocken seiner Gemeinde Altenstein. Innerhalb weniger Minuten sei das Metall, eine Mischung aus Kupfer und Zinn, in der im Boden vergrabenen Form verschwunden. Mehr war vorerst nicht zu sehen, denn die Bronze braucht mehrere Tage, um abzukühlen und auszuhärten.

    „Normalerweise sind Glocken eine Jahrhundert-Angelegenheit“, sagt Köttig. Nicht so in Altenstein. Dort muss die evangelische Gemeinde ihre Kirchenglocken nun schon nach etwa 70 Jahren austauschen. Dafür ist Köttig Anfang Februar mit etwa 90 Mitgliedern der Gemeinde nach Sinn in Hessen gefahren, um beim Guss der neuen Glocken dabei zu sein.

    Alte Glocken in schlechtem Zustand

    Dass die bisherigen Glocken nur noch für eine begrenzte Zeit im Altensteiner Kirchturm schlagen dürfen, stehe schon seit über zehn Jahren fest, sagt der Geistliche. Damals habe der Glockensachverständige Sigurd Knopp festgestellt, in welch schlechtem Zustand sich zwei der Altensteiner Glocken befinden. Grund dafür seien vor allem Lufteinschlüsse im Material, sagt Köttig.

    Glocken, Glockenstuhl und die gesamte Mechanik fertigt die hessische Glockengießerei Rincker. Lediglich die Klöppel (im Bild) stammen aus Niederbayern.
    Glocken, Glockenstuhl und die gesamte Mechanik fertigt die hessische Glockengießerei Rincker. Lediglich die Klöppel (im Bild) stammen aus Niederbayern. Foto: Stefan Köttig

    Überraschend sei das nicht, sagt Kirchenvorsteher Volker Sauerteig, der sich um die Beschaffung der neuen Glocken kümmert. Denn die mittlere und die große Glocke bestünden aus Gusseisen, einem minderwertigen Material. Die Gemeinde habe diese 1948 angeschafft, da deren Vorgänger aus Bronze im Krieg beschlagnahmt und eingeschmolzen worden waren. Die dritte und kleinste Glocke hingegen bestehe aus Messing-Guss und dürfe ihren Platz behalten.

    Schon 2009 gründete die Gemeinde einen Verein zur Anschaffung der Kirchenglocken, um das Projekt finanzieren zu können. Über Spenden seien so bis ins Jahr 2018 über 30 000 Euro zusammengekommen, sagt Köttig: "Das ist viel Geld, aber war leider erst ein Bruchteil der Summe, die wir brauchen." Erst eine hohe fünfstellige Spende der Altensteiner Modellbau-Firma Treiber habe dem Projekt Rückenwind gegeben und es möglich gemacht, die neuen Glocken in Auftrag zu geben.

    Hohe Kosten für die Gemeinde

    Insgesamt lägen die Kosten bei etwa 89 000 Euro, schätzt Sauerteig. Die Glocken seien dabei aber nicht das teuerste. Ein großer Teil der Summe entfalle auf den neuen Glockenstuhl. Auch die Läutemaschinen und die Montage fallen ins Gewicht. Schon 2015 hatte sich die Gemeinde zum ersten Mal nach einer Glockengießerei umgeschaut, die diese Leistungen im Komplettpaket anbietet. Insgesamt gäbe es in Deutschland mittlerweile nur noch vier aktive Gießereien, sagt Sauerteig. Die Wahl der Altensteiner fiel im Herbst des vergangenen Jahres schließlich auf die Firma Rincker, eine der ältesten Gießereien Deutschlands. Der Familienbetrieb habe nicht nur mit dem Know-How und einem guten Angebot überzeugt, sagt Köttig. Auch die Chemie zwischen dem Anbieter und der Gemeinde habe gestimmt. "Schließlich werden wir wegen der Wartungsarbeiten noch jahrelang mit der Firma zu tun haben", sagt er.

    Die Bronze wird in einem Schmelzofen auf über 1000 Grad erhitzt und dann in die Glockenform gegossen.
    Die Bronze wird in einem Schmelzofen auf über 1000 Grad erhitzt und dann in die Glockenform gegossen. Foto: Stefan Köttig

    Der Glockenguss sei ganz traditionell vonstatten gegangen, sagt Sauerteig. Die Glockengießerei habe dabei auf das jahrhundertealte Lehm-Schablonen-Formverfahren zurückgegriffen. Bei dieser Technik stellen die Glockengießer aus Lehm eine Glockenform, bestehend aus Mantel und Kern, her. Dann lassen sie diese in den Boden ein und dämmen sie mit Erde. Beim Guss läuft dann die über 1000 Grad heiße Bronze in den Zwischenraum zwischen Mantel und Kern und nimmt beim Abkühlen die Glockenform an.

    Meist finde der letzte Schritt an einem Freitag, dem Todestag Jesu, statt, sagt Köttig. So auch bei den Altensteiner Glocken. Das habe aber nicht nur diesen religiösen sondern auch einen praktischen Hintergrund. Denn dadurch können die Glocken übers Wochenende abkühlen.

    Klang der Glocken muss harmonieren

    Im März werden die neuen Glocken dann fertig sein. Davor überprüfen die Glockengießer noch den Ton der Glocke. Der sei besonders wichtig, sagt Köttig: "Denn Glocken sind Musikinstrumente und müssen aufeinander abgestimmt werden." Außerdem begutachtet der Glockensachverständige Knopp deren Qualität. In die Gemeinde kommen die Glocken Sauerteig zufolge erst in drei Monaten – pünktlich zur Glockenweihe am 17. Mai, dem Altensteiner Kirchweihsonntag.

    Von den alten Glocken muss sich die Gemeinde bis zum 19. April verabschieden. Dann läuten sie zum letzten Mal, bevor der Abbau beginnt. Kein leichtes Unterfangen, meint Sauerteig. Ein Steinmetz müsse für die Demontage eine steinerne Strebe in der Mitte des Kirchturmfensters entfernen. Dann werde die Firma Rincker die alten Glocken mit einem Flaschenzug durchs Fenster auf ein Schwerlastgerüst bugsieren und von dort aus 18 Meter Höhe mit einem Autokran zu Boden lassen. "Der Abbau bereitet uns noch ein wenig Bauchschmerzen, weil unsere Kirche so steil am Hang liegt. Das wird sicher nicht so einfach", sagt Köttig.

    Nicht weniger kompliziert dürfte es werden, die neuen Glocken auf dem selben Weg im Turm anzubringen. Knapp zwei Wochen seien für die Montage eingeplant, sagt Sauerteig. Denn den Pfingstsonntag sollen in Altenstein bereits die neuen Glocken einläuten.

    Die Hanglage der Altensteiner Kirche könnte beim Abbau der alten und bei der Montage der neuen Glocken Probleme machen.
    Die Hanglage der Altensteiner Kirche könnte beim Abbau der alten und bei der Montage der neuen Glocken Probleme machen. Foto: Schneider
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