Daniela und Tobias Mültner vom Biobauernhof Mültner in Nordheim/Rhön waren vielleicht nicht die ersten, die im Zuge des Volksbegehrens Artenvielfalt die Idee zu Patenschaften für Blühflächen hatten. Über ähnliche Konzepte von Landwirten, beispielsweise in den Landkreisen Schweinfurt und Main-Spessart, hat diese Redaktion bereits ausführlich berichtet. Doch die Mültners sind konsequent in der Umsetzung: Vorausgesetzt das Wetter passt, werden sie bereits diese Woche ihre Projektflächen ansäen. Eventuell sind sie also die ersten, die am Ende Blühflächen-Vollzug melden können.
Die Idee kam den Nordheimer Biobauern mit dem Volksbegehren: Nicht nur Landwirte, findet Tobias Mültner, auch Privatpersonen und Firmen könnten "einen aktiven Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten" und "Verantwortung für ihre Umwelt übernehmen", so seine Idee. Und das noch dazu öffentlichkeitswirksam.
35 Euro für 100 Quadratmeter Blühfläche
Wer willens ist und selbst keine Flächen zur Verfügung hat, dem stellt die Landwirtsfamilie deshalb Patenflächen zur Verfügung: Für 35 Euro im Jahr, zwei Jahre kosten 50 Euro, können Interessenten die Patenschaft für 100 Quadratmeter Blühfläche übernehmen. Erworben werden die Patenschaften über den Direktkontakt mit den Mültners oder alternativ im Internet über die Plattform Ebay. Die Mültners legen dann auf einem Teil ihrer Flächen, die zuvor stillgelegt oder auch ackerbaulich genutzt waren, die sogenannten Bienenweiden an.
Die Arten der Blühmischungen seien so gewählt, dass durch verschiedene Blühtermine eine möglichst lange Blühdauer über das Jahr erreicht wird, so Tobias Mültner. Die Blühfläche wird nach Aussaat bis vor dem Winter nicht bearbeitet. So bekomme auch Niederwild Deckung und Schutz. Düngung und Pflanzenschutz seien natürlich auch tabu. Im November gebe es dann einen hohen Mulchgang, um die Flächen sauber zu halten und einer Verbuschung vorzubeugen.
Wer ist bereit, mehr zu tun für den Artenschutz?
An den Blühflächen, die nahe Rad- und Wanderwegen beziehungsweise in Dorfnähe liegen, könnten nach Absprache auch entsprechende Werbeschilder für die Paten platziert werden, so die Mültners über ihr Konzept. Eine Idee, die bei den Geschäftskunden gut ankomme. Auf ihrer Internetseite sollen monatlich Fotos von den Blühflächen veröffentlicht werden.
Eine gewisse Neugier hat wohl durchaus auch eine Rolle gespielt, als Tobias Mültner das Blühflächen-Projekt im Februar ins Leben rief. "Wer ist bereit, mehr zu tun als einfach nur ein Kreuzchen für die Bienen zu setzen?", fragte er sich und in die Welt hinein und erwartete nicht allzu viel Rückmeldung. Womit er bezüglich des großen Ansturms auf die Blühflächen Recht behalten musste. Der blieb nämlich aus, sein Projekt setzt er nichtsdestotrotz um.
0,32 Hektar an neun Standorten
Immerhin elf Interessenten haben bislang 17 Flächenanteile bei den Mültners gebucht, "davon allerdings viele aus dem weiteren Familien, Freundes- und Bekanntenkreis". 20 Prozent säe er selbst als Sponsor obendrauf, weshalb in und um Norheim nun erst einmal 24 Anteile, also 0,32 Hektar auf neun Standorte verteilt in Angriff genommen werden sollen. Sollten sich allerdings kurzfristig weitere Interessenten melden, könnten in den nächsten Wochen noch Getreide-Flächen umgebrochen und als Blühwiesen angesät werden. Auch fürs kommende Jahr könnten schon jetzt Flächen gebucht werden.
Auch Werner Ortloff vom Georgshof in Ostheim/Rhön bietet Blühpatenschaften an. Unterfrankenweit und in Oberbayern habe er das Projekt beworben. Doch die Resonanz sei gering. Nur acht Interessenten hätten sich gemeldet, davon vier aus der Familie. Ortloff ist einfach in Vorleistung gegangen: „Wir haben trotzdem drei Hektar gesät. Ob wir das kriegen oder nicht, man wird sehen.“
"Ihr habt es selbst in der Hand", will Tobias Mültner mit seiner Aktion die Menschen sensibilisieren. Der Kunde habe die Wahl, die Landschaft, letztlich die Landwirtschaft, für sich zu ändern. "Ihr wollt eine Änderung? Dann kauft halt bio und regional!" fordert er. Und zwar nicht ab und zu fürs reine Gewissen, sondern regelmäßig. Doch was die Masse der Kunden angeht, ist Mültner nicht allzu optimistisch: "Sobald es an den eigenen Geldbeutel geht...", sagt er.
Was Kritiker und was die Paten sagen
Mültner weiß , dass das Konzept der Blühflächen-Patenschaften auch auf Kritik stößt. "Kritiker wird es immer geben. Es soll erst einmal jemand anders/besser machen." So wurde Landwirten mit ähnlichen Konzepten von Kommentatorenfrüherer Berichte beispielsweise "Geldmacherei" vorgeworfen, andere fragten kritisch, ob die Patenschaftsgelder die einzige Einnahmen für die Fläche seien oder ob eventuell zusätzliche Mittel von Land, Bund oder Europäischer Union fließen.
Mültner sagt dazu prinzipiell: "Der Aufwand an Werbung, Rechnung, Saatgut, Einzelflächenbestellung, Verunkrautung, Antrag, Bilder, Schilder ist sehr hoch. Blühflächen sind ein Teil von dem, was die Bevölkerung sich wünscht, und dass die Leistungen von landwirtschaftlichen Betrieben nicht kostenfrei sind, sollte auch jedem bewusst sein."
"Dass es in der Region überhaupt ein derartiges Angebot gibt und ein transparenter Betrieb dahinter steht", gefalle seinen Kunden. Elf Paten, die in Bälde die Welt in und um Nordheim ein bisschen mehr zum Blühen bringen.