Er hat das Biosphärenreservat Rhön in dessen Anfängen mit aufgebaut. Mit Michael Geiers Eintritt in den Ruhestand nach 29 Jahren als Leiter der Bayerischen Verwaltung des Biosphärenreservats endet in der Rhön eine Ära, heißt es in Mitteilung des Biosphärenreservats. Bereits im Juni hat der 63-Jährige sein Büro geräumt, nun fand der Abschied im Kreise der Kolleginnen und Kollegen statt.
Wie lassen sich knapp 30 Jahre in Kisten verstauen? Erstaunlich gut – dieser Eindruck mag sich einschleichen, wenn man sich in diesen Tagen im Büro des Verwaltungsstellenleiters im Managementzentrums in Oberelsbach umschaut. Übrig sind zuletzt noch einige Stapel Zeitungen. In dem vollen, aber sauber sortierten Bücher- und Aktenschrank stehen auch Rhöner Spirituosen. Geschenke. Für nach dem Dienst. Die Wände zieren Erinnerungsstücke. Demnächst holt er den Rest ab – kein großer Akt, sagt Michael Geier.
Zahlreiche Baustellen für die Zukunft
Die eigentliche Arbeit aber verbirgt sich an anderer Stelle: im Archiv. Wochen-, wenn nicht monatelang hat er die Prozesse der vergangenen Jahrzehnte geordnet und aussortiert, letzte Anmerkungen für seine Kolleginnen und Kollegen notiert, Übergabegespräche geführt. Übrig bleiben Tausende Dateien – und zahlreiche Baustellen für die Zukunft der Biosphäre, an denen Geiers Stellvertreterin Doris Pokorny und ihr Team weiterarbeiten werden, heißt es in der Mitteilung weiter. Nach fast 30 Jahren Geier wird das eine Herausforderung.
Anders ist auch die Rhön, die der 26-jährige Michael Geier zum ersten Mal im Jahr 1985 besucht – anders als seine Heimat, der Landkreis Deggendorf in Niederbayern. Empfangen wird er, wie sollte es in der Hochrhön im Mai auch anders sein, von heftigen Schneeschauern. An ein Biosphärenreservat ist damals, Jahre vor dem Nationalpark-Programm der DDR und der Wiedervereinigung, noch nicht zu denken. Geier, der nach seinem Abitur im Jahr 1978 Landespflege studiert hatte, arbeitete bis 1989 in einem Landschaftsplanungsbüro in Nürnberg. Das Büro bekam unter anderem auch den Auftrag für die Erstellung des Pflege- und Entwicklungsplans für die Lange Rhön. Auch nachdem er anschließend in den Staatsdienst gewechselt war, blieb die Rhön sein Aufgabengebiet, so die Mitteilung. Die Auflage des EU-Strukturfonds brachte neue Fördermöglichkeiten im Bereich Naturschutz mit sich. Im Bayerischen Umweltministerium war Geier aufgefordert, „zu überlegen, was man damit in der Rhön anstellen könnte.“
Unesco-Titel als Eintrittskarte
1991 kam das Leader-Programm hinzu. Zu den ersten vier Fördergebieten zählte auch das erst seit wenigen Wochen anerkannte Biosphärenreservat. „Der Unesco-Titel war für die Rhön die Leader-Eintrittskarte“, betont Michael Geier. „Die Rhön hatte damit einen Vorsprung vor anderen Regionen, den die Rhöner nie wieder hergegeben haben. Da bin ich ziemlich stolz darauf!“ Eines der ersten Ergebnisse war, verbunden mit der Ausweisung des Naturschutzgebiets Schwarze Berge 1992, der Bau des Infozentrums Haus der Schwarzen Berge in Oberbach.
Parallel liefen Anfang der 90er die Vorbereitungen zur Einrichtung einer Verwaltungsstelle für das Biosphärenreservat Rhön auf bayerischer Seite. 1992 fiel die Entscheidung zur Einrichtung der Verwaltungsstelle in Oberelsbach – am 10. Mai 1993 nahm Michael Geier als deren erster Leiter seinen „Biosphären-Dienst“ bei der Regierung von Unterfranken auf. Auch seine heutige Stellvertreterin, Doris Pokorny, war damals schon mit im Boot. Im selben Jahr zog Geier nach Hohenroth – und aus dem „Niederbayer mit Migrationshintergrund“, wie er sagt, wurde ein Rhöner durch und durch.
Mit Michael Geier über Erfolg zu sprechen, bedeutet vor allem, auf die Prozesse zurückzublicken, die nicht immer bequem waren. 878 Überstunden standen Ende 2017 auf seinem Zettel – wohl die intensivste Zeit seines Berufslebens. An die Fertigstellung des ersten Evaluierungsberichts folgte direkt der Antrag auf Erweiterung des Biosphärenreservats auf bayerischer Seite, dem 2014 stattgegeben wurde. „Damals bin ich acht Wochen lang nur zum Schlafen heimgefahren“, erinnert er sich. Auch eine bleibende Erinnerung: Ein Brand im benachbarten Haus der Langen Rhön an Aschermittwoch 2013. „Wir saßen am Erweiterungsantrag und hatten nebenbei noch eine Brandstelle an der Backe.“

Es sollten noch einige „Schwelbrände“ für die und in der Entwicklung des Biosphärenreservats folgen. Meilensteine aufzuzählen, dafür reiche die Zeit nicht, sagt Geier. Persönliche Herzensprojekte aus dem aktuellen Rahmenkonzept fallen ihm aber schnell ein: Die Einrichtung des Naturerlebniszentrums Rhön, das Projekt „GreenCare – Natur und psychische Gesundheit“ und die Etablierung von Biosphären-Schulen und Biosphären-Kitas. Wer ihn kennt, weiß außerdem, dass er auf die Frage, was er sich für die Zukunft der Rhön wünscht, immer auch diese Antwort geben wird: Dass die letzte Lupine vernichtet und die invasive Pflanze aus der Region verbannt ist.
Umweltbildung bleibt persönlicher Auftrag
Und auch den Ostheimer Wurstmarkt wird man für immer mit ihm verbinden. „Schon bei meinen ersten Besuchen in der Rhön war ich von den regionalen Wurstwaren und deren Qualität fasziniert“, erinnert er sich. Ob es den Wurstmarkt auch in 30 Jahren noch geben wird? „Um das Metzger-Handwerk in der Region sieht es schlecht aus. Der Personal- und Nachfolgemangel ist groß. Ein Rhöner Wurstmarkt funktioniert aber nur mit Rhöner Metzgern – ich täte es mir wünschen!“
Nach dem Resturlaub endet Michael Geiers „Biosphären-Dienst“ zum 26. August; zum 1. September soll die Stelle neu besetzt werden. Gänzlich „verlieren“ wird die Biosphäre Michael Geier aber vielleicht nicht. Die Entwicklung von
egt ihm am Herzen, hier möchte er künftig die Umweltbildungsteams unterstützen. Und auch sonst wird sich der künftige Rentier zu beschäftigen wissen. Seine „eingerosteten“ Botanik-Kenntnisse – Geier war 20 Jahre lang im Vorstand der Bayerischen Botanischen Gesellschaft – will er auffrischen. Und da ist auch noch eine andere Leidenschaft: Seit über 30 Jahren tanzt er – nicht nur – Polka.