Man stelle sich vor, man ist Kämmerer einer Marktgemeinde. Man sitzt in seinem Büro und rechnet gerade konzentriert Millionensummen zusammen. Da kommt jemand zur Tür herein – und fragt nach einem Bier und einer guten Mahlzeit.
Harald Omert ist das im vergangenen Dreivierteljahr so einige Male passiert. Nicht nur ihm, sondern auch dem Kollegenkreis. Denn von Januar an ein Dreivierteljahr war das Oberelsbacher Rathaus ausquartiert – in das ehemalige Gasthaus „Trachtenstuben“ gleich gegenüber auf der anderen Seite des Marktplatzes.
Touristen beim Kämmerer
„Da kamen immer wieder auch Touristen, zum Beispiel Holländer, die eigentlich nach einer Einkehr suchten“, schmunzelt Kämmerer Omert. Doch aus der Zapfanlage der Trachtenstuben konnte für die durstigen Wanderer kein frisches Bier gezapft werden. „Die Theke wurde nur als Teeküche gebraucht“, beteuert mit einem Lächeln auch Ramona Fries, die Leiterin des Bürgerbüros.
Die Zeiten des Improvisierens zwischen Stammtisch und Trachten-Vitrinen sind vorbei. Nach rund 14 Tagen des Umzugs läuft seit Wochenbeginn der Betrieb wieder vollständig im guten, alten Rathaus von Oberelsbach.
Viel Licht, viel Grün
Wobei am Rathaus mit Ausnahme der Grundmauern praktisch nichts mehr alt ist. Wer jetzt eines der Ämter aufsucht, der dürfte Augen machen. Alles neu, alles top, viel Licht und ein belebender grüner Farbton sind das sichtbare Zeichen einer neuen Ära im Oberelsbacher Rathaus.
Bürgermeisterin Birgit Erb kann von ihrem Büro aus mit der Spätsommer-Sonne um die Wette strahlen. Der Bürotisch ist noch Altbestand, aber die breiten Fensterflächen ermöglichen einen viel besseren Blick über den Marktplatz und die Marktgemeinde, die sie regiert. „Die Büroarbeitsplätze entsprechen jetzt dem aktuellen Standard“, freut sich Erb über das bevorstehende Ende der Sanierungsarbeiten. Sämtliche Arbeitsplätze sind höhenverstellbar. Bei Bedarf können die Mitarbeiter rückenschonend im Stehen arbeiten.
Energieeffizienz
Die meisten der Amtsräume sind klimatisiert über eine energiesparende Be- und Entlüftungsanlage. In Büros mit mehreren Arbeitsplätzen sind sogenannte Absorber angebracht, die Schall schlucken und das gleichzeitige Telefonieren angenehmer machen.
„Unser Büroeinrichter hat uns sehr gut beraten. An kleinen Tresen erfolgt der Kontakt zwischen Bürgern und Mitarbeitern, das wahrt auch die Diskretion zu den Schreibtischen“, erklärt Bürgermeisterin Erb. Außerdem wurden Schwenkbildschirme angeschafft, damit die Bürger Bildschirminhalte zeigen zu können.
Moderne LED-Beleuchtung
Stolz sind die Oberelsbacher, dass im gesamten Rathaus nun energiesparendes LED-Licht Einzug gehalten hat. „Das funktioniert mit Präsenzmelder. Sobald eine Person ein Zimmer betritt, schaltet sich das Licht ein. Die Lichtstärke wird je nach Tageszeit und natürlichem Licht von Außen automatisch angepasst“, so Erb. Auch das trage zur Effizienz bei. Beheizt wird das Rathaus über das Nahwärmenetz.
Selbstverständlich wurde nach Gesichtspunkten der Barrierefreiheit gebaut. Ab sofort verfügt das Rathaus über einen Aufzug. Das Bürgerbüro ist gleich im ersten Halbgeschoss angesiedelt. Im Eingangsbereich sind Bauhofleitung, ein Zimmer für den Förster und das Tourismusbüro zu finden.
Einweihung im nächsten Jahr
„Wir hätten gerne noch heuer Einweihung gefeiert, aber es sind einfach noch nicht alle Handwerker abgerückt“, sagt Birgit Erb. Die Einweihungsfeiern für das Rathaus und das angeschlossene neue Feuerwehrgerätehaus sind nun für das nächste Jahr angedacht. Dazu kommt noch, dass ein Architektenwettbewerb ausgelobt wird, mit dem das Umfeld von Rathaus und Marktplatz barrierefrei gestaltet werden soll. Darin werden auch Anregungen aus der Zukunftswerkstatt aufgegriffen. Auch das Außengerüst wird noch einige Zeit stehen für die Verputzerarbeiten. Und die Registratur bleibt noch eine Weile ausgelagert.
Alles in allem sind das eher kleinere Aufgaben nach einem Dreivierteljahr im Wirtshaus-Provisorium. „Na ja, gewöhnungsbedürftig war das schon“, sagt Ramona Fries zu ihrem Intermezzo in den „Trachtenstuben“. Man habe ja auch den Datenschutz beachten müssen und sei um Diskretion bemüht gewesen in einem großen Gastsaal.
Kein Fässchen Bier aus der Zapfanlage
„Auf keinen Fall haben wir ein Fässchen Bier durch den Zapfhahn laufen lassen“, spielt Bürgermeisterin Erb mit einem Augenzwinkern auf so manche Frotzelei gegenüber den Rathaus-Mitarbeitern der vergangenen Monate an. Angestoßen wird gewiss bei der Einweihung im nächsten Jahr. Denn das rund 1,8 Millionen teure Projekt der Rathaussanierung, für das rund 760 000 Euro KIP-Fördergelder fließen, macht das Oberelsbacher gewiss zu einem der modernsten Rathäuser in der Region.