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Rieneck: Illustre Rienecker Fußballtruppe feiert ihren 50. Geburtstag

Rieneck

Illustre Rienecker Fußballtruppe feiert ihren 50. Geburtstag

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    Die aktuelle Mannschaft mit Leiter Richard Filippi (Mitte, mit Trainingsanzug).
    Die aktuelle Mannschaft mit Leiter Richard Filippi (Mitte, mit Trainingsanzug). Foto: Karl-Heinz Wiesenfelder

    Nach dem ersten Gespräch mit dem Vorstand des SV Rieneck über die Gründung einer Freizeitmannschaft "Trimm Dich" unter dem Dach des SV ging hinterher ein Satz durch die Reihen der Anwesenden: "In zwei, drei Jahren hört man nichts mehr von Trimm Dich." So erinnert sich Gründungsvater Richard Filippi, mittlerweile 79. Inzwischen besteht die Truppe schon 50 Jahre und hat über 1200 Spiele absolviert. Oft zur Verwunderung der Gegner ging sie auch einige Male als klarer Sieger vom Platz. Dabei, so drückt es Filippi aus, sei die Mannschaft "ein Auffanglager, für die, die nicht mehr aktiv spielen wollen".

    Wurde die ganzen Jahre zweimal trainiert, so schalteten die Freizeitkicker im letztem Sommer auch coronabedingt einen Gang zurück. Seitdem wird nur noch einmal die Woche trainiert. Beim Training auf dem Allwetterplatz an oder gleich in der Turnhalle sind derzeit acht bis zwölf Mann dabei. Der Jüngste ist 16, und wenn der ein Tor macht, dann springe er an Filippi hoch. "Drollig, so ein Bürschchen", sagt Filippi. Er selbst ist mit seinen 79 Lenzen wenigstens beim Training noch Spielertrainer, steht gemeinsam mit seinem 32-jährigen Enkel auf dem Platz: "Ich mach Tormann etz, ich konn nimmer gerenn."

    Bei der Trimm-Dich-Mannschaft geht es lustig zu. Hier ein Kappenabend 2018.
    Bei der Trimm-Dich-Mannschaft geht es lustig zu. Hier ein Kappenabend 2018. Foto: Andreas Kern

    Im Jahr 2004 das 1000. Spiel absolviert

    Aus Filippi, Herz und Kopf der Mannschaft, sprudeln die Anekdoten aus den vergangenen 50 Jahren nur so heraus, etwa als sie im hessischen Seidenroth erst Kühe vom Platz treiben mussten. Selbst war er von der Jugend bis zu einem schweren Autounfall ein überaus erfolgreicher Torjäger beim FV Mittelsinn, seinem Heimatverein, gewesen. Als er sich nach Jahren ohne Fußball wieder aufgerappelt hatte, gründete er 1971 die Trimm-Dich-Mannschaft in seiner Wahlheimat Rieneck.

    Mit der spielte er nach neun Jahren Pause zum ersten Mal wieder Fußball. Filippi, auch heute noch Mädchen für alles, stand bis zu seinem 70. selbst bei Spielen auf dem Platz, 2004 hatte er sein 1000. Spiel. Ihm waren Auswärtsspiele am liebsten, da musste nur die Spieler zusammenbringen, aber rund um den Platz nichts organisieren und nicht hinterher die Umkleide und Duschen reinigen.

    Sein Stil als Trainer? "Aufs Aufwärmen hab ich nie was gegeben, Disziplin muss da sein." Mit der bei ihm eingeübten Disziplin hätten es auch Spieler, die sich einem Karrieretief befanden, in die erste Mannschaft des SV Rieneck geschafft. Darauf ist Filippi stolz. Bei ihm hätten sie – oft Spieler aus der Jugend, die den Sprung in die Erwachsenenmannschaften nicht schafften – das Spielen gelernt.

    Er kann sich noch gut an den Satz von Richard Nöll, damals Sprachrohr des gewichtigen "Ältestenrats" des SV Rieneck, gegenüber der Vorstandschaft 1973/74 erinnern: "Wir haben die Trimm Dich nicht gerufen, zum Unterbau der ersten Mannschaft brauchen wir eine zweite Mannschaft und eine Jugend." Filippi habe darauf geantwortet: "Die Spieler für die erste Mannschaft hat in den letzten Jahren aber die Trimm Dich geliefert."

