„Wetter? Das interessiert leidenschaftliche Biker nicht wirklich“, sagt Andi Rohe. Der Rhöner Mountainbike-Guide weiß auch: „Schnee ist besser als Regen.“ Diese Erfahrung haben nun Bergrad-Enthusiasten aus 19 Ländern in der Rhön mit ihm teilen können. Der europäische Dachverband der Mountainbiker (IMBA) hatte sich zur Jahresversammlung in Schweinfurt bei SRAM getroffen. Der dazugehörige Rad-Ausflug führte die Biker aus Norwegen, Polen, Italien oder Schottland in die Rhön. Mit dem Hochrhönbus-Radanhänger wurden 26 Mountainbiker, kurz MTBler, des mit 65 Teilnehmern besetzten Kongresses vom Maintal nach Bischofsheim gekarrt.
Als Rohe die Radler am Kreuzberg-Parkplatz empfing, zeigte sich die Rhön von ihrer rauen Seite. Eisiger Wind und leichter Schneefall überraschten die teilweise spärlich bekleideten Sportler. „Let's get ready“, bibberte ein Schotte. Also schnell aufs Bike, hoch zum Gipfel – Warmfahren war angesagt. Auch mit der Aussicht ins Land der offenen Fernen war es diesmal nichts am Startplatz der Gleitschirmflieger. Dafür entschädigte die anschließende Abfahrt zum Flowtrail mit zunehmendem Sonnenschein.
Am Pumptrack an der Zufahrtsstraße zum Neustädter Haus glitten noch einige zum Aufwärmen über den kleinen Wellenparcours, ohne dabei die Pedale zu treten und den Vortrieb lediglich mit geschickter Gewichtsverlagerung zu erzeugen. „Besichtigungsfahrt mit angepasster Geschwindigkeit“, gab Trail-Guide Andi für die erste Berührung mit dem Flowtrail vor.
„Ich nehm' blau“, sagte der eine, während der andere über die schwarze Route juchzte. Denn alle anspruchsvollen Segmente, die eine gewisse Fahrpraxis erfordern, sind mit schwarzen Streckenpfeilen gekennzeichnet und können entlang blauer Richtungspfeile umfahren werden.
Mit strahlenden Gesichtern ging es auf Forststraßen und Wanderwegen bis runter nach Burgwallbach. „Ich bin Programmierer und suche den Ausgleich beim Biken“, erzählte der Norweger Björn Jarle Kvande. Der Mittvierziger aus Oslo ist auch ausgebildeter Trail-Guide. „Ich lege meine Runden bewusst in den Arbeitsalltag, um im Kopf frei zu sein!“
Vor dem Mittagessen standen noch die Höhenmeter vom tiefsten Punkt der Tour bis zur Gemündener Hütte an. Auf breiten Forstwegen mit moderaten Steigungen kamen die MTBler rege ins Gespräch miteinander. Fehlte beim Satzbau ab und zu die korrekte englische Vokabel, so halfen Hände und Füße.
Die letzten Höhenmeter entlang der Familienabfahrt ließen allerdings keine zusammenhängenden Sätze mehr zu. Die Steigung und der rutschige Untergrund führten zu mancher Bodenprobe an der Radlerhose. In der kleinen holzbeheizten Blockhütte herrschten plötzlich solche Temperaturen, dass die dampfenden Kleidungsstücke während des Essens trockneten. Das Wirte-Paar Verena Göpfert und Marc Trum servierten dazu Portionen, die jeden Hunger stillten. Als Andi Rohe dann zum Aufbruch runter nach Bischofsheim rief, setzte starker Schneefall ein.
„Wow, snow!“ Spätestens jetzt wurden die Handys gezückt, um dicke Flocken und verschneite Bikes festzuhalten. Die Schneeauflage färbte zwar die Wege weiß, stellte aber keine großen Herausforderung an die Fahrtechnik der versierten MTBler dar. Die zweite Flowtrail-Fahrt erfolgte schon deutlich flüssiger. An den Sprüngen zeigte sich letztlich der Unterschied zwischen Hobbyradler und Luftakrobat.
Mit etwas Verspätung erreichte die Gruppe die Bushaltestelle am Bischofsheimer Zentralparkplatz, wo der Shuttleservice für die Rückfahrt nach Schweinfurt bereitstand. Nach dem obligatorischen Gruppenfoto und Verabschiedung bis zum nächsten Treffen, kehrten die Polen, die sich als Staatsangestellte um ein hochwertiges Trail-Netz in ihrem Land kümmern, und die Norweger noch in ein Bischofsheimer Marktplatz-Café ein. Bei Kaffee, Kuchen und Biker-Latein endete ein gelungener Mountainbike-Tag in der Rhön; mit dem Versprechen wieder vorbeizuschauen – egal wie das Wetter ist.
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