Der Zustandsbericht von Bad Königshofens Stadtförster Herbert Geßner liest sich wie ein Horrorszenarium: Die Fichten leiden unter Trockenschäden und Borkenkäferbefall, Kiefern vertrocknen, Buchen und Eichen zeigen mittlerweile auf vielen Standorten deutliche Trockenschäden, Bergahorn leidet unter der Russrindenkrankheit, eine tödliche Pilzinfektion, die durch trockene heiße Sommer begünstigt wird und die Esche hat das Eschentriebsterben, ebenfalls eine tödliche Pilzinfektion. Zudem vertrocknen viele Wiederaufforstungen von Käferflächen.
Auch die Prognose für den Wald in der Rhön fällt schlecht aus
Stadtförster Geßner hat diese Erhebungen zwar mit Schwerpunkt auf den Königshöfer Stadtwald gemacht, Forstdirektor Jürgen Hahn, der Bereichsleiter Forsten beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) ist aber der Ansicht, dass diese Zustandsbeschreibung für das gesamte Grabfeld Gültigkeit besitzt.
Für die Rhön sind Hahns Prognosen ähnlich schlecht, obwohl die massiven Trockenschäden wie im Grabfeld dort noch nicht eingetreten seien und die Niederschläge dort höher ausfallen, als im Grabfeld. "Wir sind da gut zwei Jahre zurück", sagt der Forstmann. In den Wäldern bei Rödles, Lebenhan und Wegfurt seien allerdings jetzt schon große Schäden bei der Fichte zu beobachten, die in rasantem Tempo zunähmen. Man dürfe sich nicht täuschen lassen vom angeblich nassen Wetter, das aber nur knapp im Normalbereich liege.

Ein Teil der Wurzeln bei der Rotbuche ist jetzt schon vertrocknet
Ein Schwerpunkt liegt nach Worten von Hahn auch bei der Rotbuche, wobei man abwarten müsse, wie die Bäume im April und Mai austreiben. Ein Teil der Wurzeln sei durch die immer wiederkehrende Dürre bereits vertrocknet, was sich auch nicht mehr reparieren lasse. Das müsse man sich wie einen Blumenkasten vorstellen, den man vergessen habe zu gießen. "Da können sie so viel Wasser reinschütten wie sie wollen, das wird nichts mehr."
Die trockene Witterung im 2. Halbjahr 2022 kommt dem Borkenkäfer zugute
Doch wieder zurück ins Waldgebiet Tannig bei Eyershausen, wo der Borkenkäfer für große Rodungsflächen verantwortlich ist. Nur vereinzelt stehen in den einstigen Fichtenbeständen noch Eichen. "Die Borkenkäferplage wird wahrscheinlich ungebremst weitergehen", hält Stadtförster Geßner fest. Das trockene zweite Halbjahr 2022 habe die Vermehrung des Schädlings sehr begünstigt. Daran hätten auch die vielen Bekämpfungsmaßnahmen nicht viel ausrichten können.

Die Fichte: der einstige Brotbaum der Forstwirtschaft verkommt zum Hungerleider
Wenn jetzt die Temperaturen auf 17 Grad und höher steigen, dann werden die Käfer, die in den Bäumen überwintert haben, wieder aktiv. "Der Saftstrom wird unterbrochen, die Rinde fällt ab und die Nadeln verfärben sich rot", schildert Geßner den weiteren Verlauf des Niedergangs. Deswegen werden wohl auch heuer wieder große Flächen Fichten per Harvestereinsatz gefällt werden müssen. Rasend schnell ist der einstige "Brotbaum" der Forstwirtschaft zum Hungerleider verkommen. Bis vor wenigen Jahren lag der Fichtenanteil im Stadtwald bei 19 Prozent und noch 2019 habe der Verkauf des Nadelbaums 60 Prozent der Erlöse ausgemacht, erklärt Geßner. Derzeit liege der Anteil der Fichten bereits unter zehn Prozent und werde heuer weiter fallen.
Über 100.000 neue Pflanzen für den Stadtwald und zwei Gemeindewälder
Die Leute des Forstbetriebs schauen dem Ganzen nicht tatenlos zu. Der Umbau der Wälder zu wärmetoleranteren Waldgesellschaften laufe im Stadtwald und den Gemeindewäldern von Sulzfeld und Großbardorf auf Hochtouren, betont Geßner. 110.000 Pflanzen sollen in den Boden gebracht werden. Allein 60.000 davon im Stadtwald, 40.000 im Sulzfelder Wald und 10.000 in Großbardorf.