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Schweinfurt: Kommentar: Lasst uns über das Klima sprechen, nicht über Greta

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Kommentar: Lasst uns über das Klima sprechen, nicht über Greta

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    Bei einer Fridays-for-Future-Demo in Schweinfurt: Die Forderung "Sprecht nicht über die Streiks, sprecht über das Klima" sollte laut unserem Autor analog auch für Greta Thunberg gelten.
    Bei einer Fridays-for-Future-Demo in Schweinfurt: Die Forderung "Sprecht nicht über die Streiks, sprecht über das Klima" sollte laut unserem Autor analog auch für Greta Thunberg gelten. Foto: Anand Anders

    "Sprecht nicht über die Streiks, sprecht über das Klima", hieß es auf einem Pappschild bei einer Demonstration der Fridays-for Future-Bewegung vor einigen Monaten. Wie wahr! Denn die Kritik am Schuleschwänzen darf nicht überschatten, worum es im Kern geht: den Klimaschutz und damit die Zukunft unseres Planeten. Ein Jahr nachdem es einer schwedischen Schülerin gelungen ist, eine internationale Bewegung loszutreten, sollte die Botschaft nun lauten: Sprecht nicht über Greta Thunberg, sprecht über das Klima.

    Natürlich ist es für eine politische Bewegung enorm wichtig, ein Gesicht zu haben. Laut einer neuen Studie des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung wirkt Thunberg vor allem auf junge Frauen inspirierend und motivierend. Die Mehrheit der befragten Demonstrierenden war weiblich. Für viele ist Thunberg eine Identifikationsfigur, ein Vorbild.

    Seekrankheit hat nichts mit dem Klimawandel zu tun

    Erst der einsame Protest von Greta Thunberg vor dem schwedischen Parlament hat das Interesse der Medien geweckt. Ihr junges Alter und ihr kindliches Äußeres stehen auf den ersten Blick im Widerspruch zu ihrer entschlossenen Kampfansage an die große Politik. Das ist eine gute Story. Und ohne dieses Narrativ gäbe es Fridays for Future heute vermutlich nicht. 

    Doch die Bewertung dieser Bewegung vom individuellen Verhalten einer einzigen Person abhängig zu machen, ist Irrsinn. Das zeigt Greta Thunbergs umstrittene Segelreise nach New York. Nicht nur, dass die Antlantiküberquerung der 16-Jährigen – wie Kritiker der Aktion akribisch vorgerechnet haben – am Ende gar nicht klimaneutral ist, sondern auch die Frage, ob sie an Bord der Yacht seekrank werden könnte, stehen derzeit im Fokus der öffentlichen Diskussion. Dabei hat das alles so viel mit dem Klimawandel zu tun wie Thunbergs geflochtene Zöpfe oder ihr Asperger-Syndrom. 

    Die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg bei einer Demonstration für mehr Klimaschutz vor dem Reichstag in Stockholm. Auf dem Plakat steht: "Skolstrejk for Klimatet" – Schulstreik für das Klima.
    Die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg bei einer Demonstration für mehr Klimaschutz vor dem Reichstag in Stockholm. Auf dem Plakat steht: "Skolstrejk for Klimatet" – Schulstreik für das Klima. Foto: Steffen Trumpf, dpa

    Ob Audienz beim Papst, die Unterstützung durch dubiose PR-Profis oder ein Pausenbrot in Plastikfolie: Jeder kleinste Schritt – und vor allem jeder Fehltritt – der Klimaaktivistin bietet Anlass zu Empörung. Natürlich ist Thunberg keine Heilige. Aber wer könnte diesem absurden Anspruch schon gerecht werden? Für viele Kritiker der Klimabewegung ist der Fokus auf die junge Schwedin aber ein Geschenk. Statt sich ernsthaft mit der Erderwärmung auseinandersetzen zu müssen, diskreditieren sie Thunberg einfach als Heuchlerin und Marionette in einer ausgeklügelten Marketingkampagne. Ein rhetorischer Kniff, Inhalte rücken dabei in den Hintergrund.

    Wir sollten darüber sprechen, was die Jugend zu sagen hat

    Doch dadurch sind die Forderungen der demonstrierenden Schüler und Studenten nicht weniger richtig. Es sind Forderungen, die allein im deutschsprachigen Raum von über 27 000 Wissenschaftlern unterstützt werden. Es sind die Forderungen einer Generation, die von den Auswirkungen des Klimawandels unmittelbar betroffen sein wird. Und es sind keine anspruchsvollen Forderungen, wenn man bedenkt, dass es den Jugendlichen in erster Linie um die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens und das damit beschlossene 1,5-Grad-Ziel geht.

    Der Hype um Greta Thunberg stört einen sachlichen Diskurs gewaltig. Ob die 16-jährige Schwedin nun eine Heldin oder eine Blenderin ist, sollte nicht im Mittelpunkt stehen. Stattdessen sollten wir uns fragen, warum ein substantieller Kurswechsel in der Klimapolitik bisher ausbleibt und wie wir unsere individuelle Lebensweise zu Gunsten des Klimas sinnvoll ändern könnten. Tausende junge Menschen, von denen es bis vor einem Jahr hieß, sie hätten keinerlei Interesse mehr an Politik, gehen jede Woche weltweit auf die Straße, um sich Gehör zu verschaffen. Wir sollten darüber sprechen, was sie zu sagen haben. Nicht über Greta Thunberg. 

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