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Sulzfeld: Nach der Flucht aus der Ukraine: Integration für neue Mitbürger von Anfang an in Sulzfeld

Sulzfeld

Nach der Flucht aus der Ukraine: Integration für neue Mitbürger von Anfang an in Sulzfeld

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    Gemeinsames Frühstück am Lindleshof. Rund 65  ukrainische Frauen, Kinder und auch einige wenige Männer haben in Sulzfeld Zuflucht vor dem Krieg in ihrer Heimat gefunden.
    Gemeinsames Frühstück am Lindleshof. Rund 65  ukrainische Frauen, Kinder und auch einige wenige Männer haben in Sulzfeld Zuflucht vor dem Krieg in ihrer Heimat gefunden. Foto: Georg Leupold

    Rund 65 Flüchtlinge aus der Ukraine, zumeist Mütter mit ihren Kindern, haben in Sulzfeld eine Unterkunft gefunden. Man darf sich schon ein wenig wundern, wo der ganze Wohnraum herkommt, angesichts des sonst so angespannten Wohnungsmarktes. "Ich wollte nie Vermieter sein", sagt ein Mann aus einem andern Ort im Grabfeld, der namentlich nicht genannt werden will. Eine Frau aus der Ukraine mit mehreren Kindern hat er aufgenommen in der viele Jahre leerstehenden, aber gut möblierten Wohnung seiner verstorbenen Eltern.

    Zwölf Tage auf der Flucht aus dem Kriegsgebiet

    Zwölf Tage war die Frau aus Kiew auf der Flucht, erzählt er, die letzten vier Tage hätten sie kaum noch was zu essen gehabt. Acht Kilo habe die arme Frau während der Flucht abgenommen. Der Mann, der ein ganzes Bündel an Antragsformularen mitgebracht hat, ist sich unsicher, ob er einen Mietvertrag abschließen muss oder ob er die Gäste aus Kiew auch so wohnen lassen kann. Er muss nicht, wird er an diesem Abend erfahren.

    Kinder dürfen in der Höhberghalle spielen

    Es sind Fragen wie diese, die Bürgermeister Jürgen Heusinger am Donnerstagsabend in einem Nebenraum der Höhberghalle aufgreift, während nebenan in der Turnhalle die Kinder spielen und toben dürfen. Heusinger spricht viel langsamer als sonst und wählt möglichst einfache Sätze, damit Anna Bottach es leichter hat mit der Übersetzung. Die 32 Jahre alte Lehrerin, die normalerweise Englisch und Deutsch an einer Schule in Kiew unterrichtet, ist einfach Gold wert. Wie sonst sollte man sich mit den Geflüchteten verständigen, von denen längst nicht alle Englisch sprechen.

    Fotosession am Lindleshof: Für Ausweisdokumente benötigen die Geflüchteten biometrische Aufnahmen.
    Fotosession am Lindleshof: Für Ausweisdokumente benötigen die Geflüchteten biometrische Aufnahmen. Foto: Michael Petzold

    "In Deutschland braucht man viele Schritte bis zum Ziel", sagt Heusinger, während er an den Vormittag mit der Fotografin Erika Hemmerich-Leupold erinnert, die am Lindleshof zu deutlich reduzierten Konditionen im Auftrag der Gemeinde biometrische Fotos von Geflüchteten für Ausweisdokumente gefertigt hat. Die kleine Fotosession war eingebettet in ein gemeinsames Frühstück, das die Gemeinde für ihre Gäste ausgerichtet hatte. Den kleinen Seitenhieb auf die bundesdeutsche Bürokratie verstehen aber nur wenige, wie an den spärlichen Lachern aus der Reihe der Vermieter festzustellen ist. Heusinger vermeidet auch den Begriff Flüchtlinge, spricht lieber von ukrainischen Mitbürgern und Mitbürgerinnen.

    Kostenlose SIM-Karten der Telekom fürs Telefonat nach Hause

    Allzu viel zumuten will der Bürgermeister Teilnehmern und Teilnehmerinnen des Infoabends auch nicht. Viel geklärt werden soll am 6. und 7. April im Landratsamt, wo es um die ausländerrechtliche Registrierung und andere Dinge geht. Schließlich hat Heusinger noch ein kleines Geschenk parat. Von der Telekom erhalten alle Flüchtlinge ab dem 12. Lebensjahr kostenlose SIM-Karten, mit denen man auch unbegrenzt in die Ukraine telefonieren und Daten nutzen kann.

    Katharina, die Friseurin aus Kiew (links), und Dolmetscherin Anna Bohach, die normalerweise in einer Schule in Kiew unterrichtet.
    Katharina, die Friseurin aus Kiew (links), und Dolmetscherin Anna Bohach, die normalerweise in einer Schule in Kiew unterrichtet. Foto: Michael Petzold

    Große Dankbarkeit herrscht unter den Flüchtlingen angesichts der freundlichen Aufnahme, die sie gefunden haben. Eine ältere fremde Frau habe sie einfach auf der Straße umarmt und ihr Geld geschenkt, sagt Katharina, eine nette Friseurin aus Kiew, und gibt zu, angesichts der unvermittelten Geste der Zuneigung in Tränen ausgebrochen zu sein. Andere recken beide Daumen in die Höhe, rufen "Jochen" und meinen Jochen Heller vom Lindleshof, der die ersten Flüchtlinge im Grabfeld aufgenommen hatte. Wieder andere, wie die beiden Rentner Ivan und Anatolii,  die mit ihren Frauen Antonina und Anna seit 9. März hier sind, möchten sich bei der Gemeinde Oberlauringen bedanken, wo ihnen so viel geholfen werde in dieser schweren Zeit.

    Eine viel gefragte Dolmetscherin

    Und immer übersetzt Anna Bohach, die übers Internet noch regen Kontakt zu einigen ihrer Schüler und Schülerinnen hat. Am Montag soll in ihrer Schule in Kiew Online-Unterricht gestartet werden, und sie überlegt schon, wie sie sich daran beteiligen könnte. Die Englisch- und Deutschlehrerin, die mit ihrem gleichaltrigen Mann in einem kleinen Dorf nahe der ukrainischen Hauptstadt wohnt, hat allerdings noch andere Optionen. So werden jetzt schon Lehrer und Lehrerinnen für sogenannte Pädagogische Willkommensgruppen gesucht, die ukrainische Kinder und Jugendliche besuchen sollen, die nicht über ausreichend Sprachkenntnis verfügen, um dem normalen Unterricht folgen zu können. Ebenso wären auch die ukrainischen Gäste in Sulzfeld froh über einen Sprachkurs. Der wird im Nebenraum der Höhberghalle  stattfinden, der nach Worten von Heusinger zu einem Treffpunkt werden soll.  Immer donnerstags wollen dort auch Vereinsvertreter dazustoßen, um Betätigungsmöglichkeiten für die Kinder in der Freizeit auszuloten.

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