    Richard Nöll ließ sich das von der Vorstandsriege bestätigen. An dem Tag habe Filippi einen neuen Freund gefunden, erzählt er. Als später einmal ein SV-Trainer das Trimm-Dich-Team auflösen und die Spieler auf die regulären Mannschaften des SV verteilen wollte, setzte sich Nöll für den Fortbestand der Freizeitkicker ein. Filippi hatte schon mit dem Gedanken gespielt, mit der Mannschaft zu einem anderen Verein "auszuwandern".

    Zur Not wurden Spieler aus dem Flüchtlingsheim rekrutiert

    Unter den Hunderten von Mitspielern in den ganzen Jahren seien rund 100 Eintagsfliegen gewesen, die einmal ein Spiel gemacht haben und nie wieder. Es ging aber auch anders. Zwei Spieler, ehemalige Rienecker, kamen extra aus Hanau zu Spielen angefahren. "Wenn ich die angerufen habe, waren sie dabei." Filippi musste oft kämpfen, dass er eine Mannschaft für das nächste Spiel zusammengekratzt bekam. Zur Not rekrutierte Spielkamerad Hilmar Schmitt auch schon mal Mitspieler aus dem Flüchtlingsheim in Gemünden. Doch nicht immer klappte es. Einmal seien es über 50 Bitten und Anrufe gewesen, aber schließlich musste Filippi doch absagen. Mitunter sei er auch erpresst worden: "Wenn du heute mein Geländer nicht anschweißt, dann spiele ich keinen Fußball."

    "Ich hatte einige dabei, die sind kreuz und quer drin rumgerannt, das waren Leichtathleten, aber keine Fußballer", erzählt der Trimm-Dich-Vater. "Manche konnten überhaupt kein Fußball spielen, aber wenn sie das Trikot anhatten, wollten sie 90 Minuten spielen." 90 Prozent der Spieler seien "Ich-Menschen" gewesen: "Manche konnten noch nicht einmal zehn Minuten Auswechslung vertragen, da sind die ausgeflippt."

    Die Trimm-Dich-Mannschaft feierte Erfolge

    Vor allem in den 70er Jahren holte die Mannschaft auch Pokalsiege, etwa 1976 in Sendelbach und 1977 in Gemünden und Sackenbach. Das für Filippi beste Spiel der Mannschaft fand in Grafenrheinfeld gegen eine Bundeswehrauswahl statt, in der alle Spieler ab der Bezirksliga aufwärts spielten. Nach einem Halbzeitrückstand von 0:3 und einer Umstellung in der zweiten endete das Spiel noch 3:3. Gegen die Altherren aus Langenprozelten, die in der Woche davor die AH Rieneck mit 6:1 abgefertigt hatten und sich noch über Trimm Dich lustig machten, gewannen die Rienecker 7:2, ähnlich lief es gegen die AH Burgsinn (am Ende 5:1 für Trimm Dich).

    Zu seinem 1000. Spiel überreichte im Oktober 2004 vor den Trimm-Dich-Mannschaften der SV-Vorsitzende Hubert Nickel dem Jubilar Richard Filippi Urkunde und Präsent.
    Zu seinem 1000. Spiel überreichte im Oktober 2004 vor den Trimm-Dich-Mannschaften der SV-Vorsitzende Hubert Nickel dem Jubilar Richard Filippi Urkunde und Präsent. Foto: Karl-Heinz Wiesenfelder

    Das gesellige Beisammensein ist für die Trimm-Dich-Auswahl schon immer ein entscheidender Faktor, häufig in der "Trimm-Dich-Klause" hinter Filippis Haus. Dass es bei ihnen lustig zugeht, habe bis heute viele zum Mitmachen bewegt.

    Stolz ist der Trimm-Dich-Vater auch darauf, dass seine Mannschaft sich stets selbst mit Trikots und Bällen versorgt hat. "In den 50 Jahren hat die Trimm Dich keinen Knopf vom Verein verlangt und auch keinen bekommen", sagt Filippi, über den schon zum 30-jährigen Bestehen ein Artikel mit "Ein Fußball-Dino gibt nicht auf" überschrieben war.

    Am Samstag, 23. Oktober, treffen sich die Trimm-Dichler um 16.30 Uhr zum Jubiläumsspiel am Rienecker Sportplatz. Man darf damit rechnen, dass das Jubiläum gebührend gefeiert wird.

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