Ein neues Buch, das sich auf ungewöhnliche Weise mit der Vergangenheit Mellrichstadts befasst, hat der Chronist und Autor Dr. Helmut Schlereth verfasst. Mit seinem Fachwissen habe Schlereth ein Stück Geschichte von Mellrichstadt nach neuesten Erkenntnissen rekonstruiert, sagte Bürgermeister Eberhard Streit bei der Vorstellung des des Buches „Die Inschriften und Steinmetzzeichen der Stadt Mellrichstadt“ am Mittwochabend in der Markthalle. „Eine Chronik – nicht nur in Stein gehauen“, lautet der Untertitel des Werkes, über dessen langwierige und hindernisreiche Entstehung Helmut Schlereth berichtete.
Steinmetzzeichen und auch Inschriften haben Urkundencharakter. Vor allem, wenn bei großen Objekten wie zum Beispiel beim Alten Schloss oder bei der Pfarrkirche St. Kilian keine zeitgleichen schriftlichen Zeugnisse existieren. Bei Recherchen entdeckte Schlereth in Fenstergewänden und im steinernen Dachgesims eingeschlagene Steinmetzzeichen, die auf einen Bau um 1500 bis 1510 schließen lassen. Bisher wurde angenommen, dass das Alte Schloss erst 1712 errichtet wurde.
Steinmetzzeichen für die Nachwelt dokumentiert
1979 hatten Helmut Schlereth und Wolfgang Hippeli – den Schlereth als seine „recht Hand“ bezeichnete – die Idee, Steinmetzzeichen, vor allem die in der westlichen Stadtmauer, fotografisch und zeichnerisch zu dokumentieren, bevor sie durch Verwitterung unlesbar oder gar unauffindbar würden. Dabei entstand die Vorstellung, ein sinnvolles systematisches Verzeichnis mit Beschreibung und Ortsangaben anzulegen. Und natürlich das „irgendwie“ für die Nachwelt festzuhalten.
Das sollte sich allerdings als problematisch erweisen. Bettelbriefe zwecks Finanzierung eines Buches wurden ausweichend oder abschlägig beantwortet. Ein Verleger, der 1981 das Manuskript gelesen hatte, setzte ebenfalls eine anderweitige finanzielle Unterstützung voraus. Der Vollständigkeit halber, erwähnte Schlereth augenzwinkernd, dass dieser Verleger kein Mellrichstädter war. Das Vorhaben war allerdings erst einmal gescheitert.
Zu Objekten entstanden Geschichten
Aus heutiger Sicht hat sich das durchaus als Vorteil erwiesen. Denn in den folgenden Jahren kamen neue Funde hinzu, aber auch Verluste. Aus vielen zunächst voneinander unabhängigen Erkenntnissen gingen neue Konzepte hervor. Zu einzelnen Objekten entstanden dabei die ersten Geschichten.
Schlereth erwähnte den im Hofmannshain angebrachten Inschriftenstein mit Kreuzigungsgruppe und das Wappen von Bischof Friedrich von Wirsberg, regierend von 1558 bis 1573. Die Mauer gehörte zum Anwesen Stockheimer Straße 1, das 1995 abgebrochen wurde. Der Sage nach sollte die Kreuzigungsgruppe an der Stelle eingemauert werden, um die Geister der ganz in der Nähe verbrannten Hexen zu verscheuchen. Der Richtplatz befand sich vor dem Oberen Tor in Richtung Stockheim.

Handgezeichneter Stadtplan von 1947
1818 wurde dieses Wohnhaus von Franz Reder, Sohn von Ignaz Reder, erbaut. Franz Reder veröffentlichte um 1820 eine Schrift „Ueber den Bau wohlfeiler und feuerfester Gebäude von Lehmsteinen“, heutzutage würde man das als Anleitung fürs ökologisches Bauen bezeichnen. Schlereth bemerkte, dass noch im handgezeichneten Stadtplan von 1947 die Kreuzung Hauptstraße – Meininger Landstraße – Sondheimer und Stockheimer Straße „Reder-Platz“ heißt.
Schlereths Buch lädt dazu ein, viel über die Vergangenheit von Mellrichstadt zu erfahren, lautete das Resümee von Bürgermeister Eberhard Streit. Es kann zum Preis von 26,80 Euro bei der Verwaltungsgemeinschaft und dem Aktiven Mellrichstadt erworben werden, demnächst auch im Bürocenter Sterzinger und in den Mellrichstädter Banken. Helmut Schlereth bedankte sich bei allen, die sich bei der Verwirklichung des Buches beteiligt haben, vor allem bei der Stadt, die für die finanzielle Grundlage dieses Projekts gesorgt hat.